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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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erwartet: Es paßte zu Yang Lan-hua, es hätte gar nicht anders sein können. Das war die Welt, in der er sie immer im Geiste gesehen hatte. Ein Zauberreich für eine zauberhafte Frau.
    Eine Tür öffnete sich. Ein großes, ziemlich niedriges Zimmer empfing Dr. Merker, mit seidenen Wandbespannungen, seidenüberzogenen Liegen und dicken Teppichen mit Drachenmotiven in den Farben Weiß, Rosa und Lichtblau.
    In einem einfachen roten, an den Seiten geschlitzten, enganliegendem Kleid, das keine Wölbung ihres Körpers verbarg, kam Yang ihm entgegen. Sie hatte ihr schwarzes lackglänzendes Haar offen und trug als Schmuck nur eine Brosche zwischen den Brüsten. Aber der Stein, ein weißblitzender Brillant, war ein Vermögen wert. Ein Zweifamilienhaus, dachte Dr. Merker. Wieviel Karat mag er haben? Er hatte einen solchen Brillanten noch nie gesehen.
    »Ich freue mich«, sagte Yang schlicht. Sie gab Merker die Hand, aber nur zwei Sekunden lang, dann zog sie ihre Finger energisch aus seinem Griff zurück. »Sie wollten mich sprechen?«
    »Nein«, antwortete Dr. Merker. Er hatte das Empfinden, sein Hals stecke in einer Zwinge. Die Schönheit dieser Frau, der Blick ihrer Augen, ihr Gang, ihre Haltung, ihre Stimme … alles war überwältigend.
    »Nicht?« Ihre Augenbrauen hoben sich erstaunt. »Kommissar Ting sagte mir …«
    »Ting hat mich falsch verstanden. Ich sagte, ich würde es mir großartig vorstellen, Ihnen zu begegnen …«
    »Nun sind Sie da, Dr. Merker. Deuten wir keine Worte. Ich freue mich jedenfalls, daß Sie mein Gast sind. Mein Koch wird uns gleich verwöhnen. Trinken Sie einen Aperitif?«
    »Einen Gin-Tonic«, sagte Dr. Merker mit trockener Kehle.
    »Wie bei McLindlay?«
    »Das wissen Sie?«
    »Ich habe viele Augen, die beobachten.«
    »Auch mich?« Dr. Merker setzte sich auf eine der seidenen Liegen und sah Yang zu, wie sie aus einem geschnitzten und mit Lack belegten Schränkchen Gläser und Flaschen holte. Er hatte bei diesem Luxus einen bedienenden Butler erwartet. Aber Yang schien Wert darauf zu legen, daß sie allein blieben. »Sie haben mein Vorleben registriert …«
    »Nicht nur das.« Sie lächelte verführerisch, als sie Gin und Tonic einschenkte. »Ich weiß so ziemlich alles über Sie, Dr. Merker. Bisher waren Sie ein unbekannter, unbeobachteter deutscher Arzt, der im Queen Elizabeth Hospital Tropenkrankheiten erforschte.«
    »Ich wünschte, ich wäre es geblieben.«
    »Ich nicht! Es ist fast ein Wunder, daß es Sie gibt.«
    »Soll ich erröten wie eine Jungfrau?«
    »Sie sind in die Hölle vorgestoßen, wissen Sie das?«
    »Leider! Ich wollte, ich hätte nie Berührung mit diesen rätselhaften Leberfällen gehabt. Was Ting daraus folgert, sind alles nur Hypothesen. Erwiesen ist nichts.«
    »Warum lügen Sie jetzt?« Yang sah ihn mit geweiteten Augen an. »Sie haben doch eine Spur aufgenommen. Alle Eingeweihten wissen es …«
    Tings Gerücht! Verflucht sei der Bursche! Es hatte gar keinen Sinn zu dementieren. Niemand würde es glauben. Geschickt hatte er die Falle aufgebaut: der Privatbesuch, die Besuche im Polizeihauptquartier, die Überstellung des Gehirns der toten Mörderin von Dr. Wang An-tse zu Dr. Merker … Wer konnte da noch zweifeln?
    Merker seufzte, prostete Yang zu und trank seinen Gin-Tonic.
    »Reden wir von etwas anderem«, sagte er.
    »Nein! Nur dazu sind Sie hier!«
    »Das muß ich mit tiefstem Bedauern zur Kenntnis nehmen.«
    Er sah Yang an, ihre Blicke kreuzten sich, und wieder war es Dr. Merker, als bräche rund um sein Herz ein Brand aus. »Zu den Lebertoten kann ich gar nichts sagen.«
    »Sie wollen nicht!«
    »Spielen wir nicht mit Worten: Ich kann nicht.«
    »Sie dürfen nicht …«
    »Ihnen gestehe ich: Ich weiß nichts!«
    Yang nickte, drehte sich ab und ging zur Wand. Sie klappte eine bisher unsichtbare kleine Tür in halber Höhe der Seidenbespannung auf und winkte Merker, näher zu kommen. Als er aufstand und ein paar Schritte getan hatte, sah er, daß hinter der Seidentür ein Foto hing. Nach weiteren drei Schritten blieb er betroffen stehen.
    Das Foto, groß wie ein Poster, zeigte einen Toten. Er lag zusammengekrümmt zwischen Bausteinen und einem Sandhaufen. Im Hintergrund sah man eine große Betonmischmaschine und das Unterteil eines Krans.
    Dr. Merker zog den Atem durch die zusammengebissenen Zähne.
    »Ich weiß …«, sagte er heiser. »Ihr Verlobter. Von einem Hochhausneubau gestürzt … Für die Polizei ein Unglücksfall.«
    »Jeden Tag sehe ich mir das Bild

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