Der Dritte Zwilling.
in einem Souvenirladen gekauft. Doch die Leute waren es gewöhnt, Wachmänner in Jeans zu sehen – bei Rockkonzerten, zum Beispiel – oder Polizeibeamte in Zivil, die wie Ganoven aussahen, bis sie ihre Dienstmarken zückten, oder Flughafenpolizisten in Rollkragenpullovern. Es lohnte die Mühe nicht, jeden Typ, der sich als Wachmann bezeichnete, nach dem Dienstausweis zu fragen.
Der Fremde öffnete die Tür, die sich gegenüber vom Damenumkleideraum befand, auf der anderen Seite des Flures. Sie führte in einen Lagerraum. Der Mann knipste das Licht an und machte die Tür hinter sich zu.
Um ihn herum standen Regale, in denen alte, abgenutzte Sportgeräte verstaut waren: große schwarze Medizinbälle, verschlissene Gummimatratzen, Holzkeulen, verrottete Boxhandschuhe und Klappstühle aus zerfaserndem Holz.
Da war ein Sprungpferd; eines der Beine war zerbrochen, und die Kunststoffpolsterung war aufgeplatzt. In dem Raum roch es muffig. An der Decke verlief eine dicke silberne Rohrleitung. Der Mann vermutete, daß es das Belüftungsrohr der Damenumkleidekabine auf der anderen Seite des Flures war.
Er reckte sich und versuchte, die Schrauben zu lösen, mit denen das Rohr an einer Art stählernem Fächer befestigt war, hinter dem sich vermutlich der Ventilator befand. Mit bloßen Fingern konnte er die Schrauben nicht drehen, doch im Kofferraum seines Datsun lag ein Schlüssel. Falls er das Rohr losbekam, würde der Ventilator statt der frischen Luft von draußen die Luft aus dem Lagerraum in die Umkleidekabine saugen.
Er würde das Feuer genau unter dem Ventilator entzünden. Er würde sich den Benzinkanister nehmen, ein bißchen Sprit in eine leere Mineralwasserflasche füllen und dann hierher zurückkommen: mit der Flasche, dem Schraubenschlüssel, Zündhölzern und einer Zeitung zum Entfachen des Feuers.
Die Flammen würden rasch hochschlagen und riesige Rauchwolken entwickeln.
Er würde sich ein nasses Tuch vor Mund und Nase halten und so lange warten, bis der Lagerraum im Qualm erstickte. Dann würde er das Lüftungsrohr losschrauben, so daß die Rauchwolken vom Ventilator in die Rohrleitung gesaugt und in den Umkleideraum der Frauen geblasen würden. Zuerst würde niemand etwas bemerken. Dann würden ein, zwei Mädchen die Luft schnüffeln und sagen:
»Raucht hier jemand?« Er selbst würde dann die Tür des Lagerraums öffnen, so daß der Flur sich mit Rauch füllte. Wenn die Mädchen merkten, daß irgend etwas nicht in Ordnung war, würden sie die Tür der Umkleidekabine aufreißen und den Rauch sehen. Sie würden annehmen, daß die gesamte Sporthalle in Flammen stand, und in Panik ausbrechen.
Und dann würde er in den Umkleideraum gehen, in ein Meer aus Büstenhaltern und Slips, nackten Brüsten und Hintern und Schamhaar. Einige Mädchen würden unter den Duschen hervorgerannt kommen, nackt und naß, und würden hastig nach ihren Badetüchern greifen; andere würden versuchen, sich etwas anzuziehen; aber die meisten würden panisch umherirren, halb blind vom Rauch, und nach der Tür suchen. Und er würde weiterhin den Wachmann spielen und den Mädchen Befehle zurufen: »Lassen Sie alles stehen und liegen! Das ist ein Notfall! Raus hier! Das ganze Gebäude steht in Flammen! Rennt, rennt!« Er würde den Mädchen auf die nackten Hintern schlagen, sie herumschubsen, ihnen die Kleidung aus den Händen reißen, die Mädchen begrapschen. Natürlich würden einige erkennen, daß irgend etwas an der Sache nicht stimmte, doch die meisten würden viel zu verängstigt sein, um eine Ahnung zu kriegen, was es war.
Falls die muskulöse Mannschaftsführerin des Hockeyteams sich unter den Mädchen befand, war sie vielleicht geistesgegenwärtig genug, den Wachmann zur Rede zu stellen; aber er würde sie einfach auf den Flur hinausprügeln.
Dann würde er herumgehen und sich sein Hauptopfer aussuchen - ein hübsches Mädchen mit verletzlichem Aussehen. Er würde sie beim Arm nehmen und sagen: »Hier entlang, bitte. Ich bin vom Sicherheitsdienst.« Er würde sie auf den Flur führen und dann die falsche Richtung einschlagen, zum Maschinenraum des Schwimmbeckens. Und dort, wenn das Mädchen sich in Sicherheit wähnte, würde er sie ins Gesicht schlagen und ihr die Fäuste in den Leib hämmern und sie auf den schmutzigen Betonboden werfen. Er würde beobachten, wie sie durch den Staub rollte und sich drehte und aufsetzte, und wie sie zu ihm emporstarrte, keuchend und schluchzend, die Augen voller Entsetzen.
Dann würde er
Weitere Kostenlose Bücher