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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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ist er stumm oder zurückgeblieben?«
    Milo hatte sich mittlerweile an die Anrede »kleiner Mann« gewöhnt. Er riss sich vom Anblick des brennenden Elfenwaldes losund besah sich die restlichen Gefangenen, die mit ihm im Käfigwagen saßen.
    Da gab es einen freundlich aussehenden Zwerg mit grau meliertem Bart und kurz geschorenen Haaren, der ihn angesprochen hatte. Links und rechts von ihm saßen zwei jüngere Zwerge. Nase und Augenpartie ließen darauf schließen, dass sie seine Söhne waren.
    »Nein, er ist in Ordnung«, sagte Milo. »Er redet nur nicht gern.«
    In dem Wagen hockten fast zwanzig Gefangene. Die meisten davon waren Menschen, die bis auf Dorn eher einen friedfertigen, wenn nicht gar harmlosen Eindruck machten. Milo schätzte, dass es sich um fahrende Händler, Kaufleute und Abenteurer handelte, die versucht hatten, die Zwerge bei ihren Geschäften zu übervorteilen oder sie zu bestehlen. Sie hatten sich den falschen Ort und das falsche Volk für ihre Gaunereien ausgesucht. Da Graumark kein von Königen regiertes Land war, galten die Gesetze der einzelnen Lords, Clanoberhäupter oder Ältestenräte. Und die Gesetze, die sie erließen, bestraften die Vergehen am härtesten, von denen sie persönlich am meisten betroffen waren. Wie hieß es so schön: Du kannst ruhig einen Widersacher lynchen, aber du tust besser daran, dein eigenes Seil zu benutzen, sonst hängst du bald neben ihm.
    Die meisten der Gefangenen, und Milo nahm sich da nicht aus, waren in einem erbärmlichen Zustand. Unzureichendes Essen und Trinken, die harte Arbeit in den Zwergenminen, wenig Zeit, sich zu erholen, und Schläge, Tritte sowie Peitschenschläge hatten ihre Spuren hinterlassen.
    Milo vermutete, dass man sie nun zurück zur Zwergenstadt brachte, die sich tief im Inneren des Gebirges verbarg. Für den einen oder anderen würde vielleicht sogar eine Begnadigung herausspringen, wenn er sie sich verdient hatte. Ihm und Dorn würde sicherlich der Prozess gemacht werden. Wenn sie Glück hatten, verurteilte man sie lediglich zu langjähriger Zwangsarbeit. Doch dafür bedurften sie eines Fürsprechers   – wenn sich der nicht fand, stand es schlecht um sie.
    Die Käfigwagen, von denen es zwei weitere gab, ebenfalls vollgestopft mit Gefangenen, bildeten die Nachhut. Ein langer Treck aus Karren, Reittieren und Zwergen zu Fuß schlängelte sich vor ihnen durch die Ausläufer des Düsterkrallenwaldes.
    »Was ist mit deinem Bruder, konnte er flüchten?«, fragte der ältere Zwerg.
    Milo fuhr herum, weil er dachte, die Frage gelte ihm, doch der Zwerg spähte hinüber zu Nelf.
    »Er ist tot«, wisperte der Halbling.
    »Dorimbur?«, erkundigte sich der Zwerg.
    Nelf schüttelte den Kopf. »Elfenpfeile. Sie hätten mich auch erledigt, aber als sich die ersten vor mir in den Boden bohrten, habe ich Panik bekommen und bin gerannt wie ein Hase vor dem Habicht. Ich hatte gehofft, zwischen den Bäumen im Osten Schutz zu finden und dann in der Nacht heimlich zu verschwinden. Was soll ich sagen? Ich habe es geschafft, den Elfen zu entkommen und bin Dorimbur genau in die Arme gelaufen. Ich hätte einfach bei meinem Bruder bleiben sollen, dann hätte dieses Martyrium endlich ein Ende, und ich würde mich nicht mehr so schuldig an seinem Tod fühlen.«
    »Er ist nicht wegen dir gestorben«, versuchte der Zwerg, ihn zu trösten. »Auch die Elfen trifft nicht die Schuld. Es waren vielleicht die Pfeile der Langohren, die deinen Bruder getötet haben, doch der Grund, warum er gestorben ist, reitet dort vorn und trägt einen roten Bart.«
    Damit klärte sich auch für Milo die Frage, warum der Zwerg und seine beiden Söhne mit ihnen gefangen gehalten wurden. Zwerge hassten Eidbrecher und Verräter fast noch mehr als Elfen. Ob dieser Zwerg nun im Recht war oder nicht, war dabei egal.
    »Was ist denn passiert?«, fragte Milo den Bärtigen. »Warum hat dieser Dorimbur die Elfen überhaupt angegriffen? Und wozu die ganzen Wagen voller Ausrüstung?«
    Der Zwerg sah ihn mit finsteren Augen an. »Du warst doch dabei«, knurrte er. »Du wolltest ihn töten. Weshalb denn?«
    »Er wollte uns töten«, rechtfertigte sich Milo. »Wir haben uns nur gewehrt.«
    »Genau wie die Elfen«, brummte der Bärtige. »Und so führt eines zum anderen, und das Unglück ist nicht mehr aufzuhalten. Hass ist die Antwort auf all deine Fragen. Wir zogen aus mit Karren voll Baumaterial, und jetzt sind unsere Karren voll mit toten Zwergen.«
    »Ihre Familien werden ihn zur Verantwortung

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