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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Marmorplatte gab nach wie die Hülle eines leeren Kokons und stürzte in sich zusammen.
    Dorn stutzte einen Augenblick, wie einfach es war, die Totenstätte zu öffnen, doch dann fuhr er fort, die übrigen Deckel einzuschlagen. Eine Kammer nach der anderen fiel der Grabschändung zum Opfer, und innerhalb weniger Minuten waren alle geöffnet.
    Senetha stützte sich auf ihren Wurzelholzstab und wartete, bis Dorn mit seiner Arbeit fertig war. Erst dann widmete sie sich den Grabstätten und ihren Insassen.
    Dorn schielte unterdessen angewidert zu Boden. Sicherlich hatte er keine Probleme damit, Tote zu sehen, doch sie in ihrer Ruhe zu stören war etwas anderes und verstieß gegen die Prinzipien eines Kriegers.
    Senetha inspizierte zuerst die untenliegenden Grabstätten, schien aber wenig angetan von dem, was sich darin verbarg. In der mittleren Reihe stieß sie dann endlich auf etwas Vielversprechendes.
    »Dieser hier«, sagte sie und wartete auf irgendeine Reaktion von Dorn, die aber ausblieb.
    »Dieser hier«, wiederholte sie energisch. »Zieh ihn schon raus.«
    Dorns Gesichtsausdruck zeigte wenig Vorfreude. Widerwillig riskierte er einen Blick in die Grabstätte. Nach ein paar zögerlichen Handgriffen packte er die skelettierten Füße des Leichnams und zog vorsichtig.
    »Er hält sich fest«, sagte Dorn nach einem Moment.
    »Er hält sich nicht fest«, versicherte Senetha ihm. »Er ist tot, also gib dir etwas mehr Mühe.«
    Dorn versuchte es erneut, diesmal energischer. Es gab ein Geräusch wie brechendes Reisig, als der Krieger plötzlich zurücktaumelte und beinahe über die am Boden verstreuten Marmorbruchstücke stolperte. Mit eisigem Blick starrte er einen Moment auf die zwei Skelettfüße in seinen Händen, dann ließ er sie fallen.
    »In dem Grab ist nichts. Lass uns ein anderes nehmen«, schlug er vor.
    Senetha wollte den Krieger nicht auf eine Probe stellen, die er nicht gewinnen konnte, und machte sich daran, ein anderes lohnenswert scheinendes Grab zu finden. Schnell hatte sie eines in der oberen Reihe entdeckt und zeigte zielsicher in die düstere Nische.
    Dorn, der mehr als einen Kopf größer war als die Zauberin, schaute missmutig hinein.
    »Der liegt anders herum und auf dem Bauch«, stellte er mürrisch fest. »Will ich jedenfalls hoffen«, fügte er murmelnd hinzu.
    Seine Hände umklammerten den völlig kahlen Schädel. Mit äußerster Vorsicht begann Dorn, die sterblichen Überreste herauszuziehen. Zoll für Zoll befreite er den Leichnam aus seiner letzten Ruhestätte. Als er ihn bis zum Oberkörper herausgezogen hatte, rutschte plötzlich ein silbernes Amulett unter dem Toten heraus. Frei baumelnd hing es an einer rostigen Kette, die um den Hals des Skelettes geschlungen war.
    »Wusste ich es doch«, zischte Senetha. »Das wird uns ein gutes Sümmchen einbringen.«
    »Oder ein Jahr im Kerker von Zargenfels bei Wasser und Brot«, brummte Dorn und schob die sterblichen Überreste hastig zurück in das Grab. »Still! Da kommt jemand.«
    Senetha zog schon zu lange mit Dorn umher, um seine fast beiläufigen Warnungen zu ignorieren. Der Krieger hatte ein unglaubliches Gespür für drohende Gefahren. Es war nicht das erste Mal, dass seine Sinne sie beide retteten. Mit einer kurzen Handbewegung wies sie ihn an, sich neben dem Eingang zu postieren. Sie selbst riss das Medaillon vom Hals des Toten, und ließ es in ihrem Ausschnitt verschwinden. Dann riss sie sich ein Stück ihres dunkelblauen Unterrockes heraus, legte es wie einen Schleier über den Kopf und begann, leise zu wehklagen.
    Einen Herzschlag später reckte sich ein ungepflegtes, aber offiziell aussehendes Gesicht durch den Eingang zur Gruft.
    »Was in Regors Namen geht hier vor?«, schnauzte er mit der altbewährten Unfreundlichkeit einer Stadtwache.
    Senetha spielte weiter die trauernde Ururenkelin und hoffte, ihr Plan würde aufgehen. Dorn stand mit gezogenem Kurzschwert dicht an die Wand gedrückt neben dem Eingang und hoffte ebenfalls auf das schauspielerische Talent seiner Gefährtin. Sein Vertrauen war jedoch nicht groß genug, um den Schwertarm sinken zu lassen und einen Schritt zurückzutreten.
    »Das solltest du dir ansehen, Jorge«, grunzte der Mann von der Stadtwache. »Wir haben eine trauernde Witwe, die ihrem Mann die letzte Ruhe nicht gönnt. Was sagst du dazu?«
    »Genau wie meine Alte, die kann es auch nicht ertragen, wenn ich irgendwo faul herumliege«, rief sein Kollege von draußen. »Mach nicht so ein Gewese darum und hol die

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