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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Dolch heraus. Die Waffe steckte in einer silbernen Scheide, auf der das Symbol von Regor, ein Kreuz, dunkel abgesetzt war, genau wie auf dem Griff der Waffe. Die Klinge schabte auf dem Metall, als er sie herauszog.
    Nariks blinde Augen sprangen nervös hin und her.
    »Hilfe!«, schrie er. »Helft mir. Sie haben uns gefunden.«
    Über das Gesicht des Wissenden huschte ein zufriedenes Grinsen. Dann stimmt er mit ein in das Geschrei.
    »Ja, helft uns. Hier im Zimmer ist ein Fremder. Hilfe. Er will mir alles Gold wegnehmen, dass ich gerade zuvor gestohlen habe, und von dem ihr nicht eine einzige Münze abbekommen sollt. Helft mir, meine kleinen Gefolgsleute! Tötet den Mann, der mich daran hindern will, Euch zu meinen eigenen Sklaven zu machen. Ich will doch der neue   …«
    Der Wissende brach sein Geschrei ab und wandte sich wieder an Narik, der schon zuvor verstummt war. Einen Augenblick lauschten beiden in die nächtliche Ruhe hinein. Nichts regte sich im Haus, als wenn der Lärm diesen Raum niemals verlassen hatte.
    »Ich will doch der neue   … ja, was überhaupt? Was wünscht Ihr Euch zu sein?«
    Die Spitze von Nariks Dolch zeigte noch immer auf den Wissenden.
    »Nichts, ich will nichts sein«, stotterte er.
    »Oh, dann habe ich ein hervorragendes Angebot für Euch. Aber zuerst sagt mir bitte noch, wo hat sich dieser Halbling verkrochen, der bei Euch Schutz gesucht hat.«
    »Was für ein Halbling? Ich kenne keine Halblinge.«
    »Ihr enttäuscht mich, Narik. Ich habe jeden Eurer Schritte genau verfolgt. Ich weiß besser als Ihr, wie Eure nächsten Pläne aussehen, und jetzt belügt Ihr mich so schamlos. Das ist nicht nett von Euch.«
    »Er ist geflohen. Ich weiß nicht, wo er hin ist. Ein Söldner und eine Magierin haben ihm geholfen. Vielleicht haben sie sich irgendwo in der Stadt verkrochen. Ich weiß es nicht, das müsst Ihr mir glauben.«
    Der Wissende machte ein paar Schritte und beobachtete dabei, wie die auf ihn gerichtete Klinge ihm folgte.
    »Ich bin Euch dankbar«, sagte er. »Ihr habt etwas in Gang gesetzt, dass mir wahrscheinlich nicht gelungen wäre. Diese Revolution kommt meinen Plänen mehr als nur recht. Aber ich muss sagen, das Ihr nun an einen Punkt gekommen seid, an dem es nur noch zäh vorangeht.«
    »Wir können diese Revolution noch gewinnen. Immer mehr Bürger schlagen sich auf unsere Seite«, unterbrach Narik den Wissenden.
    »Das ist es nicht. Mir ist ganz egal, wer gewinnt. Für mich ist nur wichtig, dass diese Revolution möglichst viele Opfer fordert. Mit jedem Toten wird dieses Land schwächer und meine Machtgrößer. Deshalb habe ich mich entschlossen, Euch zum Märtyrer zu machen. Euer Tod wird diesen Bürgerkrieg noch einmal richtig anheizen. Zargenfels wird brennen, und es wird mehr Opfer fordern, als die Friedhöfe und Gruften des Landes fassen könnten.«
    Der Wissende machte einen Schritt zur Seite, und die auf ihn gerichtete Klinge folgte ihm. Dann machte er eine Handbewegung, und sein Körper begann, wenige Zoll über dem Fußboden zu schweben. Nariks Dolch verharrte jedoch in der Richtung, in der er den Fremden immer noch vermutete.
    Der Wissende schwebte lautlos heran und bleib direkt vor ihm stehen. Nariks Lippen waren spröde und aufgeplatzt. Obwohl seine Augen nichts sehen konnten, bewegten sie sich rastlos in den Höhlen umher.
    Der Wissende hielt die Spitze des Regorianerdolches genau auf Nariks Herz gerichtete. Er kostete diesen Augenblick der Überlegenheit aus. Dann stieß er zu.

32. RUBINIA
    Die Seufzerschlucht war die nördlichste der drei Schluchten, die den Düsterkrallenwald durchschnitten wie die Krallenspuren eines gigantischen Prankenhiebs. Rubinia und Oda lagen rund hundert Schritt entfernt von dem Abgrund hinter einem entvölkerten Ameisenhaufen in Deckung und beobachteten den nur spärlich bewachsenen Streifen, der sich um die Schlucht herum erstreckte. Rubinia erinnerte sich noch aus Kindheitstagen an diesen Ort, und noch immer wirkte er auf sie wie ein Schnitt ins Fleisch der Erde mit dem verkrusteten Wundrand ringsherum.
    »Es ist niemand zu sehen«, sagte Oda mit einiger Erleichterung in der Stimme. »Vielleicht hat sich dieser Meister Othman auch geirrt.«
    »Er irrt sich leider selten«, antwortete Rubinia. »Wenn er sagt, hier lauern überall Grünbluter, dann sind sie auch irgendwo in der Nähe. Nur weil man sie nicht sieht, heißt das nicht, dass sie nicht da sind.«
    »Aber wir haben in den zwei Tagen, die wir quer durch den Wald gelaufen

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