Der Düsterkrallenwald: Roman (German Edition)
Augenblick sprachlos. Tunnelgnome waren nicht gerade für ihre Hilfsbereitschaft, geschweige den für ihre Opferbereitschaft bekannt.
Oda holte sie aus ihrer Verwunderung. Aschgrau bekam ein einfaches Danke und Rubinia einen stützenden Arm.
»Geht schon weg«, zischte Aschgrau. »Ihr müsst nach Eichenblattstadt. Na los!«
Der Tunnelgnom ließ keinen Zweifel daran, dass er es ernst meinte. Er wollte sich tatsächlich allein den Zwergen stellen, undoffenbar schien er davon auszugehen, heil aus der Sache herauszukommen. Gegen so viel Zuversicht aus dem Mund eines Tunnelgnoms war einfach kein Kraut gewachsen. Tief gebückt, schlugen Rubinia und Oda sich ins Unterholz am Wegesrand. Rubinia traute sich nicht, sich noch einmal nach Aschgrau umzudrehen. Sie hatte Angst, anstatt Zuversicht Zweifel in seinem Gesicht erkennen zu können.
14. MILO
Milo drehte den Kopf und warf einen beunruhigten Blick über die Schulter. Dann pustete er aus, als ob eine Last von ihm genommen worden wäre, um einen Augenblick später wieder ein verdrießliches Gesicht zu machen. Diese Prozedur hatte er seit den frühen Morgenstunden schon einige Dutzend Mal hinter sich gebracht.
»Was ist los mit dir?«, fragte der Goblinkrieger. Augenscheinlich hatte er wenig Verständnis für Milos Verhalten. »Er hat gesagt, dass er dich laufen lässt, und das hat er getan. Wo ist also das Problem?«
Xumita Latorinsis hatte ihn tatsächlich laufen lassen und ihm zum Schutz sogar noch einen Goblinkrieger mitgegeben. Milo befürchtete jedoch, dass es eine Falle sein könnte oder der Schamane nur mit ihm spielte. Nizzak hieß dieses dürre grünhäutige Geschöpf, das nicht aufhören wollte zu reden und ihn bis zum Rand des Waldes begleiten sollte.
»Es gibt kein Problem«, sagte Milo.
»Du hast Angst, dass sie uns verfolgen«, zischte er. »Das kränkt mich.«
Milo sah seinen Begleiter verständnislos an. »Was interessiert es dich, ob ich mir Sorgen um mein Leben mache?«
Jetzt machte der Goblin einen verärgerten Eindruck.
»Du fürchtest die, die uns folgen könnten, mehr als mich. Was ist so anders an ihnen? Denkst du, ich bin schwächer als sie? Hier, sieh mich an. Ich habe ein Schwert und einen Bogen. Ich bin ein großer Goblinkrieger und einer der besten Jäger meines Clans. Sag mir also, was fürchtest du an ihnen mehr als an mir?«
Milo konnte wenig darüber sagen, wie gut dieser kleine Kerl als Jäger war, aber eines wusste er: Mit dem übergroßen Brotmesser und dem selbstgezimmerten Bogen aus Weidenholz hätte sich derGoblin noch nicht einmal gegen die Kinder Eichenblattstadts behaupten können. Aber wie sollte er das in Worte fassen, ohne den Grünling noch weiter zu kränken?
»Ich habe vor dir natürlich genauso viel …« Er druckste herum, weil ihm das richtige Wort fehlte. »… genauso viel Respekt wie vor allen anderen Grünblutern. Aber es gibt einen Unterschied zwischen euch: Von dir weiß ich, dass du den Befehl deines Schamanen ausführen wirst. Bei den anderen … wer weiß? Vielleicht sind nicht alle mit seiner Entscheidung einverstanden und haben beschlossen, mich doch lieber zu töten.«
»Das ist totaler Humbug. Xumita hat gesagt, ich soll auf dich aufpassen, bis du den Wald verlassen hast. Würde er andere schicken, um dich zu töten, müsste ich sie alle umbringen. Außerdem hätte niemand aus dem Volk der Goblins den Mut, es mit mir aufzunehmen. Sie wissen nämlich, dass ich der größte Krieger bin, weil ich es ihnen erzählt habe.«
Der Kleine hatte ein gutes Selbstbewusstsein, befand Milo. Er hoffte, dass er es behalten würde, wenn plötzlich ein riesiger Troll mit einer Keule aus dem Unterholz brach, um sich sein Frühstück zu sichern.
»Nein, natürlich nicht«, lachte Milo verbittert. »Aber wenn doch, dann wollten sie wahrscheinlich nur mal sehen, ob es ihnen gelingt, einen Halbling und den besten Krieger ihres Clans zu erwischen. Etwas Böses wollen sie uns mit Sicherheit nicht tun. Trolle sind ja für solche Späße bekannt.«
Der Goblin winkte unbeeindruckt ab. »Trolle sind groß und dumm. Sie können Nizzak nicht das Wasser reichen.«
»Ja, aber nur, wenn sie es im Rücken haben und sich nicht bücken können«, flüsterte Milo zu sich selbst.
»Ich versichere dir, wir haben dich nicht gefangen genommen, um dich zu töten«, betonte Nizzak nochmals. »Hast du schon vergessen, dass Xumita etwas von dir will?«
»Du meinst diese Sache mit dem Gift, dem Erstgeborenen, den Toten, die ihren
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