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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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Mau waren, und es gab
ihn, der sie plötzlich alle verdächtigte. Sogar Tuila hatte er nicht freigesprochen, sie, der er gestern noch sein Leben anvertraut hätte. Das Attentat war nicht nur gegen die Deutschen gerichtet, es war auch ein Anschlag gegen die friedlichen Beziehungen zwischen Deutschen und Samoanern, gegen die Liebe zwischen Tuila und ihm. Und er hätte in seiner Verblendung – nachdem er den ersten Anschlag schon nicht hatte verhindern können – beinahe dem zweiten sogar höchstselbst zum Erfolg verholfen, indem er sich von seiner Nationalität und vom Argwohn beherrschen ließ.
    »Nein«, sagte er, und dieses Wort brach wie der Stoßseufzer der Erleichterung aus ihm heraus. »Nein, das glaube ich nicht. Einen Moment lang war ich dumm genug, es für möglich zu halten, das gebe ich zu. Aber jetzt … Nein«, bekräftigte er noch einmal.
    Tuilas Blick tanzte über sein Gesicht, als lese sie ein Buch. Dann, mit einem Mal, fiel sie ihm in die Arme. Sie schmiegte ihren Kopf an seinen.
    »Tristan, lass uns nie wieder an uns zweifeln, ich bitte dich. Zweifel sind wie Ameisen, sie zerfressen alles. Nur wenn wir offen über unsere Ängste reden, können wir sie besiegen.«
    Er küsste sie. »Du bist ja richtig weise.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Ängstlich bin ich, das ist alles. Ich liebe dich, und ich will dich nicht verlieren.«
    »Ich liebe dich, und ich verspreche dir, du wirst mich nicht verlieren. »
    Sie lächelte zufrieden, aber er wusste, es könnte noch ein harter Kampf werden, eine Zerreißprobe für sie beide, wenn Tupu sich tatsächlich als der Täter herausstellte. Die ganze Welt schien gegen sie zu sein, doch wenn er Tuila im Arm hielt, ging etwas von ihrer Gelassenheit auf ihn über – wenn auch nur für Augenblicke.
    Tuilas Mutter kam aus dem Haus. In den Armen trug sie
einen schlafenden Säugling, eingewickelt in ein meerfarbenes Tuch.
    »Susu mai , hört zu. Sie werden beide leben«, sagte sie abwechselnd an Tuila und Tristan gewandt. »Ich habe den Polizisten mit geriebenen Wurzeln behandelt, die Blutungen stillen. Er wird wohl wieder gesund, soweit ich das jetzt sehe. Zum Glück für ihn hatte ich alles schon griffbereit. Wegen der Kleinen hier. Sie hat’s auch geschafft.«
    Tuila erklärte Tristan die Zusammenhänge. »Du musst wissen, dass Tupus Frau, Ivana, kurz bevor du kamst, ein Kind zur Welt gebracht hat. Zu früh eigentlich. Wir waren überrascht, es gab Komplikationen. Also ging meine Mutter in den Wald, um Wurzeln für Ivana zu besorgen.«
    Tristan wunderte sich. »Ich habe gar nicht mitbekommen, dass sie schwanger war.«
    »Sie hatte einen ziemlich flachen Bauch, außerdem trug sie weite Tücher. Aber ich habe dir von ihrer Schwangerschaft erzählt.«
    Tristan rieb sich die Augen. »Ich muss es vergessen haben. Und ich habe tatsächlich einen Moment lang geglaubt …«
    »Was geglaubt?«, fragte Tuilas Mutter.
    »Das ist alles geklärt«, wiegelte Tuila ab. »Jedenfalls ist das Komische daran, dass Tupu es nicht erwarten konnte, sein erstes Kind endlich in den Armen zu halten, und nun, wo es da ist, ist er nicht da. Heute Morgen ist er weggegangen und bisher nicht zurückgekommen.«
    »Er treibt sich zu viel rum«, zeterte Tuilas Mutter. »Aber jetzt, mit dem Kind, wird sich alles ändern.«
    Das änderte wirklich alles, dachte Tristan. Tupu war heute Vater geworden. Er würde sich jetzt ein eigenes Haus bauen wollen, eine Plantage bewirtschaften, Kinder aufziehen, eine Familie gründen. Gesetzt den Fall, dass Tamaseu, der Polizist, wieder völlig gesund würde, war im Grunde
nichts passiert, weshalb er Tupus Glück zerstören musste. Tuila und ihre Eltern, Ivana und ihr Kind, sie alle würden in Trauer und in Schande versinken, falls Tupu als Mau eingesperrt oder gar hingerichtet würde. Die schmutzigen Kleider aufgeplusterter Damen, die noch hundert andere Kleider besaßen, rechtfertigten seiner Meinung nach nicht die Zerstörung so vieler Existenzen. Und auch nicht die Gefährdung seiner Liebe und seiner Zukunft mit Tuila.
    Aber eine Warnung, eine Lektion, die musste schon sein.
    »Was hast du?«, fragte Tuila, die eine Veränderung in seinem Gesicht bemerkte.
    »Nichts Besonderes. Mir ist nur durch den Kopf gegangen, was ich heute noch unbedingt erledigen muss. Kann Tamaseu bis morgen bei euch zur Pflege bleiben?«
    Tuilas Mutter nickte. »Natürlich. Wir werden ein wenig feiern, aber das wird ihn eher aufmuntern als stören.«
    Er stand auf, zog Tuila an den

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