Der Duft der Mondblume
unter Bäumen, an denen Mangos, Papayas, Limetten und Avocados prangten. Die Kinder hatten einen Eimer und zupften Bohnen von einer Kletterpflanze. Neben dem reichhaltigen Gemüsebeet standen Fahrräder, eine hölzerne Schubkarre sowie zwei alte Chevrolet-Kombis.
Das Haus war eher eine luftig gebaute Strandhütte mit viel Gitterwerk, nach einer Seite offen und nicht gerade modern. Auf der Veranda gab es Liegen und Hängematten, im Garten standen Stühle im Kreis. Blühende alte Bäume umstanden den Holzbau; der schwere Wohlgeruch ihrer Blüten drang bis zu Catherine. Surfbretter waren nebeneinander aufgereiht, an den Ästen der Bäume hingen Handtücher und Kleidungsstücke zum Trocknen.
Da entdeckten sie die Kinder, und das kleine Mädchen rannte zu ihr hin.
»Hi, wer bist du? Wir ernten Bohnen fürs Essen.«
»Klingt gut. Ich bin Catherine. Und wie heißt du?«
»Pink. Und das ist Ziggy. Wo ist deine Tasche?«
»Im Wagen am Strand. Ich komme nicht, um zu bleiben. Ist dein Vater da?«
»Nein. Nur Sadie.« Das kleine Mädchen nahm ihre Hand und zog sie zum Haus.
Catherine betrachtete die Blumentöpfe in den Makrameeampeln, die asiatischen Statuen, die farbenfrohen Hängematten und die vielen dicken Kerzen, die in geschmolzenem und wieder erstarrten Wachs standen. Auf einem handgemalten, schief baumelnden Schild über den Stufen des Eingangs stand:
Nirvana.
Als Catherine zu der unordentlichen Veranda hochstieg, kam eine Frau heraus, die nicht viel älter war als sie.
»Hi. Woher kommst du?«
»Oh, nicht weither. Ich hab den Wagen am Strand stehen lassen. Ich war mir nicht sicher, wo das Haus ist.«
»Wen suchst du? Alle sind ausgeflogen.«
»Alle? Ich bin Catherine, PJ meinte, ich solle mal vorbeischauen.« Ob diese interessant aussehende Frau wohl seine Freundin war? Oder seine Frau? Ihr wurde klar, dass sie überhaupt nichts von PJ s Leben wusste.
»Er wird im Wasser sein. Alle sind rüber zu den Cannons. Komm rein. Fühl dich wie zu Hause. Ich bin Sadie, das sind Pink und Ziggy.«
Catherine ging hinein, ihre Neugier war erwacht. Das kleine Mädchen nahm ihre Hand.
»Komm weiter, sieh dir mein Haus an.« Sie führte Catherine an mehreren Schlafzimmern vorbei durch einen großen Wohnraum in ein kleineres Zimmer. Hier hingen Poster und Bilder, es gab allerhand Zierrat, Muscheln und Treibholz. Neben einer Matratze auf dem Boden stand ein kleines rosafarbenes Tipi.
Pink kroch hinein. »Schau, das ist mein Bett. Das sind meine Puppen.«
Catherine spähte hinein zu einem Bett, in dem mehrere selbstgemachte Puppen und eine Barbiepuppe im Tutu lagen.
»Niedlich. Und nebenan schläft Ziggy?«
»Klar. Aber er darf nicht in mein Tipi. Komm weiter.«
Sie zog Catherine an der Hand in die Küche, wo Sadie das Essen zubereitete. Auf einem blanken langen Tisch aus Pinienholz standen Tonschüsseln und große glasierte Krüge, daneben türmten sich Früchte und Gemüse. Jede Menge Topfpflanzen, Kerzen und Bilder schmückten den Raum, und wenigstens ein Dutzend ganz unterschiedlicher Stühle standen um den Tisch herum. All das wirkte sehr ungewohnt auf Catherine. Das war keine Inneneinrichtung, wie sie es kannte, sondern ein eher behelfsmäßig ausgestattetes Zuhause. Doch alles strahlte eine Sorglosigkeit und Wärme aus, die, wiewohl chaotisch, sehr anziehend wirkte.
»Ich mache Mittagessen, die anderen werden bald zurück sein. Bleib und iss mit uns.«
»Bist du sicher? Gerne«, antwortete Catherine und betrachtete die Kürbisse, Papayas, Ananas und andere Früchte, die sie nicht kannte. »Anscheinend ist genug da.«
Sie setzte sich an den Tisch und sah Sadie zu, die einen Salat machte. Pink brachte ihr ein handgeschriebenes Geschichtenbuch auf dickem Papier mit eigenen Zeichnungen. Es ging um einen kleinen Jungen und einen Delphin.
»Das ist eine entzückende Geschichte. Wer hat sie geschrieben?«, fragte Catherine.
» PJ , er kann gut Geschichten erzählen«, sagte Pink.
Man hörte Gelächter, Worte wurden gewechselt, zwei Frauen kamen voll bepackt herein. Eine trug eine Gitarre, aufgerollte Strohmatten, ein Paar Schuhe und etwas, was wie eine Tasche mit Kleidung aussah – möglicherweise Wäsche, dachte Catherine. Die andere trug Körbe mit Lebensmitteln und einen, der als Wiege diente. Eine der Frauen war schwanger, ihr sonnengebräunter Babybauch lugte nackt über einem tief sitzenden Sarong und unter einem kurzen Oberteil hervor. Catherine war nicht gerade schockiert, aber sie hatte noch nie eine
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