Der Dritte Zwilling.
Computer nicht ausgeschaltet hatte und daß der Hörer noch neben dem Telefon lag. Ich bin mir ein bißchen dumm vorgekommen, wissen Sie, und ich war ganz schön unhöflich.«
Es war eine ziemlich dürftige Ausrede, doch Jeannie schien sie ihm abzukaufen.
»Da bin ich wirklich erleichtert«, sagte sie. »Ich dachte schon, ich hätte Sie irgendwie verärgert.«
So weit, so gut. »Ich wollte vorhin zu Ihnen, um mit Ihnen über Ihre Arbeit zu reden«, fuhr Berrington rasch fort. »Ich muß schon sagen, Sie haben hier an der JFU einen fliegenden Start hingelegt. Sie sind erst vier Wochen am Institut, und Ihr Projekt läuft bereits wie geschmiert. Gratuliere.«
Jeannie nickte. »Im Sommer, bevor ich hier offiziell anfing, habe ich lange Gespräche mit Frank und Herbert geführt«, sagte sie. Herb Dickson war der Abteilungschef, und Frank Demidenko war ordentlicher Professor. »Wir haben sämtliche praktischen Einzelheiten im Voraus geklärt.«
»Erzählen Sie mir ein bißchen über Ihr Projekt. Haben sich irgendwelche Probleme ergeben? Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein?«
»An Versuchspersonen heranzukommen ist das größte Problem«, erwiderte Jeannie. »Da unsere Probanden sich freiwillig zur Verfügung stellen, sind die meisten wie Steve Logan - ehrbare Amerikaner aus der Mittelschicht, die der Ansicht sind, daß ein braver Bürger die Pflicht hat, die wissenschaftliche Forschung zu unterstützen. Zuhälter und Drogendealer geben sich bei uns nicht gerade die Klinke in die Hand.«
»Einer der Vorwürfe unserer liberalen Kritiker, die wir leider nicht zurückweisen konnten.«
»Andererseits ist es unmöglich, Forschungen über aggressives Verhalten und Kriminalität anzustellen, indem man nur gesetzestreue amerikanische Familien aus dem Mittelwesten studiert. Deshalb war es für mein Projekt unbedingt erforderlich, das Problem zu lösen, an Versuchspersonen heranzukommen.«
»Und ist es Ihnen gelungen?«
»Ich glaube schon. Mir kam der Gedanke, daß heutzutage medizinische Unterlagen über Millionen von Menschen in den Großrechnern von Versicherungsgesellschaften und Regierungsbehörden gespeichert sind. Diese Unterlagen enthalten jene Informationen, die wir zur Beantwortung der Frage benötigen, ob ein Zwillingspaar eineiig oder zweieiig ist: Hirnstrommessungen, EKGs, Zahnstand und so weiter. Medizinische Datenbanken nach ähnlichen Elektrokardiogramm-Paaren durchzusehen, zum Beispiel, ist aber nur eine der Möglichkeiten, Zwillingspaare zu finden. Und ist die Datenmenge groß genug, besteht die Wahrscheinlichkeit, daß einige dieser Zwillingspaare getrennt aufgewachsen sind. Und jetzt kommt der Knackpunkt: Einige von ihnen wissen vielleicht nicht einmal, daß sie Zwillinge sind.«
»Bemerkenswert«, sagte Berrington. »Einfach, aber genial.« Er meinte es ernst.
Eineiige Zwillinge, die getrennt aufgewachsen waren, stellten eine Kostbarkeit für die genetische Forschung dar, und Wissenschaftler scheuten keine Zeit und Mühe, solche Paare zu finden. Bis dato hatte man vor allem mit Hilfe der Printmedien versucht, solche Personen auf die Forschungen aufmerksam zu machen: Indem Artikel über das Studium von Zwillingen veröffentlicht wurden, meldeten sich mitunter Freiwillige, die sich für die Versuche zur Verfügung stellten. Wie Jeannie erklärt hatte, bestand der Nachteil allerdings darin, daß die Probanden zum größten Teil aus gutbürgerlichen Mittelstandsfamilien stammten - ein gravierender Nachteil im besonderen, wenn es um das Studium der Kriminalität ging.
Doch für Berrington bedeuteten Jeannies Auskünfte eine Katastrophe. Er schaute ihr in die Augen und versuchte, sich seine Bestürzung nicht anmerken zu lassen.
Die Sache war schlimmer, als er befürchtet hatte. Erst gestern Abend hatte Preston über die Genetico gesagt: »Wir alle wissen, daß dieses Unternehmen seine Geheimnisse hat.« Jim Proust hatte erklärt, niemand könne dahinterkommen. Dabei hatte er allerdings nicht an Jeannie Ferrami gedacht.
Berrington klammerte sich an einen Strohhalm. »Es ist bestimmt nicht so einfach, wie es sich anhört, auf der Grundlage solcher Informationen in eine Datenbank hineinzukommen.«
»Das ist richtig. Graphische Darstellungen beanspruchen eine riesige Speicherkapazität. Die Suche nach Akten mit relevanten Informationen ist weitaus schwieriger, als bei einer Dissertation das Rechtschreibprogramm durchlaufen zu lassen.«
»Ich könnte mir vorstellen, daß die Software ein ziemliches
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