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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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durch das Tor auf die Privatstraße rollte. Kommissar Ting saß in einem geschlossenen Jeep und blickte mißvergnügt in die Gegend. Er hatte dreimal versucht, McLindlay klarzumachen, daß bei einem Aufmarsch von so vielen Milliarden Vermögen die Sicherheit der Gäste nicht gewährleistet sei, wenn die Polizei ausgeschlossen bleibe.
    McLindlay hatte kühl geantwortet: »Lieber Mr. Ting, ich habe meine eigene Art der Sicherheit. Sorgen Sie sich nicht, bei mir passiert nichts! Für mich bedeutet die Anwesenheit der Polizei auf meinem Grund ganz im Gegenteil einen Unsicherheitsfaktor.«
    Ting schluckte das, nannte innerlich McLindlay ein Brechmittel und postierte seine Polizei an der Auffahrt. Auf jeden Fall wollte er Dr. Merker abfangen, bevor er das Schloß betrat. Er hatte von ihm noch nichts wieder gehört, wußte nicht, woher er kommen würde und wer ihn begleitete. Yang oder Betty Harpers? Seine Polizeispitzel am Hafen von Yau Ma Tei meldeten keine Beobachtungen, im Hospital war er nicht. Wo konnte sich Dr. Merker aufhalten, wo hatte er seinen neuen Smoking her, was verbarg sich hinter dieser Geheimnistuerei? Fragen, die Ting sehr beschäftigten, und nicht nur ihn. Auch James McLindlay war unruhig. Der Chauffeur, den er mit dem Rolls-Royce zum Queen Elizabeth Hospital geschickt hatte, kam allein zurück. Mr. Merker war nicht auffindbar, den ganzen Tag nicht. Außerdem liege ein Kündigungsschreiben bei der Verwaltung vor, das erzählte voll Unverständnis ein chinesischer Pfleger, den der Chauffeur kannte.
    McLindlay nahm Betty beiseite, die die Gäste in der tennisplatzgroßen Prunkhalle begrüßte. Dort spielte zur Einstimmung diskret ein Streichorchester Wiener Weisen. Auch wenn das überhaupt nicht zu dem chinesischen Interieur paßte, man empfand es als wohltuend.
    »Fritz ist nicht da!« sagte McLindlay leise. »War gar nicht im Hospital. Huang ist ohne ihn zurückgekommen.«
    »Er hat die Einladung bekommen und zugesagt.« Betty nickte einem älteren Ehepaar zu. Die Frau trug ihren Schmuck, als laufe sie Reklame für einen Juwelier. Wo sie Haut zeigte, funkelten die Brillanten und Smaragde.
    »Wußtest du, daß Fritz seine Stelle gekündigt hat?«
    »Nein! Wieso gekündigt?«
    »Fristlos. Er arbeitet nicht mehr im Queen Elizabeth …«
    »Wo denn?«
    »Genau das möchte ich wissen! Wo kann ein Arzt wie Fritz noch arbeiten?«
    »Wir werden alle Hospitäler abfragen. Wenn er es uns nicht selbst sagt.«
    »Das wirst du übernehmen, Schatz?«
    »Natürlich.« Sie sah ihn aus den Augenwinkeln an und lächelte dabei einem neuen Gastehepaar zu. »Bis an den Rand des Bettes … Ist deine Yang schon eingetroffen?«
    Er gab keine Antwort, wandte sich ab und mischte sich unter die Gäste.
    Nach einer Stunde Warten ahnte McLindlay, daß Dr. Merker nicht kommen würde. Auch Ting draußen auf der Straße wurde unruhig. Merker hatte zwar nicht versprochen zu kommen, vielleicht, hatte er gesagt, aber Ting hatte die Hoffnung gehabt, das Vielleicht könne auch ein Ja werden. Diese Hoffnung schmolz von Minute zu Minute dahin.
    Am aufreibendsten war die Ungewißheit: Wo hielt sich Dr. Merker auf? Wo in dieser Riesenstadt, in diesem Labyrinth der Straßen, Gassen, Hügel und Buchten, der Schiffe, Dschunken und 235 Inseln versteckte er sich? Und warum versteckte er sich?
    Mit der Vorfahrt von Yang Lan-hua in einem weißen Cadillac endete Tings letzte Hoffnung. Yang war allein, eingehüllt in einen bodenlangen weißen Nerz, das Haar hochgesteckt und voller Lotosblüten … ein Wesen aus dem Märchenreich.
    »Scheiße!« sagte Ting laut in seinem Jeep. »Jetzt können wir an die Bäume gehen und pissen wie ausgesetzte Hunde.«
    Er ließ drei Polizeiwagen mit zusammen fünfzehn Mann am Schloß von McLindlay zurück und fuhr ins Hauptquartier. Auch dort lag keine Nachricht von Dr. Merker, aber das wußte Merker nicht. Er hatte Dr. Mei, als dieser an Land gerudert wurde, um den Puff von Madame Yo zu besichtigen, eine Nachricht für Ting mitgegeben. Aber Mei hielt es für klüger, sie zu unterschlagen. Erst als Mei in Kowloons größter Apotheke seine lange Liste abgekauft und die Apotheker zur Raserei gebracht hatte, weil er noch die Preise von vor sechs Jahren im Kopf hatte und die Apotheke einen Gangsterladen nannte, rief er bei der Polizei an.
    »Er kommt nicht!« sagte Mei, als Ting an den Apparat kam. Ting atmete tief durch. Er wußte sofort, wer nicht kam.
    »Wer sind Sie?« fragte er reichlich dumm. Dr. Mei lachte

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