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Der Duft der Mondblume

Der Duft der Mondblume

Titel: Der Duft der Mondblume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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man seine braungebrannte Brust mit den weißen Härchen sah; wo sich einst Muskeln befunden hatten, war die Haut erschlafft. Er lächelte ihr zu.
    »Wie geht’s heute Morgen, Lester?«, fragte sie.
    »Na ja, Schätzchen, ist schon mal besser gegangen. Wer ist der Jungspund, der diese Idee hatte?«
    »Er heißt PJ . Ursprünglich kommt er aus Kalifornien, glaube ich. Aber er ist schon eine ganze Weile hier. Ein netter Kerl, und er verehrt dich sehr. Anscheinend versteht er, was das Meer dir bedeutet.« Catherine wusste, dass Lester von seinem Lanai oder einem Liegestuhl am Pool aus stundenlang aufs Meer hinausblickte. Ihr erschien der Ozean langweilig, solange keine Boote oder Menschen im Wasser oder am Strand waren, aber Lester machte offensichtlich allein der Anblick des Wassers glücklich.
    »Hoffentlich will er mir nicht beweisen, was für ein toller Surfer er ist. Oder nach Tipps fragen und die neuen modernen Bretter über den grünen Klee loben«, erwiderte Lester resolut.
    »Nein, bestimmt nicht. Jedenfalls hat er gemeint, mit hohem Seegang wäre nicht zu rechnen, nur mit kleinen Wellen«, sagte Catherine.
    Lester antwortete nicht, sondern setzte eine undurchdringliche Miene auf. Catherine fragte sich, was wohl in seinem Kopf vorging.
    Sie fuhren an vornehmen Häusern hinter hohen Toren vorbei, die üppig blühende Bäume umgaben. Hier am Rand der Klippen hatten sich reiche Leute vom Festland eine exklusive Kolonie geschaffen.
    Lester blickte zum Diamond Head empor. »Als ich nach Hawaii kam, sind wir öfter auf den Diamond Head gestiegen. Auf den Punchbowl Lookout auch. Ich habe dort schöne Erlebnisse gehabt.«
    »Was ist dein Lieblingsplatz?«, fragte Catherine. Bestimmt eine gute Kulisse für ein Foto, dachte sie.
    Lester sah sie an. Er schien sich zu fragen, ob sie die Antwort wirklich nicht wusste. »Der Ozean.«
    »Was sonst?«, fügte Catherine im Stillen hinzu.
    PJ erwartete sie auf dem kleinen Parkplatz am Strand neben einem alten Kastenwagen, der mit Holz verkleidet war. Im Laderaum sah Catherine Surfbretter, Handtücher und eine Matratze. PJ , der eine lange Surfhose trug, begrüßte sie und hielt Lester die Wagentür auf.
    Die beiden Männer betraten den Sand und betrachteten das Wasser. Flache Wellen rollten gemächlich auf den Strand zu. Zwischen der Brandung und einer Sandbank öffnete sich ein Kanal. Lester lehnte sich auf seinen Stock, während PJ auf die Wellen deutete.
    Catherine sah, dass beide etwa gleich groß und ähnlich gebaut waren. Lesters silbernes Haar war früher so blond gewesen wie PJ s sonnengebleichte Locken. Beide waren braungebrannt, aber PJ s Haut war noch straff und glatt, während die Lesters zerfurcht war wie die Wirbel auf dem Wasser. Sie unterhielten sich leise und verstummten gelegentlich, um den Ozean zu beobachten. Catherine wollte sie nicht stören, also holte sie ihre Kamera aus dem Wagen und machte einige Aufnahmen aus der Ferne.
    Dann schritten die beiden auf das Wasser zu. Lester fiel es schwer, auf dem Sand zu gehen, denn sein Stock war hier nutzlos. Doch PJ nahm sein Brett so unter den Arm, dass sich der alte Mann auf das hell glänzende Board stützen konnte. Am Wasser angelangt, legte PJ das Brett hin und ließ sein Handtuch fallen. Lester zog sein Hemd aus, und PJ wandte sich kurz zu Catherine um, die ihnen folgte. Nun gingen die beiden Surfer ins Wasser.
    Als Catherine sah, wie Lester auf seinen dünnen Beinen den ersten Schritt ins Wasser tat, setzte ihr Herz aus. Obwohl der Sog nur schwach war und die Wellen sanft plätschernd ans Ufer schwappten, wirkte er unsicher. PJ wartete ruhig ab, bis Lester das Wasser erprobt hatte, dann deutete er auf den Kanal.
    Lester nickte, und PJ nahm seine Hand. Wie ein Kind führte er ihn durch das knietiefe Wasser zu der Sandbank. An der tieferen Stelle zwischen der flachen Sandbank und den sich brechenden Wellen ließ Lester plötzlich PJ s Hand los, tauchte ins Wasser, machte ein paar Schwimmzüge, wendete und schwamm mühelos parallel zum Strand den Kanal entlang. PJ folgte ihm.
    Selbst aus der Ferne spürte Catherine Lesters Euphorie. Ganz offensichtlich gefiel es ihm hier besser als in dem kleinen Pool vor seiner Wohnung. Die beiden Männer traten Seite an Seite Wasser. Und offenbar wurden sie sich einig, denn Lester tauchte unter eine heranrollende Welle. Catherine verschlug es den Atem, aber der alte Mann war wieder jung geworden, er schwamm mit kräftigen Zügen. Dann drehte er sich um, beobachtete die Wellen,

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