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Der Dschungel

Der Dschungel

Titel: Der Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Upton Sinclair
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hatte.
    Gebannt starrte Jurgis ihn an. Pfeifend kam der Junge die Vorstufen herunter, wobei er mit den Füßen den Schnee wegstieß. Unten blieb er stehen, hob ein bißchen davon auf, lehnte sich gegen das Geländer und formte einen Schneeball. Dann sah er wieder hoch und entdeckte Jurgis. Ihre Augen begegneten sich. Die des Jungen blickten feindselig, denn er nahm offenbar an, der andere hege Argwohn wegen des Schneeballs. Als Jurgis langsam über die Straße auf ihn zukam, schaute der Junge rasch in die Runde und überlegte, ob ein Rückzug angebracht sei, beschloß dann aber, nicht zu weichen.
    Jurgis stützte sich auf das Geländer, denn ihm war ein wenig schwindlig. »Was... was machst du hier?« brachte er mit Mühe hervor.
    »Gehn Sie weiter«, sagte der Bengel.
    »Du...« setzte Jurgis wieder an. »Was willst du hier?«
    »Ich?« erwiderte der Junge unfreundlich. »Immerhin wohne ich hier.«
    »Du wohnst hier?« Jurgis wurde blaß und klammerte sich fester an das Geländer. »Du wohnst hier? Wo ist dann meine Familie?«
    Der Junge machte ein erstauntes Gesicht. »Ihre Familie?«
    Und Jurgis trat auf ihn zu. »Ich... Das ist mein Haus!« schrie er.
    »Quatsch!« gab der Junge zurück. Im selben Augenblick ging oben die Tür auf, und er rief: »Du, Ma, hier ist einer, der sagt, das wär sein Haus.«
    Auf dem Podest erschien eine dralle Irin. »Was soll das?« heischte sie.
    Jurgis wandte sich an sie. »Wo ist meine Familie?« rief er aufgeregt. »Ich habe sie hier zurückgelassen! Das ist mein Haus! Was machen Sie in meinem Haus?«
    Die Frau starrte ihn entgeistert an; sie mußte denken, es mit einem Verrückten zu tun zu haben – Jurgis sah ganz wie einer aus. »Ihr Haus?« sagte sie.
    »Ja, meins!« Seine Stimme überschlug sich fast. »Ich habe hier gewohnt!«
    »Sie müssen sich irren«, widersprach sie. »Hier hat noch keiner gewohnt. Ist ja ein ganz neues Haus, wie die uns gesagt haben. Die ...«
    »Was haben die mit meiner Familie gemacht?« schrie Jurgis wie von Sinnen.
    Der Frau begann etwas zu dämmern; vielleicht hatte sie sowieso schon angezweifelt, was »die« ihr gesagt hatten. »Ich weiß nicht, wo Ihre Leute abgeblieben sind«, erklärte sie. »Ich habe das Haus erst vor drei Tagen gekauft, und da wohnte niemand drin. Es soll ja nagelneu sein. Wollen Sie im Ernst sagen, Sie hätten es mal gemietet gehabt?«
    »Gemietet!« schnaubte Jurgis. »Gekauft hab ich es! Und immer bezahlt! Es ist mein Haus! Und die ... Können Sie mir denn nicht um Himmels willen sagen, wo meine Familie hin ist?«
    Es gelang ihr schließlich, ihm begreiflich zu machen, daß sie wirklich nichts wußte. Jurgis war ganz durcheinander und unfähig, die Lage voll zu erfassen. Es war, als würde seine Familie gar nicht wirklich existieren, als wäre sie nur ein Traum von ihm gewesen und hätte es sie niemals gegeben. Er wußte nicht mehr weiter – doch auf einmal fiel ihm Großmutter Majauszkiene ein, die hinter der nächsten Straße wohnte. Die würde etwas wissen! Er drehte sich auf dem Absatz um und rannte los.
    Die alte Frau kam selbst öffnen. Als sie Jurgis sah, mit seinen wildblickenden Augen und am ganzen Leibe fliegend, schrie sie auf. Ja, ja, sie könne es ihm sagen. Sie seien ausgezogen, vielmehr sie wären rausgesetzt worden, weil sie die Raten nicht mehr zahlen konnten, und das Haus sei dann neu angestrichen und schon in der Woche darauf wieder verkauft worden. Nein, sie habe noch nicht gehört, wie es ihnen geht, aber sie könne ihm sagen, daß sie wieder zu Aniele Jukniene gezogen sind, bei der sie ja ganz zu Anfang schon mal gewohnt hatten. Ob er nicht reinkommen und sich erst mal ausruhen wolle? Es sei wirklich zu schlimm – wenn er nur nicht ins Gefängnis gekommen wäre ...
    Doch Jurgis drehte sich um und wankte fort.
    Sehr weit kam er nicht – hinter der Ecke verließen ihn die Kräfte. Er setzte sich auf die Stufen zu einer Kneipe und vergrub das Gesicht in den Händen, während er von qualvollen trockenen Schluchzern geschüttelt wurde.
    Ihr Haus! Ihr Heim! Sie hatten es verloren. Kummer, Verzweiflung und Wut übermannten ihn – so oft er es sich im Geiste auch vorgestellt hatte, was war das gegen die herzzerreißende, niederschmetternde Wirklichkeit, gegen den Anblick fremder Leute, die in seinem Haus wohnten, ihre Gardinen an seine Fenster hängten, ihn mit feindseligen Augen ansahen! Ungeheuerlich war das, einfach nicht zu glauben ... Das durften die doch nicht – es konnte nicht wahr sein! Was

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