Der Duft der Mondblume
friedliches Plätzchen, das sie in ihren Bann geschlagen hatte. Bradleys Bemerkung hatte ihr in Erinnerung gerufen, dass ihr Zuhause jetzt die kleine Wohnung in Honolulu war.
Solange sie vor der Hochzeit zusammenwohnten, hatte es wie ein vorübergehendes Arrangement gewirkt, das aufregend war und Spaß machte. Doch wie würde ihr Leben aussehen, wenn Bradley jetzt wieder zur Arbeit ging? Putzen, einkaufen, Einladungen zum Dinner, neue Freundschaften, sich einfinden in das Marineleben? Sie würden ihren Lebensstil, ihren Geschmack, ihre gesellschaftlichen Rollen und ihre Finanzen aufeinander abstimmen müssen. Es beunruhigte sie, dass sie kein eigenes Einkommen hatte, und Bradley schien nicht erfreut darüber, dass sie sich eine Arbeit suchen wollte. Auch eine Familiengründung stand vorerst nicht auf der Tagesordnung. Bradley hatte sich vergewissert, dass sie die Pille nahm, damit nichts passierte, bevor der richtige Zeitpunkt gekommen war.
Es war still und schwül. Keine Mittagsbrise bewegte die schlaff herunterhängenden Palmwedel, die Erde unter ihren Füßen roch feucht, das Gras war ein unebener Teppich. Auch Vögel waren nicht zu sehen. Kein Geraschel im trockenen Blattwerk. Allerdings hörte Catherine hinter dem Wäldchen Eleanors zahmen Wasserbüffel schnauben. Dort befand sich der Hotelzoo, wo man spazieren gehen und in Volieren exotische Vögel betrachten konnte.
Catherine betrat den befestigten Pfad, der sich durch den Palmenhain wand, und blieb überrascht stehen. Sie fragte sich, ob sie eine Halluzination hatte, als sie ein dicht beisammenstehendes Paar erblickte – er schaute in die Ferne, während sie zu ihm aufsah.
Der große bronzefarbene Mann trug die Insignien eines hawaiianischen Königs. Sein Umhang war wie sein Kopfschmuck aus Federn gefertigt, der große Kragen aus Muscheln und Federn lag auf nackter Haut. Ein Geflecht aus Maileblättern schmiegte sich um seinen Hals, und er hielt eine große geschnitzte Holzstange in der Hand. Sein um die Hüften geschlungener Lavalava sah aus wie aus Tapa gemacht. Er war barfuß.
Seine Königin trug ein hochgeschlossenes langes Kleid aus schimmerndem Stoff mit engem Mieder und einer Schleppe. Die bis zu den Handgelenken reichenden Volantärmel waren mit Spitze besetzt. Dazu schmückte sie eine Krone aus Farn und Blumen. Um den Hals trug sie einen üppigen Blumen-Lei sowie das königliche Maileblättergeflecht, das ihr bis zu den Knien reichte. Es war, als ob das Bild, das im Speisesaal des Palm Palace hing, zum Leben erwacht wäre.
Während Catherine noch nach Luft schnappte und erwartete, dass sich die Erscheinung in der flimmernden Hitze verflüchtigen würde, vernahm sie eine Männerstimme, und das königliche Paar lockerte seine steife Pose.
»Großartig. Geht jetzt nach rechts, und wir machen noch eine.«
Catherine trat näher und sah den Fotografen des Palm Grove, einen dunkelhäutigen Japaner, wie er eine weitere Aufnahme des Paars vorbereitete. Jetzt erkannte sie auch, dass die Königin Talia war, eine der Frauen, die ihren Bungalow putzten. Und der König war niemand anders als Abel John.
»Aloha«, rief er ihr zu. »Wie geht es Ihnen, Mrs.Connor?«
»Danke, gut … was ist denn hier los?«
»Mr.Kitamura macht Aufnahmen für die Weihnachtskarten von Mrs.Lang. Sie lässt sich dafür immer etwas Besonderes einfallen.«
»Und sie verschickt Hunderte davon«, ergänzte Talia.
Catherine beobachtete, wie der Fotograf sein Stativ woanders aufbaute und durch den Kamerasucher schaute. Um seinen Hals baumelte ein weiterer Fotoapparat, der ihn störte. Er reichte ihn Catherine. »Würden Sie mir assistieren, Madam?«
»Aber natürlich«, erwiderte sie. Während der nächsten halben Stunde stand sie hinter dem Fotografen oder sprang ein, um den Umhang des Königs zu richten oder die Schleppe der Königin geradezuziehen, je nachdem, was Mr.Kitamura gerade anordnete. Hin und wieder spähte sie auch durch den Sucher der soliden einäugigen Spiegelreflexkamera, die ihr Mr.Kitamura anvertraut hatte, und spielte mit eigenen Bildausschnitten.
»Sie fotografieren?«, fragte er sie, als er seine Sachen zusammenpackte.
»Nur Schnappschüsse«, antwortete Catherine und dachte an die Fotos, die sie von Heatherbrae und Parker gemacht hatte. »Obwohl ich mir, seit ich nach Hawaii gekommen bin, schon überlegt habe, eine gute Kamera zu kaufen. Es gibt hier so viele erstaunliche Dinge, die eine Aufnahme wert sind.«
»Sie können mir diese abkaufen. Ich habe
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