Der Duft der Mondblume
innehalten.
»Es ist noch mehr. Wahrscheinlich eine ganze Siedlung. Wir haben Leute von der Universität von Hawaii geholt, Fotos und Proben wurden aufs Festland geschickt. Es waren eine Menge Archäologen hier. Kahunas haben die Stätte gesegnet, man vermutet, dass sie über tausend Jahre alt ist.«
»Was ist damit passiert?«
Er wies auf den Ozean. »Ein Überfall von Eindringlingen, vielleicht auch ein Tsunami.«
»Eine Flutwelle! Wie aufregend. Wie versuchen sie der Geschichte auf die Spur zu kommen?«, wollte Catherine wissen. Plötzlich nahm die Sumpffläche vor ihrem inneren Auge Gestalt an: Sie sah ein Dorf mit runden Holzhäusern, Kanus und Auslegerboote, die an den Strand gezogen wurden, einen aus Stein gemauerten Tempel, vielleicht mit Opferaltären, offene Feuer, spielende Kinder. »Das wäre eine wunderbare Touristenattraktion! Der Wiederaufbau eines historischen Dorfes!«
»Hübsche Idee«, meinte Abel John trocken. »Aber es würde eine Ewigkeit dauern, alles auszugraben, zu konservieren und nachzubauen. Die alten Kahunas glauben, es könnte sich um eine heilige Stätte handeln, die in überlieferten Weisen besungen wird. Steine besitzen magische Kräfte. Jedenfalls werden sie auf keinen Fall zulassen, dass die Ruinen unter einem Tennisplatz und Hotelzimmern begraben werden.«
»Du meine Güte, was wird Eleanor tun? Der Grund gehört zum Hotel, oder?«
»Das besagt nichts, wenn es als Kulturerbestätte ausgewiesen wird. Als Nächstes werden wahrscheinlich die Juristen anrücken. Eleanors Partner, der Mann mit dem Geld, wird nicht kampflos aufgeben.«
»Aber auch wenn es nicht komplett wiederaufgebaut wird, wäre es doch eine interessante Sehenswürdigkeit. Bestimmt würden Besucher kommen und mehr darüber erfahren wollen«, fing Catherine wieder an.
»Und in einem anderen Hotel übernachten? Das Palm Grove braucht Umsatz. Außerdem steckt noch mehr dahinter.« Er zögerte. »Abergläubische Gerüchte machen die Runde. Sie laufen alle darauf hinaus, dass es eine gewaltige Katastrophe geben wird, wenn Eleanor irgendwelchen Schaden anrichtet oder weitergraben lässt.«
»Die arme Eleanor! Ich wünschte, ich könnte in der Zeitung darüber berichten.«
»Lieber nicht. Komm. Wie läuft es im Joss House?«
»Ich kann dir gar nicht genug danken. Es ist wunderbar.«
Abel John bemerkte ihre leuchtenden Augen, ihr glückliches Lächeln und ihre rosigen Wangen, sagte aber nichts dazu. Sie kehrten zum Hauptgebäude zurück.
Als Catherine zu ihrem Auto ging, sah sie auf dem Parkplatz Eleanor, die sich angeregt mit Beatrice unterhielt. Sie lief auf die beiden zu. »Beatrice! Eleanor!«, rief sie. »Wie schön, Sie beide zu sehen.«
Eleanor lächelte, aber sie wirkte nervös und erschöpft. »Hi, Catherine.«
»Liebes Mädchen, ich freue mich«, sagte Beatrice und küsste sie auf die Wange.
»Ich war gerade bei der Ausgrabungsstätte unten am Teich, die alte … Siedlung«, erklärte Catherine.
»Wir sprechen gerade darüber«, sagte Eleanor gepresst.
»Es ist auf jeden Fall ein Heiau. Ein überaus heiliger Ort, den man einfach nicht zerstören darf«, stellte Beatrice fest.
»Wir haben das jetzt mehrfach besprochen, Beatrice. Mir sind die Hände gebunden. Mein Geschäftspartner besteht darauf, dass wir weitermachen. Ich habe ihm gesagt, dass wir die Steine in jedem Fall erhalten werden, ich weiß, wie wichtig sie sind.«
»Eleanor, wir kennen uns jetzt schon seit vielen Jahren. Aber ich versichere dir, mein Volk und diese Stätte müssen Vorrang vor allem anderen haben. Er kann anderswo bauen …«
»Einen anderen Bauplatz gibt es nicht«, wandte Eleanor gereizt ein.
»Hat Ihr Geschäftspartner das Gelände schon gesehen? Vielleicht, wenn er herkäme und es anschauen würde …«, schlug Catherine vor, auch wenn ihr nicht ganz wohl dabei war, dass sie sich in diese offenbar heikle Diskussion einmischte.
»Das macht er bestimmt nicht«, entgegnete Eleanor. »Ich bin hier der Sündenbock.«
»Dann sag ihm, dass er nicht ungeschoren bleiben wird. Wenn ihr die Steine versetzt oder die heilige Stätte zerstört, wird das böse Folgen haben. Der Preis wird eine Katastrophe sein, die Götter und Geister werden jene strafen, die die Warnungen in den Wind schlagen«, verkündete Beatrice düster.
»Abel John sagt, die Arbeiter rühren die Stätte nicht an«, warf Catherine ein.
»Mein Partner hat hier eine Menge investiert. Ich weiß, dass er Leute vom Festland holen wird.«
»Dann rate ich
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