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Der Duft der grünen Papaya

Der Duft der grünen Papaya

Titel: Der Duft der grünen Papaya Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Benedict
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Sie war klein und korpulent. Ihre Mandelaugen zwinkerten fröhlich, doch wenn sie die Arme in die breiten Hüften stemmte, was sie gern tat, wirkte sie durchaus Respekt einflößend. Tristan befolgte ihren Wunsch, er möge sie mit dem Verwundeten allein lassen. Er vertraute niemandem mehr als ihr – in medizinischen Dingen. Denn wenn es um ihren Sohn ging, würde jede Mutter lügen, auch sie.
    Er nahm den Geruch von Blut wahr. Lag Tupu hinter diesen Tüchern?
    Er entschloss sich, nicht hinter den Vorhang zu lugen. In samoanischen Augen wäre das ein unerhörter Vertrauensbruch gewesen.
    Vor dem fale, im Schatten eines Flamboyantstrauches, wartete er auf Tuila. Die feuchte Glut des Tages hatte ihren Höhepunkt erreicht, und Tristan knöpfte seine Uniformjacke am steifen Kragen auf. Einige Dorfbewohner hatten mitbekommen, dass irgendetwas Ungewöhnliches geschehen war, doch sie waren zu gelassen, um zum Haus der Valaisis zu kommen. Stattdessen stützten sie sich nur auf den Ellenbogen auf und blickten im Halbschlaf herüber, und einige Kinder reckten die Köpfe zwischen den Matten hindurch wie Erdhörnchen.

    Die Sonne stand schon lange nicht mehr im Zenit, als Tuila herauskam und sich neben ihn in den Schatten setzte. Ihre Wangen schimmerten wie Satin. Selbst jetzt, gezeichnet von Anstrengungen und nachdenklich, sah sie wie das blühende Leben aus.
    »Er wird bestimmt gesund«, sagte sie. »Meine Mutter behandelt ihn mit geriebenen Wurzeln, um die Blutung zu stoppen.«
    Tristan nickte dankbar. »Gut.«
    Ein beängstigender Gedanke ergriff ihn: Wenn derjenige hinter dem Vorhang Tupu war, musste Tuila davon wissen. Würde auch sie ihn belügen, um ihren Bruder vor ihm zu schützen? Er konnte Tuila plötzlich nicht mehr in die Augen sehen, zu groß war seine Angst, sie könnten seine Gefühle offenbaren. Tuila hatte damals, als sie sich kennen lernten, die Liebe in ihnen gespürt, die Zärtlichkeit, die Zuneigung für ihr ganzes Volk. Er hatte auf dem Dorfplatz gestanden, sich als neuer Kommandant von Savaii vorgestellt und anschließend eine Schale kava mit dem Dorfersten getrunken. Tuila hatte ihn bewirtet. Danach waren sie ins Gespräch gekommen, hatten gelacht, hatten sich ineinander verliebt, und noch am gleichen Abend hatte sie es ihm gesagt, drüben im Kokoshain, bei einem Spaziergang: Ich spüre Zärtlichkeit in deinen Augen.
    Sie würde auch das Misstrauen spüren.
    »Was ist bei euch los?«, fragte er so harmlos wie möglich, glaubte jedoch, schon seine Stimme verriete alles.
    »Was war bei euch los?«, fragte sie zurück.
    Er nahm einen trockenen Zweig vom Boden und spielte mit ihm herum. »Ein Überfall. Die Mau wahrscheinlich.«
    Tuila schüttelte fassungslos den Kopf. »So weit sind sie noch nie gegangen.«
    »Es hätte auch mich erwischen können«, sagte er und konnte den Vorwurf in der Stimme nicht verbergen.

    »Du musst in Zukunft mehr auf dich Acht geben«, bat Tuila.
    »Ich kann nicht auf mich Acht geben, denn ich muss auf andere achten. Ich bin Offizier. Und wenn du etwas weißt, musst du es mir sagen.«
    Über ihrer Nasenwurzel bildete sich eine winzige Falte. »Was könnte ich schon darüber wissen?«
    »Keine Ahnung. Möglich, dass du oder deine Eltern hier oder da etwas aufschnappen. Dann muss ich davon erfahren. Mein Leben und das von anderen könnte davon abhängen. Nach dem heutigen Tag ist der Kampf gegen die Mau kein Spiel mehr.«
    Die Falte wurde tiefer. »Denkst du denn, ich würde mit deinem Leben spielen?«
    Der trockene Zweig brach in seinen Händen. Missgelaunt und unzufrieden mit sich selbst schleuderte er ihn fort und sagte: »Nein. Natürlich nicht.«
    Tuilas Blicke aus schwarz glänzenden Augen tasteten sein Profil ab. Mit ihrer rechten Hand streichelte sie ihm über die Wange und drehte sein Gesicht sanft in ihre Richtung.
    »Sieh mich an«, bat sie. »Du denkst, ich könnte etwas vor dir verbergen? Dir wehtun?« Plötzlich begriff sie. »Es ist der Vorhang, nicht wahr? Die Tücher im fale . Der Geruch von Blut.«
    Ihre weichen, von Kokosöl schimmernden Finger ruhten noch immer auf seiner Wange, doch sie streichelten ihn nicht mehr. »Sag mir ganz offen, ob du glaubst, dass wir einen Mau bei uns verbergen.«
    Er schluckte, zögerte. »Ich …« Jetzt spürte auch er, wie viel von dieser Frage abhing, mehr noch von der Antwort. Seit dem Überfall am Vormittag war er in seine Rolle als Deutscher zurückgefallen, ohne es zu merken. Es gab die Samoaner, von denen einige wenige

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