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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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zeugte vom Hieb eines Elfensäbels. Der Schnitt verlief vom Auge, quer über die Nase bis hinunter zur Wange. Das Blut hatte seinen Bart rot gefärbt, und in seiner Schulter steckte ein Pfeil.
    Rugor rutschte von der Kante und fiel vor Milo und Nelf auf den Waldboden, ohne dass sie überhaupt nur versuchten, den toten Körper aufzufangen. Sie starrten ungläubig auf den Zwergenleichnam, der sich hinter dem Wächter erhoben hatte.
    »Ihr dreckiges Pack, ihr habt ihn fallen gelassen!«, brüllte der Bärtige, ohne zu ahnen, was hinter ihm geschah. »Ich hatte euch gewarnt.«
    Er griff nach seiner Peitsche, doch bevor er Schwung holen konnte, um Milo und Nelf eine Lektion zu verpassen, packte ihn der untote Zwerg von hinten und rammte ihm einen Dolch in die Brust. Im Todeskampf stürzte er vom Wagen und riss den Untoten mit sich. Der Zwerg brüllte ein letztes Mal auf, dann grub sich die Klinge erneut tief in seinen Körper, und er verstummte.
    Sofort waren die anderen Wachen alarmiert. Mit gezückten Waffen sprangen sie herbei, um zu sehen, was ihrem Kameraden passiert war. Milo und Nelf wichen entsetzt zurück und gaben den Zwergenwachen den Weg frei. Für einen Moment waren die Bärtigen genauso überrascht und von der Situation überfordert wie die beiden Halblinge. Verwirrt und verängstigt starrten sie auf einen toten Zwerg, der auf der Brust eines anderen toten Zwerges hockte und mit einem kurzen breiten Dolch wie von Sinnen auf ihn einstach.
    Als sich die Wachen gefasst hatten, war es bereits zu spät. Vom Wagen erhoben sich weitere tote Zwerge, ihre schartigen Klingenin den blutigen Händen, bereit, sich auf ihre lebenden Kameraden zu stürzen. Sie stürzten sich vom Wagen aus auf die Wächter und hieben mit ihren Waffen auf sie ein, sofern sie noch welche besaßen, oder bissen sie einfach.
    Ein lebender Zwerg war zwar nicht schwächer als ein toter und vielleicht sogar etwas behänder, aber dafür fühlten die Toten keinen Schmerz und empfanden keine Angst und auch kein Mitleid. Außerdem war das Verhältnis schlecht, und es wurde von Sekunde zu Sekunde schlechter.
    Die übrigen Gefangenen rannten in Panik davon und verschwanden im Dickicht des Waldes.
    Milo sah, wie sich aus der Grube weitere Untote erhoben, zwischen ihnen sogar ein Mensch. Noch immer lagen tote Zwergenkörper auf dem Karren. Doch unter denen regte sich nichts. Was an ihnen anderes war als bei denen, die sich erhoben hatten, oder ob sie auch noch zu Untoten werden würden, wusste Milo nicht. Aber eines wusste er, er würde nicht mehr lange genug bleiben, um es herauszufinden. Er packte Nelf an der zerrissenen Jacke und zog ihn mit sich.
    »Komm schnell, auf den Käfigwagen!«, rief er ihm zu.
    Im Nu saßen sie auf dem Kutschbock, und Milo gab den Ponys die Peitsche, während Nelf den Wagen querfeldein durch den Wald lenkte. Nicht ein einziger Bolzen wurde auf sie abgegeben, um ihre Flucht zu vereiteln. Stattdessen hörten sie die Schreie der Zwerge, die um ihr Leben kämpften.
    Nelf lenkte den Wagen immer tiefer in den Wald hinein. Hinter ihnen blieb eine breite Spur aus niedergewalzten Farnen und zerdrückten Büschen zurück.
    »Es wird leicht sein, uns zu verfolgen«, erkannte Milo.
    »Fragt sich nur, wer uns verfolgen wird«, erwiderte Nelf.
    »Hauptsache, ihr habt den Schlüssel für diesen verdammten Käfig nicht vergessen«, brummte jemand von hinten.
    Dorn saß auf der niedrigen Bank und klammerte sich an die Gitterstäbe.

40. DER WISSENDE
    Der Wissende sprach in die Dunkelheit hinein. Es wäre ein Leichtes für ihn gewesen, den Raum, in dem er stand, trotz seiner Größe zu erhellen, doch er wusste, dass es seinem Gegenüber schwerfiel, ihn zu akzeptieren. So entschied er, dass es besser war, dieses Gespräch nicht von Angesicht zu Angesicht zu führen. Er hatte sich zu lange darauf vorbereitet, um sich jetzt noch einen Fehler leisten zu können.
    »Nun ist es bald so weit. Du solltest deine Bedenken mir gegenüber ablegen. Immerhin war nicht ich es, der dich hierhergebracht hat. Du bist selbst dafür verantwortlich. Alles, was ich tue, ist, dir einen Ausweg zu bieten. Nimm ihn an, und du wirst ein Dasein führen, das deinem alten Leben ebenbürtig ist. Das verspreche ich dir.«
    Der Wissende wartete auf eine Reaktion, aber sie blieb aus.
    »Wenn es daran liegt, dass ich bin, was ich bin, kann ich dich beruhigen. Hilf mir, mein Ziel zu erreichen, und ich werde sein, was immer du möchtest. Es gibt kein Zurück mehr, weder für dich

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