Der Duft der Mondblume
Lange und gründlich hatte er nachgedacht, um die richtigen Worte aufs Papier zu bringen. Er war unsicher, was er sagen sollte. Aber er wusste, dass er es versuchen musste, wenn er sie von seiner Liebe und von seinem Wunsch, mit ihr zusammenzuleben, überzeugen wollte. Wenn sie ihn doch nur verstand und mit einem gemeinsamen Leben auf den Inseln einverstanden wäre! Als er schrieb, legte er zu seiner eigenen Überraschung all seine Gefühle in den Brief. Aber als er die letzten Worte nochmals las, versuchte er sich vorzustellen, wie sie reagieren würde. Was bot er ihr denn schon an? Sein Herz, seine Liebe, einen Traum.
Er wanderte im Zimmer auf und ab. Kam zurück an den Tisch, las den Brief noch einmal und erkannte, dass er ihr zwar seine Liebe anbot, aber nicht bereit war, seine Liebe zum Meer und seine Lebensweise aufzugeben … es war also ein Angebot, das sie schon einmal abgelehnt hatte. Sein Fünkchen Hoffnung erlosch. Still faltete er den Brief zusammen, legte ihn in einen Umschlag und versteckte ihn hinten in ein Sammelalbum.
Er ging nach draußen, und das Rauschen der Wellen in der Dunkelheit tröstete ihn.
[home]
15
W ie unbeschwert und angenehm doch ein Tag dem anderen folgte! Catherine hatte das Gefühl, dass es so eine Zeit in ihrem Leben noch nie gegeben hatte – Wochen ohne Pläne und Verpflichtungen, in denen sie einfach jede Minute eines jeden Tages genoss. Von dem Moment an, da sie die Augen aufschlug, dachte sie an nichts anderes mehr als an PJ .
Die Schönheit, die sie umgab, war mit nichts Bisherigem zu vergleichen, schwankte zwischen dramatisch und romantisch und hatte zugleich den Reiz des Schlichten. Ja, Kauai war ein Traumland. Und jeder hier schien ihr ein ganz besonderes Lächeln zu schenken, als ahne er den Grund ihrer Freude. Als ihr wieder einmal ein Fremder irgendwie wissend zugelächelt hatte, fragte sie sich, ob man ihr denn schon von weitem ansah, wie frei und glücklich sie sich fühlte, wie verliebt sie war?
PJ schlug sie ganz und gar in seinen Bann. Wenn er nicht da war, vermisste sie ihn. Sie fühlte sich ihm sehr nahe, nicht nur, wenn sie eng umschlungen im Bett lagen, sondern auch bei allen gemeinsamen Unternehmungen. Wenn sie nicht beim Surfen waren, wanderten sie durch die üppig grünen Täler, schwammen in den natürlichen Becken unter Wasserfällen, fischten oder tuckerten mit Molos kleinem Boot zu friedlichen Flecken an der Küste. Abends saßen sie auf dem kleinen Balkon des Joss House oder gönnten sich bei Molo ein preiswertes Mahl.
Wenn sie am Nordstrand surften, verbrachten sie auch immer einige Stunden im
Nirvana,
wo PJ an seinen Boards arbeitete und Catherine mit Pink und Ziggy spielte oder Summer und Ginger im Garten zur Hand ging. Dann wieder brachen alle zusammen mit einem Picknick zum Becken der Göttin auf. Catherine machte viele Fotos von dem ungewöhnlichen, aber idyllischen Leben im Einklang mit dem Rhythmus der Natur.
Im
Nirvana
sprachen alle über neue Wege, kooperativ zu wirtschaften: auf Gemeinschaftsland zu leben, sich Acker- und Gemüseanbau und die Erziehung der Kinder zu teilen, Geld in die Gruppe einzubringen und allen zu ermöglichen, ihre Talente zu entfalten. Dabei war immer genug Zeit, um Musik zu machen, mit den Kindern zu spielen, Brot zu backen. Und nie verging ein Tag, ohne dass sie surfen gingen.
Flüchtig wie kleine dunkle Wolken verdunkelten Gedanken an Bradley den Sonnenschein ihrer Tage, doch Catherine schob diese traurigen Momente rasch beiseite. Allein die Vorstellung, wie ihr Leben aussehen würde, wenn sie mit Bradley nach Washington gezogen wäre, schien ihr unfassbar. Gelegentlich hatte sie zwar das Gefühl, sie sollte seiner Familie schreiben, doch sie wusste nur zu gut, dass sie von dieser Seite weder Herzlichkeit noch Verständnis erwarten durfte. Seine Eltern würden ihr das, was sie ihrem Sohn angetan hatte, bestimmt nie verzeihen. Die Einzige, die sich vielleicht vorstellen konnte, warum sie nicht mit Bradley zusammenbleiben konnte, war vermutlich Tante Meredith.
Stattdessen schrieb Catherine ausführliche, glückliche Briefe an ihre Eltern, legte Bilder von Kauai bei und Kopien ihrer Zeitungsartikel. PJ erwähnte sie allerdings nicht, sondern berichtete ihnen nur, dass es eine Gruppe von Freunden gab, die sie unterstützten und mit denen sie viel Spaß hatte. Ihre Mutter hatte aufgehört, sich nach ihren Plänen zu erkundigen, und fragte auch nicht mehr, wann sie heimkommen würde.
Eines Morgens bat PJ
Weitere Kostenlose Bücher