Der Duft der Mondblume
mach die Augen zu. Ich halte dich fest, du wirst nicht abgetrieben.«
Das Brett unter ihr schaukelte sanft, gebändigt von PJ. Die Sonne schien warm auf ihren Rücken, Wasser schwappte zwischen ihren Körper und das Brett. Allmählich begann sie, sich zu entspannen.
»Ich dreh das Brett jetzt, lass die Augen zu«, sagte PJ leise. »Gut so, jetzt schau hin.«
Sie hob den Kopf, während er das Brett wie einen Speer aus seinem Griff entließ. Für den Bruchteil einer Sekunde hatte sie das Gefühl zu schweben, dann spürte sie das herandrängende Wasser, hörte es; aber bevor sie einen Blick zurückwerfen konnte, hob sich das Brett und glitt zugleich sanft und schnell dahin. Der Strand, die dunklen Hügel und PJ s Wagen rückten näher.
Es war beglückend – ein Gefühl von Kraft und Geschwindigkeit. Wahrscheinlich war sie gar nicht so schnell und die Welle nicht sehr groß, aber wie Lester geriet sie in Euphorie.
Zuletzt schaukelte das Brett wieder sanft im seichten Wasser der Sandbank. Sie ließ sich heruntergleiten, stand im knietiefen Wasser und erblickte PJ , der mit breitem Grinsen im Gesicht auf sie zukraulte.
Sie hob das Brett auf, und gemeinsam wateten sie zum Strand.
»Na, wie war’s?«, wollte Lester wissen.
»Ihr hattet recht. Es war toll. Einfach super. Aber mehr ist nicht drin. Ich lerne nicht surfen, ich gehe nie wieder allein ins Meer.«
Die beiden Surfer lächelten sie an und nickten.
»Schon gut«, meinte PJ gelassen.
»Danke, PJ «, sagte Catherine. »Hast du Lust, mit uns zu Mittag zu essen? Das wenigstens bin ich dir schuldig. Wo möchtest du gern hin, Lester?«
»Nach Hause«, entschied er.
»Ich hab noch was zu erledigen, danke«, erwiderte PJ . Er klopfte Lester auf die Schulter. »Das machen wir mal wieder, he? Wellen reiten, ein bisschen schwimmen, in der Sonne sitzen. Du bist doch gern draußen, oder?«
»Nur wenn du Zeit für einen alten Mann und seine Gedanken hast«, erwiderte Lester schroff.
»Ist mir eine Ehre. Du bist schließlich eine Legende. Ich würde gern mehr Zeit mit dir verbringen.« PJ lächelte Catherine an. »Bis bald. Ruf mal an. Und gib Lester meine Nummer.«
Catherine nickte. »Man sieht sich.«
»Bestimmt.« Er verstaute sein Brett. »Ich denke, ich fahr später noch raus zum Rocky Point.«
Catherine wollte Lester fragen, wie ihm das Schwimmen gefallen hatte, aber ein Blick in sein Gesicht hielt sie davon ab. Als er aufs Meer hinaussah, lag in seinen Augen ein solches Leuchten, aber auch so viel Trauer – und noch etwas, was sie nicht deuten konnte, sie aber erschreckte. Bisher war Lester immer unbekümmert und freundlich gewesen, und nach den Zeitungsberichten zu urteilen war sein Leben ein offenes Buch. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, dass Schmerz, Zorn oder dunkle Geheimnisse Teil seiner Persönlichkeit sein könnten.
Als er sich in seinem Apartment auf dem Lanai niedergelassen und Catherine für sie beide ein Sandwich gemacht hatte, war er wieder ganz der Alte. Ich möchte wirklich gern mit ihm über die alten Zeiten reden, dachte sie bei sich.
Einige Frauen des Clubs hatten sich in Catherines Wohnzimmer versammelt, andere saßen auf dem Lanai. Sie war froh, dass Mrs.Goodwin heute verhindert war. Es ging darum, ein geeignetes Wohltätigkeitsprojekt auszusuchen, das die Gruppe in Angriff nehmen wollte. Wenn Mrs.Goodwin anwesend war, hatte Catherine immer das Gefühl, wie ein Schulmädchen behandelt zu werden. Julia Bensen schenkte Kaffee nach, während Catherine eine Platte mit Mrs.Hings Malasadas und frisch gebackenem Ananassahnekuchen herumreichte.
»Ich fände es gut, etwas für die Einheimischen zu tun, was meinen Sie?«, sagte Catherine. »Vielleicht einen Treffpunkt für Kinder aufbauen, wo hawaiianische Kultur vermittelt wird? Dort könnten die Kleinen Tänze und Lieder und Geschichten lernen, und auch Kinder vom Festland könnten ihn besuchen und mitmachen.«
Die Frauen starrten sie an. Es schien ihnen die Sprache verschlagen zu haben.
»Ich bin sicher, dass die Kinder so etwas in der Schule lernen. Oder auch zu Hause in der Familie«, sagte Amy Cord schließlich.
»Unsere Hula-Show war ja sehr schön«, meinte Julia nachdenklich. »Vielleicht würden auch unsere Kinder ihren Spaß daran haben.«
»Ich dachte an eine Art kulturellen Austausch. Wir könnten ihnen zeigen, wie wir bestimmte Dinge machen, und sie führen uns in ihre Bräuche ein. Es wäre wunderbar, wenn wir mehr Kontakt zu den Einheimischen hätten. Wir
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