Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Männer gibt, die andere allzu gern an den Galgen bringen oder ihnen die Kehle durchschneiden, wenn sie schlafen. Ich bevorzuge das Gequake von Fröschen und Kröten. Es ist ein herrliches Geräusch im Gegensatz zum Röcheln eines sterbenden Mannes.«
»Hier ist es toll«, antwortete Milo übertrieben fröhlich. Er trat mit seinen nackten Füßen das hohe Gras platt, um seine Decke auszubreiten. »Ein Froschkonzert ist jetzt genau das Richtige, um sich von den Strapazen der langen Reise zu erholen.«
Die drei teilten ihren spärlichen Proviant auf und saßen schweigend beieinander. Dorn lehnte es ab, ein Feuer zu machen, um wenigstens einen Tee zu kochen. So blieb Milo nichts anderes übrig, als etwas Wein von Senetha und einen Schluck Wasser aus seinem eigenen Schlauch zu trinken, auf etwas Dörrfleisch herumzukauen und sich dann zur Ruhe zu begeben.
Milo döste erst leicht, als ihn entfernte Hilferufe hochschrecken ließen. Dorn hatte bereits seine Lagerstätte verlassen und lauschte angespannt in die Dunkelheit. Senetha wurde erst wach, als Milo an ihrem Arm rüttelte.
»Was ist los?«, stöhnte sie im Halbschlaf.
»Da ruft jemand um Hilfe«, erklärte Milo. »Anscheinend jemand, der sich im Moor verirrt hat, oder der feststeckt.«
»Oder jemand, der uns in eine Falle locken will«, gab Dorn mürrisch zu bedenken.
»Wir werden es nicht herausfinden, wenn wir hier herumstehen«, sagte Milo. »Wir sollten uns beeilen, bevor es zu spät ist.«
»Er hat Recht«, stimmte Senetha zu. »Ob es eine Falle ist oder nicht, wir sollten nachsehen.«
Dorn schnaubte verächtlich.
»Na gut, aber untersteht euch, Fackeln anzuzünden. Man würde das Licht über Meilen sehen. Wir bleiben dicht zusammen und versuchen herauszufinden, was dort los ist.«
Jeder Schritt im nächtlichen Moor war ein Wagnis. Der Mond war nur als matte Scheibe am Himmel zu sehen und spendete weniger Licht, als Milos Pfeife es getan hätte. Es ging zermürbend langsam voran. Zwischen den einzelnen Hilferufen hörte man immer wieder Dorns leise Verwünschungen, wenn er mit seinem Stiefel in den Morast geraten war. Die Rufe wurden flehender und Dorns Laune gereizter. Am liebsten hätte Milo laut gerufen: »Haltet durch, wir sind gleich da«, aber er fürchtete, dass Dorn damit nicht einverstanden wäre – und besonders fürchtete er, wie der Söldner das zum Ausdruck bringen würde.
Der Ursprung der Hilferufe war keinen Steinwurf mehr entfernt. Dorn blieb stehen und fluchte leise.
»Verdammt, hier geht es nicht weiter. Wir müssen umdrehen!«
»Bitte helft uns«, flehte die Stimme. »Wir sind gleich hier vorn.«
Ein einzelnes Wort, so scharf wie ein frisch gewetztes Messer, beendete alle Überlegungen, was zu tun war: »Lux!« Augenblicklich vertrieb ein glühender Ball so groß wie ein Kinderkopf die Dunkelheit.
Senetha hielt den Lichtzauber in der Hand wie ein riesiges Glühwürmchen und pflanzte ihn auf die Spitze ihres Stabes.
»Dort vorn sind sie!«, rief Milo und zeigte auf vier Zwerge, die bis zum Kinn im Moor versunken waren. Ein einzelner Helm trieb verkehrt herum auf der modderigen Brühe. Die Zwerge hingen wie erstarrt im Sumpf; ihre Bärte trieben wie die Schweife von Kometen auf der Oberfläche.
»Haltet aus, wir suchen einen langen Ast, an dem wir euch herausziehen können!«, rief Milo ihnen zu.
Dorn zog sein Schwert blank, eilte zu einer Moorbirke und trennte mit einem Hieb einen acht Fuß langen Ast ab. Senetha streckte den Stab mit der Lichtkugel weit über das Sumpfloch. In den Augen der Zwerge flammte Hoffnung auf.
Dorn legte sich am Rand des Morastes flach auf den Boden und streckte den Ast, so weit er konnte, den Zwergen entgegen.
»Haltet euch daran fest!«, rief er ihnen zu. »Ich werde dann einen nach dem anderen herausziehen.«
Der Zwerg, der dem Ast am nächsten war, versuchte langsam, seinen Arm aus dem Schlamm zu befreien. Mit jedem Zoll, den er den Arm hob, sank sein Kopf weiter in der Brühe ein. Als er die dünnen Zweige am Ende umklammerte, schaute nur noch sein brauner Haarschopf heraus. Dorn holte den Ast samt Zwerg ein wie ein Fischer, der den größten Fang seines Lebens gemacht hatte.
Milo stürzte ebenfalls nach vorn an den Sumpfrand und streckte seinen Arm aus, um dem Zwerg zu helfen, sich aus dem Schlammloch zu befreien. Dorn und Milo packten ihn an beiden Armen und zogen ihn aus dem Sumpf. Von dem Bärtigen war kaumnoch etwas zu erkennen; er war ein einziger Klumpen Schlamm. Erschöpft brach
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