Der Duft der Mondblume
Hoteldiener öffnete den Wagenschlag und nahm Catherines Gepäck.
»Ich schau mal, ob ich auf der Kalakaua Avenue einen Parkplatz bekomme«, rief Bradley, während Catherine dem jungen Hawaiianer in die Lobby folgte.
Wie Catherine sah, hatten mehrere Epochen in dem Hotel ihre Spuren hinterlassen – die alte Holzvertäfelung, Anklänge von Art déco, eine Modernisierung in den fünfziger Jahren und der Portikus im italienischen Stil ergaben einen seltsamen Mix. Aber das großzügige Foyer, das sich zu einem von breiten Veranden flankierten Innenhof hin öffnete, hatte eindeutig tropischen Charakter.
»Erster Tagesbefehl – ein Drink unter dem Banyanbaum«, verkündete Bradley, als sie das Anmeldeformular unterschrieb.
»Ich habe keine Ahnung, welche Tages- oder Nachtzeit wir haben«, lachte Catherine.
»Frischen Ananassaft mit einem Spritzer Kokosmilch«, schlug Bradley vor. »Oder lieber einen Kaffee?«
»Saft klingt gut, danke. Wow!« Catherine verschlug es den Atem, als sie auf die Treppe traten, die zum Hof und zu den Veranden aus glänzendem Holz führte. Das Hotel lag direkt am Strand, wo sich Touristen auf Liegestühlen sonnten. Dahinter glitzerte der blaue Ozean mit langen Brechern, die sich behäbig ans Ufer wälzten. In der Ferne zeichnete sich die unverkennbare Silhouette des Diamond Head vor dem Himmel ab. Im Zentrum des Hofes stand ein wunderschöner Banyanbaum, dessen Äste mehreren Tischen Schatten boten.
»Der Baum hat eine lange Geschichte. Er wurde 1904 gepflanzt, wenige Jahre nach der Gründung des Hotels.« Bradley rückte für Catherine einen Stuhl zurecht. »Ein schönes Plätzchen für einen Abendcocktail.«
»Ich glaube, ich werde mich die ganze Woche, die vor mir liegt, nicht von hier wegbewegen«, seufzte Catherine.
Am nächsten Tag musste Bradley arbeiten, und Catherine hatte Zeit, um auf eigene Faust den Ort zu erforschen. Allerdings unternahm sie nicht viel außer einem Strandspaziergang und einem Ladenbummel an der Kalakaua Avenue. Am meisten genoss sie es, im Schatten des Banyanbaumes hinter dem Hotel zu sitzen und die Leute am Waikiki-Strand zu beobachten. Peel und London waren weit weg. Alles hier wirkte exotisch und romantisch. Ihr fielen vor allem die Einheimischen auf – fit, braungebrannt in bunter, manchmal ausgebleichter Freizeitkleidung. Sie beschloss, sich einen Sarong für den Strand zu kaufen. Die stets lächelnden Frauen, die im Hotel arbeiteten, die meisten schon etwas älter, trugen lange, locker sitzende Muumuus, bequeme geblümte Kleider, die am Hals gerafft waren und den meist rundlichen Frauen gut standen.
Als Bradley Catherine abends zum Dinner ausführte, trug sie Blüten aus ihrem Willkommens-Lei im Haar.
»Schön, dass du dich vom Aloha-Geist anstecken lässt!« Er begrüßte sie mit einem Kuss.
»Ich war auf dem International Marketplace, aber die vielen hawaiianischen Muster haben mich ganz durcheinandergebracht.« Sie deutete auf eine Frau in einem farbenfrohen Muumuu. »Ist das ein traditionelles Kleid?«
»Inzwischen schon. Ursprünglich wurden sie von den Missionaren eingeführt, um das sündige nackte Fleisch zu bedecken. Keine Baströcke und bloßen Brüste mehr.«
Sie saßen auf der Terrasse des Ilikai Hotels ein Stück weit die Straße hinunter und beobachteten die Abendzeremonie, bei der die Tiki-Fackeln entzündet wurden, während ein hawaiianischer Krieger das große Muschelhorn blies, um die Tänzer und Tänzerinnen auf die Terrasse zu rufen. Musiker erschienen, und als der Himmel rotorange erglühte und die Sonne hinter dem Horizont versank, wiegten sich die Tanzenden zu populären Hula-Rhythmen.
»Ein bisschen kitschig, aber irgendwie hübsch«, meinte Bradley.
»Mir gefällt’s. Wo sonst bekommen Touristen so etwas zu sehen?«
»Ach, viele Orte bieten kulturelle Veranstaltungen für ihre Gäste an. Bestellen wir noch etwas zu trinken, dann gehen wir zurück nach Waikiki zum Dinner und sehen davor noch eine wunderbare klassische Tanzvorführung.«
»Im Zentrum von Waikiki?« Catherine hatte gehofft, dass sie sich von den ausgetretenen Pfaden entfernen und ein landestypisches kleineres Lokal besuchen würden, obwohl dafür vermutlich auch in den nächsten Tagen noch Zeit blieb. Aber es war nett von ihm, dass er ihr erst einmal die glanzvollen Seiten der Stadt zeigen wollte. Waikiki sollte sich schließlich kein Honolulu-Tourist entgehen lassen.
Bradley führte sie in ein weiteres berühmtes altes Hotel, das Moonflower, und
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