Der Duft der Mondblume
mit heiserer Stimme.
»Ich dich auch«, hauchte sie.
Es war so leicht, so unkompliziert. Verglichen mit der wilden Leidenschaft ihrer Begegnung am Strand, die eine Ewigkeit zurückzuliegen schien, liebten sie sich nun ohne Hast, zärtlich und gefühlvoll.
Die Nacht verging, unbemerkt brach die Dämmerung an. Immer noch hielten sie einander umschlungen. Weder die Zeit noch irgendwelche Verpflichtungen spielten eine Rolle. Endlich schleppten sie sich lachend in die Küche und kochten Kaffee.
In ein Laken gewickelt, nippte Catherine an ihrem Milchkaffee, während PJ Brot röstete.
Er reichte ihr eine Scheibe Toast. »Gehen wir surfen?«
»Klar.« Sie leckte die tropfende Butter ab und strahlte PJ an. Draußen strahlte der Tag golden und blau. Sie hatte auf der ganzen Welt nichts Besseres zu tun.
Nachts schlief sie traumlos, aber in der Gewissheit, dass PJ sie umschlungen hielt, ihre Körper einander nah waren. Sie erwachte als Erste und wagte kaum zu atmen, um den Augenblick nicht zu zerstören. Sie liebte seine goldbraune Haut, seine wilden blonden Locken, die nach Meer schmeckten. Sie zählte jede Sommersprosse, betrachtete seine dichten Wimpern und sehnte sich danach, dass er aufwachte, damit sie seinen perfekten Mund berühren konnte.
Mit Bradley war das alles ganz anders gewesen. Im Bett hatte sie ein Ozean gestärkter weißer Laken getrennt. Bradley hatte einen leichten Schlaf, und wenn sie sich zu heftig bewegte oder ihn berührte, wachte er auf. Hin und wieder bewegte sich sein Fuß schüchtern in ihre Richtung, eine zögerliche Einladung, miteinander zu schlafen, aber abgesehen davon hätten sie ebenso gut in getrennten Zimmern nächtigen können.
Catherine betrachtete die langen handbemalten Seidenvorhänge an den Fenstern. Das Morgenlicht ließ die Farben über das Bett tanzen. PJ regte sich, schloss sie fester in die Arme, suchte ihre Lippen.
Die Tage nach dem Dinner bei Molo verschmolzen ineinander. PJ verbrachte die Nächte meist bei Catherine, das farbenfrohe Joss House war ihr Liebesnest geworden. Nach dem morgendlichen Wellenreiten und dem Frühstück ging jeder seiner Wege. PJ hatte sich im
Nirvana
eine Werkstatt eingerichtet, wo er im Auftrag einer Surfergruppe, die kürzlich eingetroffen war, Bretter für die Bedingungen vor Ort anfertigte. Zur Siestazeit, wenn auch die anderen Läden in der Straße geschlossen hatten, sperrte Catherine die Galerie zu und erkundete mit der Kamera Kauai.
Die Insel, die sie so allmählich kennenlernte, erschien ihr als der schönste Ort, den sie je gesehen hatte. Manchmal stellte sie sich vor, sie habe eine Landschaft vor sich, die noch nie ein Mensch je erblickt hatte: weite Täler und Schluchten wie der Grand Canyon, unüberwindliche Berge und versteckte Senken, wo es Wasserfälle gab, fremde Stämme, unbekannte Pflanzen und Tiere, gefangen in ihrer eigenen Welt.
Eines Tages lieh PJ Molos Boot aus, und sie fuhren die Na-Pali-Küste entlang, wo sie unberührte, atemberaubend schöne Berge sahen, die sich teils felsig schroff, teils üppig grün aus dem Meer erhoben. Sie ankerten in einer der kleinen halbmondförmigen Buchten unterhalb der Klippen, schwammen nackt, liebten sich auf dem Sand und zogen ungesehen weiter. Die dort verbrachte Zeit erschien Catherine verschwindend kurz, unbedeutend wie ein Sandkorn angesichts der Jahrtausende, die die Insel geformt hatten.
An einem anderen Tag fuhr Catherine beim Palm Grove vorbei, doch Eleanor war nicht da. So bat sie Abel John, ihr die Baustelle zu zeigen. Vorbei an dem Hain mit den hohen Kokospalmen, die mit Namensplaketten versehen waren, an den künstlich angelegten Seerosenteichen und den Kanälen gelangten sie zu einem Sumpf, der mit Jutebahnen abgeschirmt war. Hinter dem Sichtschutz sah Catherine schlammige Tümpel – Baggerlöcher in dem schlüpfrigen sandigen Boden.
»Sie dachten, es ist ein Küstensumpf, den man leicht trockenlegen und auffüllen kann«, sagte Abel John. »Aber der Bagger ist auf Felsbrocken gestoßen, und als dann im Matsch Knochen zum Vorschein kamen, wollten die Arbeiter nicht mehr weitermachen.«
»Ist es ein Friedhof?«
»Mehr als das. Schau dir das an. Wir haben eine Drainage gelegt, um es näher zu untersuchen, und dabei das entdeckt.« Er deutete auf eine ansehnliche Natursteinmauer. »So wie sie hochgezogen ist und die Steine gesetzt sind, ist es zweifellos ein heiliger Heiau.«
»Ein alter Tempel?« Catherine griff nach ihrer Kamera, aber Abel John hieß sie
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