Der Duft der Mondblume
drin, die ich gerne benutzen würde.«
»Nur zu. Wo du schon einmal da bist, kannst du auch gern hier übernachten. Wir haben genügend Hängematten zum Pennen«, sagte Sadie. Pink kam und schlang ihre Arme um Catherines Taille. »Au ja! Bleib hier, dann können wir uns Geschichten erzählen.«
Als sie zum Wagen ging, war sie drauf und dran, einzusteigen und zum Palm Grove zurückzufahren. Das
Nirvana
hatte mit der Welt, die sie kannte, herzlich wenig zu tun. Aber sie fand weder das Haus noch die Leute unsympathisch. Sie fühlte sich sogar zu ihnen hingezogen, war neugierig auf ihre Art zu leben, die so locker und planlos wirkte. Hatten sie Arbeit? Wie konnten sie so leben, als wären sie in immerwährenden Familienferien? Sie beschloss, eine Weile zu bleiben.
Froh darüber, dass Eleanor ihr den Wagen für einige Tage überlassen hatte, parkte sie ihn neben dem
Nirvana,
nahm die Fototasche heraus und stellte mit einem Blick in ihren Korb fest, dass sie zwar ihr Make-up, ein Strandhandtuch, den Bikini und ein sauberes T-Shirt, aber keine Zahnbürste eingepackt hatte. Nun, sie würde abwarten, wie sich der Nachmittag entwickelte. Die Frauen hatten Tee gekocht und reichten Catherine einen Becher voll. Er schmeckte milchig, würzig und süß.
»Ist das hawaiianischer Tee? Er schmeckt ganz anders als der australische. Aber ich mag ihn«, sagte Catherine.
»Das ist indischer Chai«, antwortete Ginger. »Es gibt auch frisch gepressten Limettensaft, wenn dir das lieber ist? Oder einen Papaya-Milchshake. Wir machen ihn mit Kokosmilch.«
Ihre Unterhaltung wurde von einem knatternden Motorengeräusch unterbrochen; es klang nach defektem Auspuff.
»Prima, sie kommen rechtzeitig zum Mittagessen.« Summer legte für Ziggy ein Kissen auf einen Stuhl und stellte einen Teller vor Pink.
PJ kam als Erster herein, und Pink lief zu ihm und umarmte seine Beine. Er hob sie hoch. »Hallo, Miss Pink, wie geht’s?«
»Catherine hat ein Foto von mir gemacht.«
Er drehte sich um und grinste Catherine an. »Du hast es gefunden.«
»Ja. Und alle hier sind so gastfreundlich.«
Zwei weitere Männer kamen herein. Mit ihrem Lachen brachten sie Schwung in den Laden. Ihre Haare waren lang, und sie trugen ausgebleichte Shorts und T-Shirts, die für Led Zeppelin und für Primo-Bier warben. Sie setzten sich an den Tisch und verwuschelten den Kindern die Haare. Einer nahm Petal in die Arme, gab ihr einen Kuss und legte sie zurück in ihren Korb.
»Das ist Catherine«, sagte Sadie.
»Hi. Ich bin Doobie.«
»Hey, Catherine. Ich bin Lief. Buchstabiert L-i-e-f, aber gesprochen wie Leaf.«
»Hallo«, antwortete sie und beobachtete amüsiert, wie die Männer sich Essen auf ihre Teller schaufelten.
»Gute Wellen?«, fragte Summer.
»Nicht übel. Doobie hat ein, zwei saubere Tubes erwischt.«
»Zieht ihr am Nachmittag wieder los?«, wollte Sadie wissen. »Wir waren schon einkaufen und brauchen sonst nichts.«
»Toll. Dann können wir wieder los«, sagte Lief.
»Und wir könnten Catherine die Gegend zeigen. Vielleicht gehen wir zum Heiau und schwimmen dort mit den Kindern«, schlug Sadie vor. »Magst du, Catherine?«
»Klar. Ich schließe mich gern an, wenn ich eure Pläne nicht störe.«
»Sie haben keine Pläne«, erklärte PJ. »Die Dinge entwickeln sich einfach.«
Sadie lächelte Catherine an. »Mit Kindern braucht die Entwicklung manchmal einen Stups. Wir machen einen Frauenausflug zum Becken der Göttin.«
»Ich zieh rasch meinen Bikini an«, sagte Catherine.
»Brauchst du nicht«, sagte Ginger. »Es ist ein den Frauen geweihtes Badebecken.«
Catherine war etwas mulmig wegen des Nacktbadens, aber die Frauen gingen damit ganz selbstverständlich um, und weil sie schon zugestimmt hatte, wollte sie keine Spielverderberin sein. Pink schwatzte mit ihr, was sie ablenkte. Die anderen unterhielten sich, aßen und lachten viel.
Verstohlen beobachtete Catherine ihr Verhalten, doch es war ihr nicht möglich herauszufinden, welcher Mann zu welcher Frau gehörte. Alle achteten auf die Kinder, und die Atmosphäre war völlig ungezwungen. Späße wurden gemacht, es gab Gelächter und manchmal heftige Streitgespräche über Musik, Politik, den Krieg, Surfen und Essen, begleitet von Geschichten über tolle Trips auf den Landstraßen.
Für Catherine war es eine fremde Sprache, eine andere Welt. Sie war so behütet aufgewachsen, ihr bisheriges Leben so eindimensional. Als sie die Geschichten hörte, die sich diese Leute erzählten, kam es ihr vor,
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