Der Duft der grünen Papaya
Haltung und Form achtete und seine Offizierspflichten ernst nahm. Er zeigte sich mit ihr. Sie gingen gemeinsam auf ein abendliches Fest in Tuilas Dorf Palauli. Die jungen Männer hatten drei Wildschweine und ein Dutzend Tauben gejagt, die nun von Bananenblättern umhüllt im umu ,
dem Erdofen, schmorten und zusammen mit den Brotfrüchten und Ananas einen verführerischen Duft erzeugten. Tuila hatte mit anderen Frauen Gräser, Blumen und Palmzweige gesammelt, die sie mit geschickten Fingern zu kunstvollen Halsketten aus Blüten und getrockneten Acerolakirschen flocht. Einen der duftenden Kränze, den schönsten, aus blassblauem und gelbem Flor, schenkte sie ihm. Sie saßen auf Essmatten, und die Bananenblätter waren ihr Tischtuch. Junge Männer und Frauen führten erotische Tänze auf, und einmal tanzte Tuila selbst. Ihre Hüften waren mit einem titi , einem Rock aus wohlriechenden Gräsern und Bast bekleidet, ansonsten war sie nackt, mit Öl gesalbt und blumengeschmückt. Das Haar floss ihr wie Pech in glatten Strähnen über den Rücken. Ein Mann stimmte einen Gesang an, in den alle einfielen, und angespornt durch das rhythmische Trommeln auf aufgerollten Matten, begannen die Frauen und Männer mit dem Sitztanz, fremdartig wirkende Bewegungen der Hände und Arme, unterstützt durch das Wiegen des ganzen Oberkörpers. Immer feuriger und schneller wurde der Takt, bis zum Schluss die ganze Gesellschaft aufsprang und stehend, hüpfend und springend weitertanzte.
Erst mit der Erschöpfung aller und als der Mond hinter den Palmkronen verschwunden war, erloschen die Feuer, und es kehrte Stille in das Dorf zurück.
Nach diesem Abend war Tristan zwar noch immer ein papalagi , ein Weißer, aber kein Fremder mehr für die Bewohner von Palauli. Und er fühlte, dass er hierher gehörte.
Die Konversation in der Kutsche schleppte sich, soweit er sie von seinem Pferd aus verfolgen konnte, mühsam dahin. Ab und zu zeigte eine der Damen auf eine Blume am Wegesrand oder einen Schmetterling und rief so etwas wie: »Ist das nicht reizend?«, woraufhin eine andere antwortete: »O ja, tatsächlich, meine Liebe.« Die größte Aufregung
bestand darin, dass Fräulein Hanssen ihren Sonnenschirm im Fahrtwind verlor, so dass Tristan anhalten ließ, den Schirm aufhob und zurückbrachte. Die Gouverneursgattin überhöhte diese selbstverständliche Tat zu einem Gipfel der Galanterie, Clara Hanssen wurde rot, und die anderen wechselten vielsagend verschämte Blicke. Tristan verdrehte bloß die Augen.
Erst als sie durch Palauli kamen, belebte sich das Gespräch der Damen plötzlich.
»Oh, diese grässlichen Hütten!«, rief die Gouverneursgattin mit gallenbitterer Miene. »Wie schamlos von den Eingeborenen, sie offen zu bauen. An diesen Anblick werde ich mich nie gewöhnen können, nicht in hundert Jahren.«
»Ich dachte«, sagte Clara Hanssen, »die Eingeborenen seien zu Christen bekehrt worden.«
»Ein Großteil von ihnen, ja, meine Liebe. Aber Sie sehen ja selbst. Grässlich! Man wird einmal ein Wörtchen mit den Missionaren reden müssen. So geht das doch nicht weiter.«
»Stellen Sie sich vor«, fiel eine andere ein, »ich habe gehört, dass die Eingeborenen verlangen, dass man bei ihnen anklopft, bevor man die Hütte betritt. Nun frage ich Sie: Wozu werden offene Hütten gebaut, die man jederzeit betreten kann, wenn man dann doch anklopfen muss?«
Die Damen schüttelten den Kopf, und Clara Hanssen wusste zu berichten: »Mein Vater sagt zu diesem Thema stets: Niemand erwartet von diesen primitiven Menschen, dass sie logisch denken. Dafür sind wir ja hier.«
Die Damen lachten.
»Bravo, meine Liebe!«, rief die Gouverneursgattin. »Ihr Vater ist ein weiser Mann, und Sie sind klug, weil Sie sich merken, was er sagt.« Sie blickte schräg hinter sich, wo Tristan ritt. »Nicht wahr, Herr Leutnant?«
Tristan, der jedes Wort gehört hatte, starrte sie von seinem Pferd aus an, sein Kopf rot wie ein Sonnenuntergang.
»Wissen Sie, Herr Leutnant«, plapperte die Gouverneursgattin munter weiter, »Fräulein Hanssen ist schon ganz unruhig, weil sie Ihnen einen selbst gemachten Gurkensalat zum Kosten geben möchte. Sie waren heute den ganzen Tag so nett zu ihr. Nein, widersprechen Sie nicht. Nein, nein. Eine alte Schrapnelle wie ich merkt genau, wenn ein Mann ein Fräulein auf diese spezielle Art ansieht.«
Er spürte, wie ihm die Hitze zu Kopf stieg. Er trieb sein Pferd zum Galopp an und ritt ein Stück voraus.
Er musste diesem
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