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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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ging er ein paar Schritte zum nächsten Hauseingang, nahm sich den Eimer, der dort vor der Tür stand, und überreichte ihn Milo.
    »Füll ihn voll Wasser und bilde eine Kette«, grunzte er. Dann stiefelte er los, quer über die Straße auf das Haus der verbotenen Schriften zu.
    »Er meint es nicht so«, versuchte Senetha, Milo zu trösten. »Er hat eine harte Schale, aber einen weichen Kern.«
    »Bei uns zu Hause nennen wir das einen porösen Dickschädel«, sagte Milo, dann reichte er ihr eine Hand. »Versuchen wir es als Mutter und Kind.«
    Hand in Hand und dicht gefolgt von dem Schreiberling, schlossen sie sich Dorn an.
    Es schien sich tatsächlich niemand für sie zu interessieren, nicht für einen entschlossen wirkenden Mann, nicht für eine Mutter mit Kind, und erst recht nicht für jemanden, der über die Straße schlurfte wie ein geprügelter Hund. Die Bürger dieser Stadt hatten anderes zu tun. Im Osten stiegen immer noch dunkle Rauchschwaden über den Dächern auf, und irgendwo in einer Parallelstraße hörte man jemanden den Wasserträgern Befehle geben.
    Ein Hund mit grauschwarzem Fell lag vor dem Eingang der Bibliothek. Als er Dorn kommen sah, erhob er sich träge und schlich mit eingekniffenem Schwanz davon.
    Dorn blieb vor der Tür stehen und wartete auf die anderen.
    »Die Tür ist immer offen«, erklärte der Schreiberling erneut.
    Dorn runzelte die Stirn und drückte die Klinke herunter. Die unverzierte Tür mit den dunklen Eisenbeschlägen schwang knarrend auf.
    Erneut packte Dorn den Schreiberling am Kragen.
    »Du willst uns wohl für dumm verkaufen, du kleine Ratte«, schnaubte er. »In dieser Stadt schließen die Bürger sogar ihren Brennholzkeller ab, weil sie Angst haben, beklaut zu werden, und du willst uns erzählen, diese Bibliothek ist unbewacht und ständig offen. Wo ist der Haken an der Sache? Mach lieber das Maul auf, bevor ich die Geduld verliere.«
    »Geht hinein, und ihr werdet es sehen«, stöhnte der Schreiberling.
    »Du zuerst«, sagte Dorn und stieß den Mann hinein. »Ich will mich nicht extra umdrehen müssen, wenn mir nicht gefällt, was ich sehe.«
    Milo und Senetha folgten. Milo hatte die Hand der Zauberin wieder losgelassen, doch nicht, weil ihm die Nähe unangenehm gewesen war. Im Gegenteil, Senethas Berührung hatte ihm ein Gefühl der Geborgenheit gegeben, obwohl er sie kaum kannte, docher wollte zeigen, dass er der Situation wie alle anderen ebenfalls gewachsen war.
    Das Gebäude hatte von innen kaum mehr zu bieten als von außen. Es gab nur einen einzigen Raum, soweit Milo erkennen konnte. Außer einer Handvoll Säulen, die die fast sechs Schritt hohe Decke stützten, und einigen Nischen, in denen zwei Fuß große Statuen von Regor in verschiedenen Posen standen, war er so gut wie leer. Milo trat an eine der Skulpturen heran. Sie schienen alle von demselben Künstler gefertigt worden zu sein. Der Gott der Menschen war immer als strahlender Held mit jugendlichem Aussehen dargestellt, mal mit Schwert, mal hoch zu Ross mit Lanze. Keine der Statuen war besonders gut ausgearbeitet. Feinheiten fehlten fast gänzlich, und dort, wo viel Geschick gefragt gewesen wäre, hatte der Künstler gepfuscht. Einem Steinmetzlehrling der Zwerge hätte sein Meister dafür den Bart abgeschnitten und ihn aus der Werkstatt gejagt.
    »Ich bin zwar nur ein Söldner und kann nicht sonderlich gut lesen«, knurrte Dorn, der den Schreiberling im Genick gepackt hatte und ihn am ausgestreckten Arm hin und her schwenkte wie eine Handpuppe, »doch ich weiß, dass in einer Bibliothek Bücher stehen müssten. Ich sehe nicht ein einziges. Entweder sagst du mir sofort, warum du uns hierhergeführt hast, oder ich wische mit dir den Boden. Auffeudeln kann dich dann jemand anderes.«
    Milo fand die wenig diplomatische Art des Söldners etwas übertrieben, immerhin hatte sich der Schreiberling freiwillig zu ihnen gesellt, aber sie tat ihre Wirkung.
    Der Gelehrte zeigte in eine der Nischen im hinteren Teil der Halle. »Dort ist der Zugang«, krächzte er.
    Die Nische war im Grunde genommen gar keine, sondern eine Art kleiner Aufzug, wie man ihn in herrschaftlichen Häusern fand, den die Bediensteten benutzten, um Geschirr oder Wäsche in ein anderes Stockwerk zu bringen.
    »Dort werden die Schriftstücke, Bilder oder Dokumente hineingelegt, und dann lässt man sie mit dem Aufzug nach unten«,erklärte der Schreiberling, bevor Dorn ihn ein weiteres Mal in die Mangel nehmen konnte.
    »Und wer nimmt sie unten

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