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Der Dschunken Doktor

Der Dschunken Doktor

Titel: Der Dschunken Doktor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der fleißige Gartenarbeiter seinen Picker hinwarf und davonrannte. Auch die beiden ›Touristen‹ hatten es eilig, ein geparktes Auto zu besteigen.
    Um ihnen allen ein bißchen Abwechslung zu bereiten, fuhr Ling in Richtung der New Territories davon, raste die Tai Po Road hinauf, bog in die Ching Cheung Road ab und schleuderte wahnwitzig in den Straßenring hinein, der rund um das riesige Lai Chi Kok Hospital, den Park und das Frauengefängnis führt. Er war so kühn, die Einfahrt des Hospitals zu benutzen, fuhr hinten wieder hinaus, folgte einem Parkweg, erreichte die breite Lai Chi Kok Road und brauste zur Chinesenstadt von Mong Kok zurück. Im Rückspiegel sah er, daß niemand ihm mehr folgte. Zufrieden verschwand er im Gewirr der Gassen, um Yau Ma Tei anzusteuern. Dort verschwand er in einer Garage, deren Tor sich elektronisch öffnete und schloß.
    Die beiden Beamten von Ting Tse-tung hielten verwirrt vor dem Lai Chi Kok Hospital, stiegen aus und gingen zur Aufnahme. Dort saß in der weiten Halle eine Menge Wartender. Hinter einer langen Theke regelten sieben Mädchen, drei Männer und ein dicker Oberbeamter die Anmeldungen. Tings Beamte zeigten ihre Polizeimarken. Das verschaffte ihnen zwar Einlaß, brachte sie aber sonst nicht weiter. Sie durchkämmten das gesamte Klinikgelände, aber der kleine Wagen war nicht da. Der Verfolgte war ihnen entwischt. Noch vom Hospital aus riefen sie Kommissar Ting an.
    »Wenn ihr zurückkommt, kriecht auf dem Bauch!« brüllte Ting. »Wieso arbeitet der Sender in Melkels Kofferradio nicht?«
    »Es ist alles still, Sir. Das letzte, was wir in unserem Empfänger hörten, war das Zuschlagen der Zimmertür.«
    »Weil er das Radio stehengelassen hat, ihr Pflaumen!« schrie Ting außer sich. »Schon da hättet ihr Alarm geben müssen! Oh, ihr Himmel, welch eine Qual, mit Hirnlosen arbeiten zu müssen!«
    Das gleiche Problem beschäftigte andere Aufpasser, die alles mithörten, was in Dr. Merkers Zimmer passierte. Sie hatten den Sender raffiniert in einer der Kameras versteckt, in der begründeten Annahme, daß ein Mann manches liegen läßt, aber selten seinen Fotoapparat. In dem Keller, wo man alles auf Tonband aufnahm, kam denn auch sofort Verwirrung auf, als nach dem Zuklappen der Tür kein Ton mehr zu hören war.
    Nur reagierte man hier schneller. Einer der Männer hetzte die Treppe hinauf, schwang sich auf ein Motorrad und raste zum Queen Elizabeth Hospital. Er kam ein paar Minuten zu spät. Ling war schon unterwegs nach Lai Chi Kok.
    Im Gegensatz zu den beiden Polizeibeamten folgte er nicht der Richtung, die ihm der aufgeregte chinesische Papierpicker angab. Er drehte um, fuhr zurück und meldete knapp: »Der Mann ist verschwunden.«
    »Macht nichts«, antwortete eine Stimme. »Wir erwarten ihn im Hafen. Jetzt will er nur Spuren verwischen.«
    »Er kann die Koffer auch in einem Haus abgeben.«
    »Habt ihr ein Foto gemacht?«
    »Ja, mit der Polaroid.«
    »Klar?«
    »Sehr klare, gute Aufnahme.«
    »Kommt alle zum Hafen!« sagte die Stimme. »Ich glaube nicht, daß Dr. Merker sich in einem Haus verkriecht.«
    »Er könnte sogar unter einem anderen Namen im Mandarin drüben wohnen. Oder im Hilton. Keiner wird ihn erkennen. Er kann überall wohnen, in hundert Hotels und Pensionen.«
    »Wir können warten!« sagte die Stimme selbstgefällig. »Wen wir in Hongkong treffen wollen, den treffen wir.«
    Bis zur Dunkelheit blieb Ling in seinem Versteck. Aber er war nicht untätig. Er vernähte Merkers Koffer in Sackleinen, auf dem Electronic Ltd. stand, lud die im Aussehen völlig veränderte Fracht auf einen leichten Handwagen und wartete auf das Ende des Tages.
    In dem Gewühl der Händler und Einkäufer, dem Gewimmel von Marktschreiern, Gauklern, Wahrsagern, Würfelspielern, Straßensängern und Bauchladenverkäufern schob Ling später seinen Handkarren völlig unauffällig zum Hafen. Er erreichte den Quai, setzte sich neben seinen Karren auf die Erde und beobachtete seine Umgebung. Irgendwo unter den Hunderten Sampans am Ufer war auch sein Boot, aber Ling hütete sich, es jetzt schon zu beladen.
    Wie viele Chinesen am Quai kaufte er an einer der vielen offenen Garküchen ein Stück Hühnerfleisch, einen Teller mit gemischtem Gemüse, kehrte zu seinem Karren zurück, rührte mit den Wegwerfstäbchen in dem Essen und beobachtete weiter das laute Leben um sich herum. Touristengruppen erschienen in Bussen, wurden ausgeladen und fotografierten mit Blitzlicht das bunte Treiben am Hafen und

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