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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Einfluss auf dieser Welt verloren. Irgendwann waren sie ganz verstummt. Dies hinderte die Priester der Menschen, Zwerge, Elfen, Halblinge und selbst die der Grünbluter aber nicht daran, weiterhin an Ritualen festzuhalten. Zu groß war die Angst davor, dass sie ihren Einfluss verlieren würden. Das erste Mal seit Anbeginn aller Zeiten waren sich die Kleriker der verschiedenen Völker einig. Sie wollten ihre Macht nicht einbüßen, koste es, was es wolle. Aber wie sollten sie den mächtigen Einfluss und die Wunder der Götter kompensieren? Hier kamen die Magier ins Spiel. Vor mehr als tausend Jahren, im Zeitalter der Verblendung, war unsere Zunft vom Aussterben bedroht. Damals lebten wir Magier in ständiger Furcht, unser Wissen an niemanden weitergeben zu können. Also ließen wir uns auf einen ungleichen Handel ein. Die Priester finanzierten unsere Forschungen, gaben uns die Abgeschiedenheit, die wir benötigten, und versorgten uns mit dem Wissen über die Götter. Dafür nutzten sie unsere Magie, um es so aussehen zu lassen, als seien die Götter noch unter uns. Wir sorgten für kleine Wunder, erfanden Möglichkeiten der Heilung und ließen die Priester an unseren Vorahnungen teilhaben. Was für ein jämmerliches Leben! Niemand wusste, dass eigentlich wir es waren, die den Glauben an die Macht der Götter aufrechterhielten. Wir verkümmerten in den Augen der Völker zu reinen Gauklern und Scharlatanen.
    Mich baten sie, die verbotenen Schriften zu schützen und dafür zu sorgen, dass niemand sie je in die Hände bekäme. In den Texten stieß ich auf die Geschichte der Götter und den Verrat des Zweitgeborenen. Es war ein Leichtes für mich, herauszufinden, wo in unserer Welt dieser Verrat begangen worden war. Ich kam hierher in den Düsterkrallenwald, fand das Blut des Zweitgeborenen und verstand es, es zu nutzen. Ich züchtete einen Gott, wie ich zuvor schon Dutzende von Golems zum Leben erweckt hatte. Und ich machte mir seine Macht zu Nutze. Der Verblender. Ichstreue seine Gabe im ganzen Land aus, und jedes Volk saugt sie auf wie ein Schwamm das Wasser. Aber das Beste daran ist, dass die Verblendung nicht nur alles Leben beeinflusst. Ihr Einfluss geht weit darüber hinaus.
    Wenn ein Gedanke in den Köpfen zu einem unstillbaren Drang wird, kennt seine Macht keine Grenzen. Ab einer gewissen Konzentration erlangt dieser Drang die Fähigkeit, selbst die Toten zu beleben. Das Blut des Zweitgeborenen ist wie ein Licht in der Dunkelheit, das die Motten anlockt. Und in diesem Moment kommen sie zu Tausenden. Jeder Sterbliche, den sie töten, wird wieder auferstehen. Ich verfüge über eine Armee, die mit jedem Opfer größer wird. Bald wird mir dieses Land gehören, dann die umliegenden Königreiche und schließlich die ganze Welt. Dann ist es so weit: Alle werden mich als ihren Gott anbeten.«
    Nelf zwängte sich neben Milo ans Gitter. Das Blut aus seiner Wunde sickerte mittlerweile unter der Achsel heraus und verfärbte die Ärmel seines Hemdes rot. Er spuckte dem Magier vor die Füße.
    »Niemand aus dem Volk der Halblinge würde jemals zu einem Langbein beten. Nicht einmal die Grünbluter würden sich von einem altersschwachen, größenwahnsinnigen Zauberer hinters Licht führen lassen. Lass mich aus diesem Käfig, und ich werde dir zeigen, wie göttlich du wirklich bist, Opa.«
    Othman kniff die Augen zusammen und betrachtete den Halbling misstrauisch. Dann trat er beiseite, um das Licht des anbrechenden Tages auf den Käfig fallen zu lassen. »Das ist nicht Bonne Blaubeers«, sagte er zu Aschgrau, der ahnungslos mit den Schultern zuckte.
    »Die sehen doch alle gleich aus«, rechtfertigte sich der Tunnelgnom.
    »Sagte eine Eichel zur anderen«, kommentierte Othman die Aussage seines Assistenten.
    Milo sah dem Gnom an, dass er versuchte, die Worte seines Meisters zu verstehen oder notfalls zu entkräften. Aber ihm schien der Schneid zu fehlen, seinem Meister zu trotzen.
    Plötzlich wurde Nelf in die Höhe gehoben. Er schwebte eine Handbreit über dem Boden des Käfigs. Othmans Gesicht verriet, dass es ihn nicht viel Kraft und Konzentration kostete, diesen Zauber zu wirken.
    »Du willst aus dem Käfig heraus? Dann komm doch«, sagte Othman. »Ich habe gehört, Halblinge sind wie Mäuse. Sie passen durch die engsten Ritzen und stecken ihre Nase in Sachen, die sie nichts angehen.«
    Othman machte eine Handbewegung und zog Nelf dichter zu sich heran. Der Halbling stieß gegen die Gitter. Der Zauber drückte ihn so fest

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