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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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  – tötet ihn!«
    Zwerge hatten kurze Beine und waren schlechte Läufer. Aber was nutzte das schon? Zwei Stumme nahmen auch nicht an einem Minnesängerwettbewerb teil, um zu sehen, wer der bessere war. Die Menschen hätten es vielleicht schaffen können, aber die meisten von ihnen waren so geschwächt, dass ihnen das Gehen schon Schwierigkeiten bereitete, mit Ausnahme von Dorn.
    Der Söldner saß als letzter im Käfigwagen und machte keine Anstalten, aufzustehen. Einer der Zwerge stieß ihm durch die eisernen Stäbe hindurch den Stiel einer Kriegsaxt in den Rücken.
    »Beweg dich schon, du Abschaum«, grollte die Wache.
    »Der nicht«, rief Dorimbur. »Er soll im Wagen bleiben. Um ihn kümmere ich mich später   – persönlich.«
    Der Bärtige stieß trotzdem noch einmal mit dem Stiel seiner Waffe zu, dann eilte er um den Wagen herum und sperrte die Tür zu. Dorn schien nichts von dem, was um ihn herum passierte, wahrzunehmen.
    Die Zwerge führten Milo und die anderen Gefangenen zum nächsten Wagen. Er wurde von vier Ponys gezogen und war doppelt so breit wie ein normaler Karren und fast viermal so lang. Milo kannte diese Art Wagen. Sie wurden beim Stollenbau benutzt, um den Abraum abzutransportieren.
    Die Wachen zogen die schwere Plane vom Wagen und gaben den Blick auf einige Dutzend Zwergenleichen preis. Ihre Leiber waren schrecklich verdreht, verstümmelt und teilweise verbrannt. Man hatte sie so auf den Wagen geworfen, wie sie auf dem Schlachtfeld gefallen waren. Einige der Zwergenleichen krallten sich sogar noch an die Waffen in ihren Händen oder umklammerten mit ihren bleichen Fingern die, die ihre Feinde in ihrem Körper hatten stecken lassen.
    »Was ist?«, schnauzte der Truppführer Milo an, weil er offenbar den verwunderten Blick des Halblings bemerkt hatte. »Denkst du darüber nach, dir eine Waffe zu schnappen und für deine Freiheit zu kämpfen? Na los, mach doch! Wenn du den Mut hast. Das gilt für euch alle. Ein Loch auszuheben, das auch noch genügend Platz bietet für ein paar aufsässige Gefangene, sollte kein Problem sein.«
    Das Leder um den Griff der Axt des Zwergs knarrte, als sich seine Finger darum schlossen.
    Milo schüttelte ängstlich den Kopf. »Nein, ich frage mich nur, warum ihr all die Ausrüstung und Waffen der Verstorbenen mit ihnen vergrabt?«
    Der Truppführer grinste zufrieden. »Wenn du jemanden verschwinden lassen willst, wäre es dumm, seine Sachen nach Hause zu schaffen. Es geht alles zusammen unter die Erde, dorthin zurück, wo auch alles herkommt.«
    Oben auf den Leichenstapel hatte man einfach die Schaufeln und Hacken geworfen, als seien die gefallenen Kameraden nichts weiter als Abraum, den man aus dem Stollen schaffen musste.
    »Los, ihr habt gehört, was General Dorimbur gesagt hat. Schnappt euch Schaufeln und Hacken und fangt an, dort zwischen den Bäumen eine Grube auszuheben«, wies einer der Zwergenwächter an.
    »Kaum hat man ein paar Hundert der eigenen Männer auf dem Gewissen, schon ist man General. So schnell geht das«, knurrte der ältere Zwerg, der mit Milo zusammen im Käfigwagen gesessen hatte, seinen Söhnen zu.
    »Kommt, an die Arbeit!«, grölte der Zwergenwächter. »Wir wollen fertig sein, bevor die Sonne untergeht.«
    Milo und die anderen wurden ein Stück abseits zwischen die Bäume geführt, wo sie zu graben begannen. Wie Dorimbur es gesagt hatte, war die Erde locker und einfach abzutragen. Nach einer Stunde hatten sie bereits ein Loch von zwanzig mal dreißig Fuß und drei Fuß Tiefe ausgehoben. Milo schätzte, wenn sie noch einmal dasselbe schafften, wäre es groß genug, um alle Zwergenleichen hineinzulegen. Noch einmal drei Fuß mehr, und es würde auch für die Gefangenen reichen.
    Als es dämmerte, war die Grube gute zehn Fuß tief. Vier der Menschen waren zwischenzeitlich vor Erschöpfung zusammengebrochen. Dorimbur hatte sie von seinen Männern an den Rand der Grube legen lassen und sich nicht weiter um sie gekümmert. Milo hatte Glück gehabt. Dank seiner Größe hatte er nicht lange schaufeln müssen, sondern war mit einigen anderen dabei, die Erde aus dem Loch in großen Eimern entgegenzunehmen und oben auf einen Haufen zu schütten.
    Dorimbur war mittlerweile bestimmt das zehnte Mal den Treck von vorn bis hinten entlanggeritten, und hatte seine Männer inspiziert und ihnen Befehle erteilt. Er redete gerade, auf seinem Pony sitzend, mit einem der Wagenlenker etwas weiter vorn, als plötzlich einer der Wachmänner ins Horn stieß.

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