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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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sich flach auf den Boden, doch die Hand wollte sein Haar nicht loslassen. Die Schritte kamen näher. Sein Herz raste. Jemand blieb neben der Pritsche stehen. Er röchelte leicht. Tislo kannte dieses Röcheln. Der fette Zwerg gab es von sich, wenn er wieder einmal keine Luft bekam. Immer wenn es zuvor aufgetreten war, hatte Meister Nodrin dem Zwerg ein Tuch, getränkt mit Minzöl, auf Nase und Mund gelegt. Nach zwei, drei Minuten hatte das Röcheln dann aufgehört.
    Nelf schaute vorsichtig um die Ecke. Ihm stockte der Atem. Sein Bruder lag hinter einem der Betten. Davor stand der fette Zwerg, die bleichen Augen auf den verletzten Kameraden vor sich gerichtet. Er hatte ihm das Messer, mit dem er zuvor am Bein des Meisters herumgesäbelt hatte, auf die Brust gesetzt. Er drückte die Spitze vorsichtig durch das dünne Hemd. Sie verschwand eine Daumenbreite tief im Fleisch des Bärtigen. Der vom Fieber geplagte Zwerg wand sich unter Schmerzen. Dann stieß sein Kamerad zu, und die Klinge verschwand bis zum Heft in der Brust. Anschließend zog er das Messer wieder heraus und schlurfte zurück zu dem toten Meister, über dem immer noch sein Kamerad hockte und sich am Fleisch des Gelehrten gütlich tat.
    Nelf sah, wie sein Bruder weiterkrabbelte. Er verschwand hinter dem letzten Bett in der Reihe. Zum Schreibtisch des Meisters waren es nur noch zehn Fuß.
    Nelf konnte Tislo nicht mehr sehen, aber plötzlich schob sich ein zusammengerolltes Pergament über die Tischkante und wurde fröhlich hin und her gewedelt. Kurz darauf streckte Tislo den Kopf seitlich des Tisches heraus. Er grinste breit. Nelf sah, wie sein Bruder mit sich haderte und anscheinend überlegte, ob er den gleichen Weg zurücknehmen sollte, den er gekommen war, oder ob er einfach quer durch den Raum hinausstürmen sollte.
    Nelf schüttelte den Kopf und wusste im selben Moment, dass es ein Fehler war. Sein Bruder tat gern das, wovon man ihm abriet. Er nahm es als Herausforderung, zu beweisen, dass es doch anders ging. Und genauso kam es.
    Tislo sprang auf und rannte los. Er war schon halb durch den Raum, als die Zwerge ihn entdeckten. Der Fette stach mit dem Dolch nach ihm, verfehlte ihn aber. Tislo nahm die letzten beiden Betten wie Hürden und rannte aus der Kammer an Nelf vorbei.
    Dieser verlor keine Zeit und folgte dem Bruder, ohne zu wissen, wohin dieser wollte. Sie rannten den Hauptstollen in Richtung Süden, immer weiter weg vom Haupteingang.
    Nach gut einer halben Stunde kamen sie keuchend zum Stehen. Tislo sackte an der Stollenwand zusammen und streckte die Beine aus. Nelf befand, dass er zu erschöpft war, um sich zu setzen.
    »Du hast ja noch immer die Kanne in der Hand«, keuchte Tislo.
    Nelf sah an sich herab und betrachtete das Gefäß erstaunt, als ob er es zum ersten Mal sähe.
    »Hätte ich sie weggeworfen, wäre ich schneller als du gewesen«, stöhnte er. »Aber ich wusste ja nicht, wohin du willst. Außerdem dachte ich, du könntest einen Schluck vertragen nach der ganzen Rennerei.«
    »Igitt!« Tislo winkte angeekelt ab.
    »Was haben wir jetzt vor?«, fragte Nelf.
    »Na, was wohl? Wir verschwinden von hier«, sagte Tislo. »Von den Zwergen versklavt zu werden war ja schon schlimm genug, aber jetzt auch noch zum Abendbrot von Untoten zu werden ist eindeutig zu viel.«
    »Du denkst, das waren Untote?«, staunte Nelf.
    »Was denn sonst? Zwerge, die sich bei vollem Verstand gegenseitig auffressen, wären zu schön, um wahr zu sein. Die beiden schienen auf keinen Fall gesundet zu sein. Vielleicht hatten sie aber auch nur was gegen die Behandlungsmethoden von Meister Nodrin. Wie auch immer, wir sollten hier schleunigst verschwinden und die Elfen warnen.«
    Nelf stellte den Kupferkrug ab und entwendete seinem Bruder die Karte.
    »Was soll das?«, beschwerte sich Tislo.
    »Ich bin der Ältere«, sagte Nelf. »Ich sollte unsere Flucht planen. Du hast zwar manchmal ganz gute Ideen, aber deine daraus resultierenden Pläne sind meistens schlecht und zum Scheitern verurteilt.«
    »Von wem stammte noch der Plan, die Zwerge zu bestehlen?«, fragte Tislo herausfordernd. »Außerdem habe ich die Karte geholt, während du zitternd im Dunkeln gestanden hast.«
    »Eben drum. Du solltest dein Glück nicht herausfordern.«
    Nelf lief auf eine der Laternen zu, die den Hauptstollen beleuchteten. Er ging in die Hocke und breitete die Karte vor sich auf dem Boden aus. Nach einem Augenblick tippte er mit dem Finger darauf und sagte: »Wir sind hier.«
    »Meine

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