Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman

Titel: Der Duft der Eukalyptusbluete - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
Vom Netzwerk:
liefen. Sie fiel neben ihm auf die Knie und berührte sein Gesicht, das eiskalt war. Hinter ihr hörte sie Meg hysterisch schluchzen. »Lass mich nicht allein, Dad«, wisperte sie verzweifelt. »Ich brauche dich doch. Bitte, lass mich nicht allein!«
     
    Die Stunden nach dem Unglück erlebte Abbey in einem Zustand dumpfer Benommenheit. Sie nahm kaum wahr, wie sie von einem Minenarbeiter zu ihrer Erdwohnung zurückbegleitet wurde und dass er ihr erklärte, der Leichnam ihres Vaters würde zu Herman Schultz, einem der Leichenbestatter der Stadt, gebracht. Später kamen einige Frauen aus der Nachbarschaft vorbei, um ihr ihr Beileid auszusprechen, aber Abbey nahm keine Notiz von ihnen. Erst als am Abend einer von den irischen Freunden ihres Vaters ihr zuredete, einen kräftigen Schluck Whiskey aus seiner Taschenflasche zu nehmen, gelang es ihr endlich, sich zusammenzureißen. Sie wischte sich die Tränen ab und dachte zum ersten Mal seit dem Nachmittag an Neals Mutter und seine Schwestern.
    Schweren Herzens machte sie sich auf den Weg zu der Erdwohnung, in der ihr geliebter Neal zu Hause gewesen war. Sie sorgte sich um die zarte, kränkelnde Meg. Wie würde sie mit ihren beiden Mädchen ohne Neal zurechtkommen, wovon wollten sie leben?
    Als sie an die Tür der Familie Tavis klopfte, öffnete niemand. Abbey schaute in die Wohnung – sie war leer, vollständig ausgeräumt. Verdutzt stand die junge Frau da. Was hatte das zu bedeuten?
    »Du willst sicher zu Meg, Abbey.« Vera Nichols, eine Nachbarin, kam aus ihrer Behausung und lief auf sie zu.
    »Ja. Können Sie mir sagen, wo sie ist, Mrs. Nichols?«
    »Sie wurde nach Clare ins Krankenhaus gebracht. Ich dachte, du wüsstest, dass man den Doktor zur Mine gerufen hat.«
    Abbey schüttelte fassungslos den Kopf. »Nein, das hab ich nicht gewusst.«
    »Das mit deinem Vater tut mir sehr leid, Kindchen«, sagte Vera sanft.
    Abbey, der von neuem die Tränen kamen, brachte kein Wort hervor. Sie nickte stumm.
    »Ich bin gleich mit meinem Dennis nach Haus gegangen, nachdem sie ihn aus dem Schacht heraufgeholt hatten«, fuhr Vera fort, »deshalb habe ich nicht mehr mit Meg gesprochen, aber ich habe gehört, dass der Tod ihres Sohnes sie ganz schön mitgenommen hat. Anscheinend geht es ihr gar nicht gut.«
    Abbey machte sich schreckliche Vorwürfe, dass sie so mit ihrem eigenen Kummer beschäftigt gewesen war, dass sie Meg darüber ganz vergessen hatte. Sie schniefte und schnäuzte sich. »Wie geht’s Mr. Nichols?«
    »So weit ganz gut. Wie durch ein Wunder ist ihm nicht viel passiert. Abbey, Beatrice Smythe hat mir gesagt, dass es sehr schlecht um Meg steht«, fügte Vera behutsam hinzu. Sie hielt es für besser, ehrlich zu dem Mädchen sein. »Der Arzt meint, ihr schwaches Herz verkraftet den Schock möglicherweise nicht. Wen wundert’s.« Sie stieß einen abgehackten Seufzer aus.
    Abbey schlug erschrocken die Hand vor den Mund. Dann fragte sie: »Was ist mit den Sachen von Meg und den Mädchen passiert?« Die Familie Tavis hatte nicht viel besessen, aber all ihre Habseligkeiten waren verschwunden, sogar Neals Kleidung. Abbey brachte es nicht über sich, seinen Namen zu erwähnen, weil sie wusste, sie würde unweigerlich einen neuerlichen Weinkrampf bekommen.
    »Beatrice und ich haben alles zusammengepackt und zu Beatrice gebracht. Wenn die Lumpensammler herausfinden, dass die Wohnung leer steht, wäre alles weg gewesen.«
    »Daran habe ich gar nicht gedacht«, murmelte Abbey. Meg ging ihr nicht mehr aus dem Sinn. Sie hatte das Gefühl, Neal im Stich gelassen zu haben, weil sie nicht für seine Mutter da gewesen war. »Ich hätte mich um Meg kümmern müssen. Ich hätte sie nicht alleinlassen dürfen …«
    »Mach dir deswegen keine Vorwürfe, Abbey. Meg weiß, dass du mit deinem eigenen Verlust fertig werden musstest. Bei ihrer angegriffenen Gesundheit ist es ja auch kein Wunder, dass sie einen so schweren Schlag nicht verkraften kann.«
    »Wer kümmert sich denn jetzt um Amy und Emily?«, fragte Abbey und wischte sich die Tränen ab. Die Zwillinge waren erst elf Jahre alt. »Wo sind die beiden überhaupt?«
    »Sie sind mit Meg gegangen«, antwortete Vera. »Wenn sie sterben sollte, was Gott verhüten möge, werden die Mädchen vermutlich in ein Waisenhaus in Clare oder Adelaide gebracht werden. Sie haben in Australien keine Angehörigen, und von uns hier ist niemand in der Lage, sie bei sich aufzunehmen. Was für eine schreckliche Tragödie! Wollen wir hoffen, dass die beiden

Weitere Kostenlose Bücher