Der Duft der Mondblume
unverändert geblieben war. Sogar die alte Hängebrücke führte noch über den Fluss.
Catherine machte sich Notizen zu Artikeln, die sie für die
Hawaii News
schreiben wollte. Vor Mirandas Abreise hatte sie noch ein Foto der Künstlerin mit ihren kühnen, leuchtenden Hawaii-Bildern gemacht und mit der Arbeit an einer Story über die »New Yorkerin auf der Insel« begonnen. Dann kam ihr der Gedanke, daraus eine Serie über Frauen zu machen, die auf Kauai ihre Talente entfalteten. Summer und Ginger würden bestimmt bereitwillig ihre Geschichte erzählen. Eleanor war natürlich auch eine Kandidatin; sie war zwar als Hotelinhaberin bekannt, aber Catherine hoffte, unter einem anderen, ungewohnteren Blickwinkel über sie schreiben zu können. Sie rief Eleanor an, um die Idee mit ihr zu besprechen.
»Catherine, ich freue mich so, dass Sie anrufen. Ich habe mich schon gefragt, wie Sie zurechtkommen. Abel John sagt, Sie wohnen in Hanapepe – stimmt das? Sie wissen, dass Sie jederzeit hierherkommen können …«
»Im Moment ist alles bestens, danke, Eleanor. Ich würde mich gern mit Ihnen treffen. Haben Sie Zeit, mich hier zu besuchen?«
»Ich nehme sie mir einfach. Ich habe hier auch Post für Sie, die Kiann’e weitergeleitet hat. Wie wär’s mit morgen? Am späten Vormittag?«
Catherine beobachtete, wie Eleanor den kleinen Palm-Grove-Laster vor dem Joss House parkte und den Blick über die Straße und die Gebäude schweifen ließ. Die Glöckchen an der Tür bimmelten, als sie eintrat und Catherine umarmte.
»In Hanapepe ist offenbar noch alles beim Alten, so wie ich es vor Jahren zum ersten Mal erlebt habe. Diese Galerie ist ja ganz reizend. War das nicht früher einmal eine Opiumhöhle? Oh, sieh nur einer an, was für Bilder!« Eleanor sah sich in dem kleinen Ausstellungsraum und der Wohnung um. »Ich habe schon von Mirandas Arbeiten gehört. Sehr dramatisch.« Sie machte ein nachdenkliches Gesicht. »Auf Stoff würde das großartig aussehen. Ich muss mit Miranda sprechen, wenn sie wiederkommt. In dem Neubau würde sich so etwas gut machen … falls er je fertig wird.«
»Was ist passiert?«
»Wir stecken in einer Pattsituation wegen der Steine und dem Heiau. Die Arbeiter haben die Arbeit niedergelegt. Wir haben Experten kommen lassen, und sie vermuten, dass die Grabungsstätte von einiger Bedeutung ist. Die Leute sagen, wenn wir dort bauen, droht schreckliche Vergeltung.«
»Sie glauben an diese spirituellen Geschichten hier auf Hawaii, oder?«, sagte Catherine.
»Ja, wohl schon. Aber unser Investor sicherlich nicht. Er will notfalls neue Arbeiter vom Festland holen, damit es mit dem Bau endlich vorwärtsgeht.«
»Abel John und den Einheimischen würde das nicht gefallen. Was werden Sie tun?«, fragte Catherine.
Eleanor wirkte erschöpft und sorgenvoll.
»Wir brauchen den Neubau, damit das Geschäft besser läuft. Hoffentlich findet Abel John einen Kompromiss. Bevor ich es vergesse, hier ist Ihre Post.« Sie reichte Catherine einige Kuverts.
Es waren eine willkommene Zahlungsanweisung von der
News,
ein Rundschreiben und ein Brief von ihrer Mutter.
Catherine überflog ihn rasch und kämpfte mit den Tränen. »Von meiner Mum. Sie sind natürlich besorgt wegen Bradley und mir. Aber so liebevoll. Trotzdem will ich nicht zurück nach Hause. Noch nicht.«
»Nein, Sie stehen jetzt an einem Scheideweg.« Eleanor tätschelte Catherines Hand. »Wenn es so weit ist, werden Sie wissen, was zu tun ist. Ich fahre jetzt besser zurück. Zum Lunch oder auf einen Cocktail sind Sie jederzeit willkommen. Und sehen Sie sich das Loch an.« Sie verdrehte die Augen.
Später, bei Sonnenuntergang, saß Catherine am Strand, trocknete sich ab und beobachtete die letzten Surfer, die hereinkamen. PJ gesellte sich zu ihr.
»Du siehst nachdenklich aus.«
»Ich bin ein bisschen deprimiert. Meine Mutter hat mir einen Brief geschrieben, in dem sie mich anfleht, nach Hause zu kommen, und fragt, was ich mit meinem Leben anfangen will und so weiter.«
»Ziemlich heftig. Was machst du morgen?«
»Ein paar Stunden sind für die Galerie reserviert. Was hast du vor?«
»Ich wollte vorschlagen, dass wir nach Pakala fahren, da gibt es einen guten Point Break. Oder wir probieren Poipu aus. Beides liegt nicht weit von Hanapepe entfernt. Sieht aus, als würde es hier morgen regnen, und bei dir an der Südwestküste ist es normalerweise trocken.«
»Super. Komm ins Joss House. Da kannst du dir Mirandas Bilder angucken. Später können wir
Weitere Kostenlose Bücher