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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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gegen die Eisenstangen, dass ihm beinahe die Knochen brachen.
    »Du musst schon etwas mithelfen«, sagte Othman vollkommen gelassen.
    Nelf wurde noch fester gegen das Eisen gedrückt. Sein Gesicht war zu einer Fratze verzogen. Er wollte etwas sagen, aber heraus kam nur ein Grunzen.
    »Aufhören!«, brüllte Rubinia und sprang auf. Aber Othman reagierte nicht. Er verdrehte die erhobene Hand, und Nelf rollte an den Eisenstäben entlang.
    Rubinia und Milo versuchten, ihn festzuhalten, aber sie hatten der Kraft des Zaubers nichts entgegenzusetzen. Nelfs linkes Bein rutschte durch die Gitterstäbe. Seine Gürtelschnalle verhakt sich und schnürte dem Halbling den Bauch ab. Milo und Rubinia versuchten, ihn zurückzuziehen. Nelf schrie vor Schmerzen. Dann riss der lederne Gürtel, und der Halbling schoss durch die Gitter. Milo hörte, wie Nelfs Arm brach, als er ihn nicht rechtzeitig an den Körper anlegte. Eines seiner Ohren wurde blutig gescheuert. Er und Rubinia schrien gleichermaßen. Nur Milo stand da und beobachtet Meister Othman. Wie konnte er sich sein ganzes Leben so in dem Magier getäuscht haben? Er hatte als Baby auf Othmans Schoß gesessen und ihn später bewundert für die vielen Zaubertricks, die er im Dorf bei Festen vorgeführt hatte.
    Othman ließ den schreienden Nelf wie einen Ballon an einemunsichtbaren Band vor sich schweben. Er ließ ihn hinüber zum Balkon gleiten, über die Brüstung hinaus. Dann schloss Othman die Hand zu einer Faust   – und Nelf stürzte in die Tiefe. Die Schreie des Halblings verklangen.

46. DORN
    Der Morgen graute bereits, und mit der Dunkelheit der Nacht waren auch die Grünbluter verschwunden. Schrak hatte, nachdem Milo nicht wiedergekommen war, entschieden, dass es sicherer war, den Ahnen schon so weit wie möglich vor der Lichtung entgegenzutreten. Er hatte sich nicht anmerken lassen, dass er den Magier im Turm fürchtete, aber Dorn hatte die Zweifel im Gesicht des Trolls gesehen. Immer wieder hatte Schrak verstohlen zum Krähenturm hinübergeblickt.
    Trolle fürchteten Magier seit jeher. An Kraft und Schnelligkeit waren diese Hünen den besten Kriegern jedes anderen Volkes weit überlegen, aber gegen Magie waren sie anfällig. Schrak wäre nicht so alt geworden, wenn er sich das nicht zu Herzen genommen hätte. Die Grünbluter hatten ihre Taktik im Kampf so ausgerichtet, dass es schwer war, Magie gegen sie anzuwenden. Die Völker Hadars bildeten keine geordneten Truppen, denen Gleichschritt und schwierige Kampfmanöver im Blut lagen. Sie rotteten sich lieber zu kleinen Trupps zusammen und griffen schnell und erbarmungslos an, sobald sich die Chance dafür ergab. Somit blieb für Magieanwender wenig Zeit, einen Zauber zu wirken. Vorrangig nahmen sich die Grünbluter unterlegene oder verstreute Feinde, die sie ohne große Gegenwehr dahinmetzeln konnten, als Ziel. Viele von Dorns Kameraden behaupteten, die Grünbluter seien feige, aber das stimmte nicht. Die Grünbluter waren effizient, auch wenn wahrscheinlich kaum einer von ihnen wusste, was das Wort überhaupt bedeutete. Das Verhältnis von getöteten Gegnern zu gefallenen Orks und Goblins gab ihnen Recht. Geschichten über zu Fall gebrachte und getötete Trolle hörte man immer wieder, aber die, die sie erzählten, waren Männer, die auch von Meeresdrachen und Rubinen so groß wie Kinderköpfe sprachen. Dornkannte auf jeden Fall niemanden, der gegen einen Troll gekämpft hatte und davon erzählen konnte. Zum Glück gab es kaum mehr Trolle als große Magier.
    Je heller es wurde, desto lauter wurde der Kampfeslärm. Das konnte nur bedeuten, dass die Untoten die Grünbluter langsam auf die Lichtung zurücktrieben. Wenn es stimmte, was Schraks Späher berichtet hatten, standen tausend Grünbluter etwa zehntausend Ahnen gegenüber. Wenn man dann noch berücksichtigte, dass ein untotes Wesen nicht zu Boden ging, nur weil man ihm einen Fuß Stahl durch den Körper rammte, und es auch keine Angst bekam, nur weil seine Gefolgsleute zur Linken und Rechten abgeschlachtet wurden, konnte man sich ausrechnen, wie ungleich der Kampf war. Und diese nahenden zehntausend sollten nur die erste Welle sein.
    Dorn saß in der Mitte des Gefängniswagens. Schrak hatte die beiden Halblinge in den Turm geschickt und ihn zum Verrotten hinter Gittern sitzen lassen. Hungrig, durstig und unbewaffnet, konnte er nur dasitzen und auf sein Ende warten. Mit etwas Glück würde er von einem der Ahnen mit einem Speer aufgespießt werden, anstatt lebendig

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