Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Worte.«
Dorn hob die Klinge aus dem feuchten Gras. Als er wieder aufsah, hatte sich das Aussehen des Trollgenerals verändert. Die rissige dunkle Haut war grau geworden und hatte auch den geringen Glanz, den sie vorher besessen hatte, noch eingebüßt. Er war in der Bewegung erstarrt, und die funkelnden Augen bildeten nur noch zwei dunkle Flecken in einer verzerrten Maske. Der triefende Geifer hing wie ein matter Eiszapfen aus dem weit aufgerissenen Maul. Schrak war zu Stein geworden. Das Tageslicht hatte seinen Fluch über ihn geworfen.
Jetzt verstand Dorn, was Schrak ihm hatte sagen wollen. Das Schicksal, dass ihm bevorgestanden hätte, drohte nun auch dem mächtigen Grünbluter. Wenn es stimmte, was man sich über die Trolle erzählte, würde Schrak bis zum Einbruch der Dunkelheit versteinert bleiben. Erst dann würden die Lebensgeister in ihn zurückkehren, wenn nicht jemand die Gunst der Stunde nutzte und ihn vorher zerschmetterte. Er schien darauf zu hoffen, dass Dorn ihm dieses Schicksal ersparte, wie auch er ihn gerettet hatte.
Söldner waren alles andere als Ehrenmänner, und den Tod eines Trolls verzeichnen zu können, hätte ihm sicherlich einiges an Ansehen unter seinesgleichen gebracht. Dorn wog die Klinge in seiner Hand. Ein gezielter Schlag, und er hätte das erreicht, wovon viele seiner Kameraden träumten, auch wenn es nicht eine einzige Münze einbrachte. Er hob die Klinge, holte zum Schlag aus – und ließ sie wieder zu Boden sinken. Er war vielleicht kein Ehrenmann, aber wenn es etwas gab, was ihn und Schrak verband, war es die Angst davor, einen Tod zu erleiden, der eines Kämpfer unwürdig war.
Es war die Stimme eines Halblings, die ihn endgültig davon überzeugte, den Troll zu verschonen.
»Wage es ja nicht, hierherzukommen, du laufender Suppenknochen!«, schrie Bonne. »Ich werde dich an Nuberts Köter verfüttern. Der vergräbt dich, nachdem er alles Fleisch von deinen Knochen genagt hat, in Einzelteilen zwischen dem Weißkohl. Dann ist es vorbei mit diesem Herumgestolpere und Gestöhne.«
Die Kette, die Bonne an den Pfahl band, war straff gezogen. Der Halbling versuchte, so viel Abstand zwischen sich und den heranschleichenden Untoten zu bringen wie möglich. Der Unhold sah aus wie ein Bauer aus dem Norden. Er hinkte leicht, und seine Arme hingen schlaff herab. Die Kleidung, ein dunkelgrüner oder brauner Überwurf, war von Löchern zerfressen. Die bis auf Kniehöhe verrotteten Hosenbeine gaben den Blick auf zwei skelettierte Unterschenkel frei. Nur die lederne Kappe, die den Kopf des Wesens bedeckte, sah noch tadellos aus.
Dorn blickte zu dem versteinerten Troll auf und tippte ihm mit der Orkklinge gegen die Stirn. »Sobald ein Zwerg mit einem Hammer auftaucht, tot oder nicht, werde ich ihn dir vom Leib halten. Doch es gibt noch andere, die ebenso hilflos sind wie du, und denen ich mich verbundener fühle. Lauf also nicht weg.«
Dorn rannte los, um Bonne zu Hilfe zu eilen. Zwei weitere Untote, angelockt von dem Gezeter des Halblings, hielten auf den kleinen Kerl zu.
Bonne tänzelte um den Pfahl herum wie ein wildes Pony, das sich nicht zähmen lassen wollte. Er hatte ein Messer gezückt, so eines, das Halblinge ständig bei sich hatten, um Pilze zu sammeln oder einen Apfel zu zerteilen. Als Waffe gegen die Ahnen war es sicherlich komplett ungeeignet.
Der untote Bauer sah Dorn noch nicht einmal heranstürmen. Im Vorbeilaufen schwang er sein Schwert und trennte den Kopf der Kreatur mit einem einzigen Schlag ab. Die Kappe saß auch noch auf dem Haupt, als der Kopf durchs hohe Gras rollte. Dorn sah noch drei weitere Ahnen, die auf die Lichtung traten. Zwei von ihnen trugen Langschwerter und Kettenrüstungen. Sie bewegten sich auffällig flink.
Es stimmte also, was man sich über die wandelnden Toten erzählte. Sie konnten nur mit auf die andere Seite hinüberretten, was ihnen in Fleisch und Blut übergegangen war. Ein einfältiger Bauer würde auch als Toter nichts anderes sein, und ein Kämpfer war ein Kämpfer – vor und nach seinem Tod. Das alles galt natürlich nur, solange der Körper mitspielte. Bei den beiden Gerüsteten schien das aber der Fall zu sein.
Dorn erreichte Bonne, der ihn freudestrahlend ansah.
»Guter Schlag«, sagte er. »Ich hätte ihn zwar auch fertig gemacht, aber das wäre hässlich geworden.«
»Schwatz nicht rum«, keifte Dorn ihn an. »Wickel die Kette zweimal um den Pfahl und zieh sie stramm. Ich werde versuchen, sie durchzuhacken.«
Bonne
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