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Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)

Titel: Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Halblinge waren dafür bekannt, nicht gern zu reisen, und böse Zungen behaupteten, sie seien sesshafter als Baumflechten und schwerer loszuwerden als Bandwürmer. Halblingen stand eben nicht der Sinn nach Abenteuern, und so lehnte eine Großfamilie nach der anderen dankend ab. Als Grund dafür gaben sie die unterschiedlichsten Dinge an: Man warte noch darauf, dass eine Kuh kalbte, dann war es ein Schaf und danach irgendein anderes Tier. Mal war es der Bau eines neuen Ofens, den man nicht zurücklassen wolle, mal die ausstehende Ernte, die noch eingebracht werden musste. Für Halblinge gab es immer einen Grund, ihre Heimat nicht zu verlassen, und war er noch so nichtig. Erst auf Drängen der anderen Völker entschied man sich, aus jeder der sechs großen Siedlungen eine Familie zu entsenden. Dass die Wahl auf die Familien mit dem wenigsten Ansehen traf oder auf diejenigen, derer man sich gern entledigen wollte, lag auf der Hand.
    Somit zogen die Butterblums, die Bollwerks, die Furtfußens, die Blaubeers, die Grünblatts und die Findlings nach Graumark indas riesige Waldgebiet namens Düsterkrallenwald. Insgesamt waren es zweihundertzweiundzwanzig Halblinge, die auszogen, ein neues Leben zu beginnen. Als sie Graumark nach wenigen Wochen erreichten, zählten sie bereits zweihundertsechsunddreißig. Halblinge liebten große Familien.
    So entstand das Dorf Eichenblattstadt, und im Laufe der Zeit schwand das Wissen um die Hintergründe und die Anfänge. Ein Schleier von Bedeutungslosigkeit und Desinteresse legte sich über alles. Graumark verschwand im Schatten seiner Herkunft.
    »Was ist, passen Euch meine Ratschläge nicht?«, lallte der Händler im Rücken des Reisenden. »Ihr könntet ruhig ein wenig freundlicher sein, wenn ich schon auf Eure Fragen Rede und Antwort stehe.«
    Der Reisende hatte den Händler schon fast wieder vergessen. Für ihn war der Mann nur so etwas wie ein Stein am Wegesrand   – war er besonders, oder funkelte er, lohnte es sich, einen zweiten Blick zu wagen, ansonsten schritt man an ihm vorüber, ohne überhaupt zu bemerken, dass er dort lag.
    »Was wollt Ihr? Ihr habt ein Bier bekommen, das sollte genügen für die verschrobenen Ansichten eines verbitterten Mannes, aus dem der Neid spricht. Ich schlage vor, ich lasse Euren Becher noch einmal füllen, und Ihr versucht, den Groll in Euch darin zu ertränken. Darin scheint Ihr besser zu sein denn als Ratgeber.«
    Für einen Moment herrschte Schweigen. Selbst der Wirt hatte aufgehört, seine Gläser zu polieren, und wischte stattdessen konzentriert auf dem Tresen herum, um der Unterhaltung folgen zu können.
    »Ach, darin besteht das Problem«, schnaubte der Händler aufgebracht.
    »Ich habe kein Problem, weder mit Euch noch mit Euren Ansichten. Probleme pflege ich zu lösen. An Euch gehe ich einfach nur vorbei und habe Euch bereits vergessen, wenn ich mich noch einmal umsehe«, fuhr der Reisende ihn an, ohne sich jedoch von seinem Becher Rotwein abzuwenden und den Mann anzublicken.»Bitte nehmt es mir nicht übel, wenn ich mir meine eigene Meinung bilde.«
    Dem Wirt war die Anspannung in dem Gespräch nicht entgangen. Zu oft schon hatte sich aus solch einem Wortgefecht eine handfeste Auseinandersetzung entwickelt. Auch wenn es häufig nicht so aussah, betrieben die meisten der Gastwirte ihre Geschäfte, um sich ihren Lebensunterhalt zu sichern und für sich und ihre Familie am Ende des Tages ein paar Münzen übrig zu haben. Eine Schlägerei mit allerhand zu Bruch gegangenem Mobiliar und zerschlagenen Fenstern, Krügen und Flaschen konnte schnell den Verlust aller Einnahmen eines Monats bedeuten. Im Falle dieser Schenke vielleicht eines Wochenlohns, was nicht an den hohen Einnahmen lag   …
    Zielsicher steuerte der Wirt hinter seinem Tresen hervor, auf den Tisch des Händlers zu und füllte den Bierkrug erneut. Er schien zu hoffen, dass er sich wie die meisten Menschen lieber betankt, als einem anderen Gast Stuhlbeine über den Schädel zu ziehen. Diese gewagte These stand jedoch auf umso wackligeren Beinen, je mehr Essen, Trinken und das Aussehen der Schankmaid zu wünschen übrig ließen. Der Wirt nickte dem angetrunkenen Händler freundlich animierend zu und deutete auf das schale, trübe Gebräu.
    Der aufgebrachte Gast beachtete ihn kaum.
    »Ah, jetzt verstehe ich, Ihr denkt, Ihr habt es hier mit ein paar Hinterwäldlern zu tun, die nicht verstehen, was um sie herum vorgeht. Ich kann Euch versichern, dass es nicht so ist. Ich habe schon

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