Der Duft der Mondblume
dir als Freundin, diesen Ort in Ruhe zu lassen«, erklärte Beatrice fest. »Das ist mein letztes Wort.« Sie wandte sich an Catherine. »Kiann’e hat mir erzählt, dass Sie hier sind. Bitte besuchen Sie mich doch einmal.«
»Gern«, sagte Catherine, während Beatrice ihrem Fahrer winkte, der neben ihrem alten Auto wartete.
Beatrice lächelte traurig. »Eleanor, meine Liebe, bitte. Hör auf mich.«
Sie sahen zu, wie Beatrice einstieg, den Strohhut mit den frischen Blumen abnahm und davonfuhr.
»Der königliche Erlass. Wir wurden in Kenntnis gesetzt«, schnaubte Eleanor.
»Werden Sie ihrem Rat folgen? Es klang ziemlich ernst«, meinte Catherine.
»Wie gesagt, in der Sache habe ich keine Wahl. Wie kann ich das Palm Grove aufgeben? Es ist mein Leben. Ich bleibe hier, egal was passiert. Allerdings möchte ich nicht gern meine Freunde verlieren.«
Als Catherine nachts an PJ gekuschelt im Bett lag, beschrieb sie ihm die verschüttete Siedlung. »Glaubst du, die Knochen könnten etwas mit Menschenopfern zu tun haben?«
»Nein, ich würde eher sagen, deine Phantasie geht mit dir durch. Aber es könnte eine heilige Begräbnisstätte sein, wo die Vorfahren der Menschen in die Nacht der Geisterwelt gegangen sind«, meinte PJ .
»Ich habe von alten Wellenjägern Geschichten über Steine gehört, die verstorbene Häuptlinge verkörpern. Sie stehen mit dem Gesicht zum Meer und schauen zu dem Land jenseits des Horizonts.«
Sie lagen still da, und Catherine sah PJ vor sich, wie er schweigend und reglos, den Blick auf den Horizont gerichtet, an einem Strand gestanden hatte.
»Glaubst du, da draußen gibt es etwas, jenseits des Meeres? Das Land Hanalei, eine jenseitige Welt?«, fragte sie leise.
»Ja. Wenn das Meer mich nicht nimmt, dann möchte ich, dass meine Asche auf den Wellen verstreut wird«, erwiderte er.
Catherine schauderte. »So darfst du nicht reden.«
Er hielt sie fest an sich gepresst, und sie schliefen ein. In ihren Träumen hörte Catherine das ferne Tosen der Brandung, die sich an einem Riff brach, und das Aufklatschen einer Welle, die gegen die Küste anrollte und zerstob.
Auszug aus der Biographie
Der Wellenjäger
Er saß im Schatten einer Kokospalme und beobachtete die Brandung. Das Meer, die Sonne, der Sand, die stete Brise der Passatwinde, alles war gleich geblieben. Aber alles andere hatte sich geändert, seit die Inseln in den Krieg gestürzt worden waren.
Es war ein Sonntagmorgen gewesen, und er kam gerade vom Surfen nach Hause, als am Himmel die japanischen Flugzeuge auftauchten und ihren tödlichen Angriff begannen. Getöse und Chaos folgten. Schwarze Rauchwolken erfüllten die Luft nach der Bombardierung der amerikanischen Schiffe in Pearl Harbor. Jetzt gab es rund um die Stadt Sandsäcke, Stacheldraht, Männer und Frauen in Uniform. Immer mehr Kriegsschiffe ankerten nun im Hafen, Bomber der Airforce starteten und landeten Tag und Nacht, und alle mussten sich mit Ausgangssperren und Verdunkelungsgeboten abfinden. Nahrungsmittel wurden rationiert, die Produktion der einheimischen Farmen wurde requiriert.
Er hatte sich als Freiwilliger gemeldet, doch leider hatte man ihn wegen seiner leichten Arthritis, die er sich während seiner Zeit als Stuntman zugezogen hatte, für untauglich erklärt. Jetzt war auf Hawaii alles anders, und das blieb nicht ohne Folgen für sein Leben und seinen Seelenfrieden. Er überlegte, ob er in die Wüste zurückkehren sollte, wo die einsame Weite ihm jenes besondere Gefühl des Alleinseins verschaffte wie das Surfen auch. Aber Reisen war schwierig in diesen Zeiten, und ihm fehlte das Geld.
Als er am Strand saß und nachdachte, kam ein Soldat mit einem Mädchen vorbei.
»He, Kumpel«, sagte der Soldat, »pass auf, dass dir keine Kokosnuss auf den Kopf fällt!« Lachend gingen sie weiter.
Bei Sonnenuntergang, sonst für den Wellenjäger eine bevorzugte Zeit, stand er auf, zog den weißen Baumwollpullover über die marineblaue Badehose, schlüpfte in seine Zoris und ging nach Hause.
Etwas weiter unten am Strand sah er eine hübsche Frau in der Tracht einer Krankenschwester, die auf der Kaimauer saß, ihre Schuhe in der Hand hielt und die bloßen Zehen im Sand vergrub. Sie schauten sich an und lächelten.
»Genießen Sie den Sonnenuntergang?«, fragte er.
»Ich versuch’s. Wenn man von hier aus aufs Meer blickt, könnte man fast glauben, alles wäre gut. Normal.«
»Ich dachte gerade das Gleiche. Schauen Sie nur nicht zurück auf die
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