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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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neuseeländischen Festland gehört, und die fürchterlichsten Gerüchte machten die Runde: dass man die Internierten schlecht ernähre, dass es zu viele seien und man sie daher auf alten Kähnen aussetze und in den japanischen Machtbereich tuckern lasse.
    »Ich will nicht nach Japan. Was würde aus meiner Mutter werden!«
    »Erstens musst du nicht nach Japan. Und zweitens würde ich mich natürlich um deine Mutter kümmern. Aber das sind doch alles nur Übertreibungen, was die Leute schwatzen.«
    »Ich bringe euch alle in Gefahr.«
    »Hör auf, solchen Unsinn zu reden!«
    Allerdings gab es Nachkommen einstiger deutscher Siedler, die tatsächlich von einem Tag auf den anderen verschwanden. Senji, der immer so ruhig und gelassen gewesen war, steigerte sich trotz Ilis Beruhigungsversuchen, vernünftigen Argumenten und Appellen immer weiter in die Vorstellung hinein, eines Tages würde man ihn genauso abholen, mit ungewissem Ziel fortbringen, und Ili würde ihn nie mehr wiedersehen. Wirtschaftliche Probleme taten ein Übriges. Die Ernte war zwar gut ausgefallen, doch man musste sie für schlechte Konditionen an die Neuseeländer abgeben.
    Ende Oktober – die Seeschlacht um die Salomon-Inseln
war gerade im Gange und die Nerven der Neuseeländer auf Samoa lagen blank – fuhr mitten in der Nacht ein Militärlaster vor. Es wurde heftig an der Tür geklopft, und Ili öffnete sie gerade noch rechtzeitig, bevor man sie eingetreten hätte.
    »Uns wurden Schüsse gemeldet«, sagte einer der schwer bewaffneten Soldaten aufgeregt.
    »Ich habe nichts gehört.«
    »Ein Japaner mit einer Maschinenpistole wurde gesehen. Bei Ihnen wohnt doch ein Japaner, nicht wahr?«
    »Ein Halbjapaner«, erwiderte Ili. »Und er lag friedlich neben mir im Bett.«
    »Wir müssen ihn mitnehmen.« Drei Soldaten drängelten sich an ihr vorbei, bevor sie etwas sagen oder tun konnte. Drei weitere standen im Garten, und einer von ihnen rief: »Da steigt jemand aus dem Fenster. Ich sehe ihn. Halt, stehen bleiben!« Er gab eine Salve in die Luft ab. Die drei Soldaten aus dem Haus kamen herbeigeeilt.
    »Er ist weg. Das muss er gewesen sein. Hinterher, los!«
    Sie rannten hinter einem Schatten her, und Ili rannte hinter ihnen her.
    Senji, dachte sie. Senji.
    Die Nacht war mondlos, fast schwarz. Man sah kaum die Hand vor Augen. Gestrüpp peitschte Ili ins Gesicht, sie trat auf spitze Steine, stolperte in Löcher, streifte Stämme, schürfte sich an Wurzeln auf. Als sie vom Klopfen geweckt worden war, hatte sie sich lediglich ein Tuch umgewickelt, das sie jetzt abwarf. Nackt rannte sie durch den finsteren Wald. Zwischenzeitlich hatten die Soldaten die Spur verloren, entdeckten erneut einen Schatten, schossen, schrien, schossen wieder, schrien wieder … Ili lief weiter, achtete nicht auf Schüsse. An einem baumlosen Küstenstreifen verlief in der Dunkelheit beinahe unsichtbar die Linie der Steilküste. Ili sah den dünnen Schatten auf die Linie zulaufen.
Senji. Sie wollte schreien, brachte keinen Ton heraus, und dann verschwand der Schatten, verschwand Senji hinter der Linie.
    Ili kauerte am Rand der Klippen, nackt, frierend, nass von der aufspritzenden Brandung. Sie atmete flach und gleichmäßig, als hätte man ihr soeben etwas Unabwendbares gesagt. Unten ragten drei spitze und zwei flache Felsen aus dem windbewegten Meer und wurden von den Wellen überspült, wieder und wieder.
     
    Man fand Senji nie.
    Ili saß noch am Morgen dort und starrte auf das Meer hinaus. In der Ferne zogen Wolkentürme vorüber, aus denen es blitzte, und der Wind wehte Sand und Gras an ihr vorbei in den Stillen Ozean. Das Kaleidoskop ihrer Gedanken stand still. Sie dachte nur an den Tag, als er sie zum Leben erweckt hatte, morgens im Hain, vor drei Jahren, vor einer Ewigkeit. Senji war wie ein liebes Gespenst aus dem Nichts gekommen – und war ebenso wieder darin verschwunden.
    Es war später Vormittag, und Ili saß noch immer auf den Klippen, als Moanas flatternde, dunkle Tücher die Sonne verbargen. Die Cousinen sprachen nichts, ihre Blicke verschmolzen ineinander, sie lasen in ihren Gesichtern, drangen in die Herzen und lasen auch dort, lasen Geschichten von Schmerz und Rache und Triumph.
    Du hast mir Senji weggenommen, las Ili, und nun habe ich ihn dir weggenommen.
    Wortlos stand Ili auf und versetzte ihr einen Schlag, der sie zu Boden warf. Moana wehrte sich, und sie rangelten am Rand der Klippen miteinander. Tino kam hinzu, sah, was vor sich ging, und lachte aus vollem

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