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Der Dritte Zwilling.

Der Dritte Zwilling.

Titel: Der Dritte Zwilling. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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aber das war eine ganz andere Geschichte. Damals war er erst fünfzehn gewesen. Einer der Lehrer hatte ihn aufs Revier begleitet. Steve hatte das Verbrechen sofort gestanden und der Polizei offen und ehrlich alles erzählt, was geschehen war. Und sie hatten seine Verletzungen sehen können, hatten sich davon überzeugen können, daß eindeutig von beiden Seiten Gewalt angewendet worden war. Dann waren Steves Eltern gekommen, um ihn nach Hause zu bringen.
    Es war der schlimmste Augenblick seines Lebens gewesen. Als Mom und Dad ins Zimmer kamen, hatte Steve sich gewünscht, er wäre tot. Dad blickte beschämt drein, als hätte er eine tiefe Demütigung erlitten; auf Moms Gesicht lag Trauer.
    Beide schauten ihn gleichermaßen bestürzt und verletzt an. In diesem Augenblick konnte Steve die Tränen nicht mehr zurückhalten. Noch heute saß ihm ein Kloß in der Kehle, wenn er sich diese Minuten ins Gedächtnis rief. Aber das hier war anders. Diesmal war er unschuldig. Der weibliche Sergeant kam mit einer Aktenmappe ins Zimmer. Die Polizistin hatte sich die Jacke ausgezogen, trug aber immer noch die Waffe am Gürtel. Sie war eine attraktive Schwarze um die Vierzig, ein bißchen mollig, und besaß eine Ausstrahlung, die jedem auch ohne Worte sagte: ›Ich bin hier der Boß.‹
    Steve blickte sie erleichtert an. »Gott sei Dank«, sagte er. »Wie meinen Sie das?«
    »Daß endlich etwas geschieht. Ich hab’ keine Lust, hier die ganze Nacht zu verbringen.«
    »Würden Sie sich bitte setzen?« Steve nahm Platz.
    »Mein Name ist Sergeant Michelle Delaware.« Sie nahm einen Bogen Papier aus der Mappe und legte ihn auf den Tisch. »Wie lauten Ihr voller Name und die Anschrift?«
    Steve sagte es ihr, und sie schrieb es auf. »Alter?«
    »Zweiundzwanzig.«
    »Beruf?«
    »Ich bin Student.«
    Sie trug es auf dem Formblatt ein; dann schob sie es über den Tisch zu Steve hinüber. Oben stand:
    POLICE DEPARTMENT BALTIMORE, MARYLAND 
    ERKLÄRUNG DER RECHTE 
    Formblatt 69
    »Bitte lesen Sie die ersten fünf Sätze dieses Formulars. Anschließend tragen Sie Ihre Initialen neben jedem Satz ein, an den dafür vorgesehenen Leerstellen am Schluß.« Sie reichte ihm einen Füller.
    Steve begann zu lesen und seine Initialen einzutragen.
    »Sie müssen es laut vorlesen«, sagte die Sergeantin.
    Er dachte einen Augenblick nach. »Damit Sie wissen, daß ich lesen und schreiben kann?« fragte er.
    »Nein. Damit Sie später nicht vorgeben können, Analphabet zu sein, und womöglich behaupten, man hätte Sie nicht über Ihre Rechte in Kenntnis gesetzt.«
    Steve nickte. Interesse regte sich in ihm. So etwas wurde an der juristischen Hochschule nicht gelehrt.
    Laut las er: »›Sie sind hiermit über folgende Punkte informiert worden. Erstens: Sie haben das Recht zu schweigen.‹« Steve schrieb SL in die Leerstelle neben diesem Satz; dann las er weiter, wobei er hinter jedem Satz seine Initialen eintrug.
    »›Zweitens: Alles was Sie sagen, kann vor Gericht gegen Sie verwendet werden. Drittens: Sie haben das Recht, jederzeit mit einem Anwalt zu sprechen, vor jeder Vernehmung, bevor Sie auf eine Frage antworten oder während jeder Vernehmung. Viertens: Falls Sie einen Anwalt wünschen, ihn aber nicht bezahlen können, werden Ihnen keine Fragen gestellt, und das Gericht wird ersucht, Ihnen einen Anwalt zur Verfügung zu stellen. Fünftens: Wenn Sie sich einverstanden erklären, Fragen zu beantworten, können Sie die Beantwortung jederzeit unterbrechen und einen Anwalt verlangen. In diesem Fall werden Ihnen keine weiteren Fragen mehr gestellt.‹«
    »Jetzt unterschreiben Sie bitte mit vollem Namen.« Die Sergeantin wies auf das Formular. »Hier, und hier.«
    Über dem Wort ›Unterschrift‹ stand der Satz: ICH HABE DIE OBIGE ERKLÄRUNG MEINER RECHTE GELESEN UND SIE IN VOLLEM UMFANG VERSTANDEN.
    Steve unterschrieb.
    »Und gleich darunter«, sagte die Sergeantin.
    Ich erkläre mich einverstanden, aufprägen zu antworten, und verzichte zum jetzigen Zeitpunkt auf einen Anwalt. Die Entscheidung, Fragen ohne Beisein eines Anwalts zu beantworten, wurde von mir allein und freiwillig getroffen.
    Steve setzte seinen Namen darunter und fragte: »Wie, zum Teufel, bringen Sie Schuldige dazu, so etwas zu unterschreiben?«
    Die Sergeantin antwortete nicht. Sie schrieb ihren Namen in Druckbuchstaben auf das Formular und unterzeichnete es dann selbst.
    Nachdem sie das Formblatt wieder in die Mappe gesteckt hatte, blickte sie Steve an.
    »Sie sind in Schwierigkeiten,

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