Der Duft der Mondblume
Bratfett? Irgendwie kam ihr der Name bekannt vor. Ja, genau, jetzt fiel es ihr ein. Als sie Narita in Palm Grove ein Kompliment wegen ihrer schönen Haut gemacht hatte, hatte diese ihr anvertraut, dass sie Crisco als Nachtcreme benutze. Danach brachte Catherine es nicht mehr über sich, damit zu kochen.
Manchmal wünschte sich Bradley Pfannkuchen mit Eiern, Speck und Ahornsirup – in Catherines Augen eine fürchterliche Kombination. Zudem kannte sie die Namen der hiesigen Fische und Meeresfrüchte nicht, und an die Namen der Gemüse- und Obstsorten – Auberginen hießen Eierfrüchte, Peperoni Pfefferschoten – musste sie sich erst noch gewöhnen. Auch die Sitte, den Salat vor dem Essen und nicht als Beilage zu verzehren, brachte sie völlig aus dem Konzept. »Was soll’s?«, hörte sie im Geist ihren Dad sagen, doch Bradley runzelte genervt die Stirn und deutete an, sie solle sich endlich etwas Küchenroutine aneignen, damit sie ein paar Gäste zum Dinner bitten konnten.
»Wen werden wir denn schon einladen?«, fragte sie. »Kiann’e und ihren Mann? Jemanden aus deiner Arbeit? Niemand von ihnen wird sich groß darum scheren, was auf den Tisch kommt. Warum schaffen wir uns nicht einfach so ein Hibachi-Ding an, wie man es an jeder Ecke sieht? Das ist eine Art kleiner Grill mit Holzkohle und einem heißen Stein. Wir könnten ihn auf unseren Lanai stellen und Satay-Spieße und Garnelen und so was grillen.«
Bradley sah sie kopfschüttelnd an. »Auf unseren Lanai passen gerade mal zwei Leute. Ein kleiner Tisch, ein Pflanztrog, und der Lanai ist voll. Nicht gerade ein Speisesaal. Drinnen haben wir Platz für immerhin sechs Leute, wenn wir den Aperitif und die Horsd’œuvres im Wohnzimmer nehmen. Eng, aber es geht. Man erwartet das von uns, Catherine. Wir sind Jim und Julia und auch Lance und Melanie eine Einladung schuldig. Wir waren schon mindestens zweimal bei ihnen.«
»Oh. Ich wusste nicht, dass genau aufgerechnet wird. Ich dachte, sie wären einfach nur nett und wollten mich mit allem vertraut machen, mir zeigen, was sich hier so gehört«, erwiderte Catherine, die Bradleys Kollegen und deren Frauen allzu zuckersüß und seicht fand. Diese Leute einzuladen würde eher eine lästige Pflicht als ein Vergnügen sein. Die Männer redeten nur über Baseball und Football, und die Frauen … ähm … Sie konnte sich nicht erinnern, worüber sie eigentlich gesprochen hatten – über den Ausverkauf bei
Liberty House,
die Wohltätigkeitsveranstaltung an Weihnachten, das Problem einer geplagten Familie mit ihrem missratenen Teenager … Catherine hatte es an sich vorbeiplätschern lassen. Das war keine Unterhaltung gewesen, sondern oberflächliches Geplapper.
Eine Frau hatte sich nach ihren Flitterwochen auf Kauai erkundigt, doch als Catherine die Menschen dort, insbesondere Eleanor, und den Geist des Hotels mit seiner Betonung der hawaiianischen Traditionen zu schildern begann, verloren die Frauen jegliches Interesse. Sie fragten nur noch, ach ja, wie war denn das Essen? Und was konnte man dort unternehmen? Wie war das Shoppen?
Bradley riss sie aus ihren Erinnerungen. »Genau darum geht es – was sich hier so gehört. Was meine Mum eine nette Geste zu nennen pflegt. Wir müssen uns revanchieren, Catherine. Sie geben sich alle Mühe, damit du dich willkommen und einbezogen fühlst. Zugehörig zu meiner Welt. Es ist ja schön und gut, sich in der entspannten und friedlichen Atmosphäre von Hawaii wohl zu fühlen – immerhin ist es ein Bundesstaat der USA , und die netten Menschen hier sprechen sogar dieselbe Sprache wie wir. An anderen Standorten, in anderen Situationen ist es oft viel schwieriger. Und an wen wenden wir uns dort, wenn wir Trost und Hilfe, Information oder Gesellschaft brauchen? An unsere Marine-Familie.«
Catherine konnte mit Bradley nicht streiten. Doch gerade weil die amerikanische Kultur ihr ja nicht völlig fremd war, sondern vertraut genug, um keine größeren Anpassungsschwierigkeiten zu bieten, wurden die winzigen Unterschiede heikle, kleinliche Störfaktoren für sie. So schlug sie sich zum Beispiel mit der Frage herum, wie eine festliche Tafel zu decken war, wie man irgendetwas servierte. Klitzekleine gesellschaftliche Konventionen, die normalerweise völlig bedeutungslos gewesen wären, wurden zu frustrierenden, geisttötenden Problemen. Auf Heatherbrae hätte sich keiner einen Deut darum geschert. Aber hier in Bradleys Welt, in der Welt der Marine und im Kreis seiner Freunde,
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