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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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daß dieser den Abend alleine verbracht hatte.
    Er stieg aus dem Wagen und nahm eine kleine Sporttasche vom Sitz, in der sich frische Kleidung für den morgigen Tag befand. Es war ein warmer Abend. Steve schloß den Wagen ab und ging zur Straßenecke.
    Eine Gruppe farbiger Jugendlicher – vier oder fünf Jungen und ein Mädchen - lungerte vor einer Videothek herum und rauchte Zigaretten. Bei ihrem Anblick verspürte Steve weder Angst noch Nervosität, obwohl er Weißer war: Mit seinem alten Wagen und den ausgebleichten Jeans sah er aus, als gehöre er hierher.
    Außerdem war er einen Kopf größer als der größte der Jugendlichen.
    Als Steve an ihnen vorüberging, fragte einer aus der Gruppe mit leiser, aber deutlicher Stimme: »Willste ‘n Schuß kaufen? Oder ‘n bißchen Koks?« Steve schüttelte den Kopf, ohne stehenzubleiben.
    Eine sehr große Schwarze kam auf ihn zu, todschick in einem kurzen Rock und Stöckelschuhen. Ihr Haar war :u einer Hochfrisur aufgetürmt, die Lippen rot bemalt, die Augen mit blauem Lidschatten geschminkt. Steve konnte nicht anders, er starrte die Frau an. Als sie näher kam, sagte sie mit tiefer, maskuliner Stimme: »Hallo, Süßer«, und Steve erkannte, daß er einen Mann vor sich hatte. Er grinste und ging weiter.
    Er hörte, wie die Jugendlichen an der Straßenecke den Transvestiten mit lockerer Vertrautheit begrüßten. »Hey, Dorothy!«
    »Hallo, Jungs.«
    Einen Augenblick später vernahm Steve das Kreischen von Reifen und blickte über die Schulter. Ein weißes Polizeifahrzeug mit silbernen und blauen Streifen bog um die Ecke. Einige der Jugendlichen huschten davon und verschmolzen mit den Schatten der dunklen Straßen; andere blieben an Ort und Stelle. Zwei farbige Cops stiegen ohne Eile aus dem Streifenwagen. Steve drehte sich um. Als einer der Polizisten den Mann sah, der sich Dorothy nannte, spuckte er aus und traf die Spitze eines der roten Stöckelschuhe.
    Steve war geschockt. Was der Cop da getan hatte, war häßlich und unnötig gewesen. Dennoch hielt Dorothy nur ganz kurz inne, schlenderte dann weiter und murmelte: »Leck mich, Arschloch.« 
    Die Bemerkung war kaum zu vernehmen gewesen, doch der Polizist hatte scharfe Ohren. Er packte Dorothy beim Arm und rammte ihn gegen das Schaufenster der Videothek. Dorothy schwankte auf den hohen Absätzen. »Rede nie wieder so mit mir, du Stück Scheiße!« sagte der Cop.
    Steve war außer sich. Was erwartete dieser Bursche, wenn er Leute anspuckte, die ihm nichts getan hatten?
    In seinem Hinterkopf schrillte eine Alarmglocke. Misch dich nicht in eine Schlägerei ein, Steve!
    Der Kollege des Polizisten lehnte am Streifenwagen und beobachtete das Geschehen mit ausdrucksloser Miene.
    »Was ist denn los, Bruder?« sagte Dorothy mit verführerischer Stimme. »Stör’ ich dich?«
    Der Cop hämmerte ihm die Faust in den Magen. Er war ein massiger Kerl, und in dem Schlag lag sein ganzes Körpergewicht. Dorothy krümmte sich und rang nach Atem.
    »Scheiß drauf«, murmelte Steve vor sich hin und ging zur Straßenecke.
    Was tust du, Steve?
    Dorothy stand immer noch vornübergebeugt und keuchte. Steve sagte: »Guten Abend, Officer.«
    Der Cop schaute ihn an. »Verpiß dich, du Wichser«, sagte er.
    »Nein«, sagte Steve.
    »Was hast du gesagt?«
    »Ich sagte nein, Officer. Lassen Sie diesen Mann in Ruhe.« Verschwinde, Steve , du dämlicher Hund! Hau endlich ab .’
    Steves Aufsässigkeit bewirkte, daß auch die Jugendlichen widerspenstig reagierten. »Ja, da hatter recht«, sagte ein hoch aufgeschossener dünner Junge mit kahlrasiertem Kopf. »Man hat Se nich’ angerufen, Mister, daß Se Dorothy aufmischen. Er hat nich’ gegens Gesetz verstoßen.«
    Drohend richtete der Cop den Zeigefinger auf den Jungen. »Wenn du nicht willst, daß ich dich nach Stoff filze, dann halte lieber die Fresse.«
    Der Junge schlug die Augen nieder.
    »Er hat aber recht«, sagte Steve. »Dorothy hat gegen kein Gesetz verstoßen.«
    Der Cop trat auf Steve zu. Schlag ihn nicht. Was du auch Machst - rühre ihn ja nicht an.’ Denk an Tip Hendricks. »Bist du blind?« sagte der Cop.
    »Wie meinen Sie das?«
    Der andere Polizist meldete sich zu Wort. »He, Lenny«, sagte er, »ist doch scheißegal. Laß gut sein.« Er machte einen nervösen Eindruck.
    Lenny beachtete ihn nicht. »Bist du so blöd, daß du’s nicht siehst?« sagte er zu Steve. »Du bist die einzige weiße Visage weit und breit. Du gehörst nicht hierher.«
    »Aber ich bin soeben Zeuge eines

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