Der Duft der Mondblume
wählte eine aus, erreichte sie mit drei kräftigen Kraulzügen und glitt auf ihrem weißen Schaum zurück in den Kanal. PJ machte einen Freudensprung und winkte begeistert.
Lester schwamm zurück und übte sich noch an mehreren Wellen, ehe er sich im Kanal auf dem Rücken liegend ausruhte. PJ watete rasch zurück ans Ufer, schnappte sich das Surfbrett und paddelte zu Lester.
Er half dem alten Mann aufs Brett, und während Catherine sie durch das Objektiv beobachtete, stieß PJ Lester auf die Wellen zu. Lester paddelte mit beiden Armen, während PJ neben ihm schwamm, dann drehte Lester das Brett in Richtung Strand. PJ hielt sich daran fest und trat Wasser.
Sie wählten eine gleichmäßige, langgestreckte Welle, die nur darauf wartete, sich aus dem glatten Wasser aufzubäumen. Lester begann zu paddeln, PJ schubste ihn an, und der alte Mann durchschnitt mit dem Brett das Wasser und lenkte es mit einem Arm so, dass es im perfekten Winkel von der Welle erfasst wurde, die über den Kanal hinwegtoste, ehe sie sich im seichten Wasser über der Sandbank brach.
PJ nahm die nächste Welle und erreichte Lester, der, die Wange auf das sandige Wachs gebettet, auf dem Brett lag. Catherine legte ihre Kamera auf PJ s Handtuch und watete zu ihnen.
»He, Lester! Phantastisch! Wie war’s?«
Er antwortete nicht, sondern sah sich nach PJ um, der rasch bei ihm war.
»Roll dich runter, Lester.« Als Lester ins Wasser glitt, wandte sich PJ an Catherine. »Nimm das Board.«
Überrascht stellte sie fest, wie leicht es war, und als PJ Lester auf die Beine geholfen hatte, watete sie neben den beiden zurück ans Ufer. Lester ließ sich in den Sand sinken, und PJ setzte sich neben ihn, während Catherine das Brett behutsam neben dem Handtuch ablegte.
»Das war gut«, sagte Lester zu PJ . »Ich wünschte, meine Beine würden besser mitmachen. Ich kann nicht mehr so leicht aufspringen wie früher. Darüber hat man sich damals gar keine Gedanken gemacht, man ist einfach aufgestanden.«
»So ist das, solange man keine Probleme hat. Aber heute hast du ein paar gute Wellen erwischt.«
»Lange her, dass ich das zuletzt von mir behaupten konnte«, stellte Lester fest. »Danke, junger Mann.« Lester lächelte Catherine an. »Willst du nicht surfen lernen?«
»Nein. Aber bei dir sieht es aus, als könnte es Spaß machen.«
»Du kannst mein Brett nehmen«, bot PJ an.
»Nein, danke. Aber ich schwimme ein bisschen im Kanal.« Sie watete über die Sandbank, tauchte in das tiefere, kühlere Wasser ein und bemerkte den Sog. Das Schwimmen musste Lester eine Menge Kraft gekostet haben. Sie erblickte einen hellgrünen Fleck, auf den sie zusteuerte. Das klare grüne Wasser, das sie vor sich sah, unterschied sich vom Rest des Kanals, aber dort angelangt merkte sie, dass es viel tiefer und die Strömung stärker war.
Stehen konnte sie hier nicht mehr, und mit einem Blick über die Schulter erkannte sie, dass sie sich schon ein ganzes Stück vom Ufer entfernt hatte. In jäher Panik machte sie kehrt und schwamm, was das Zeug hielt, aber sie kämpfte gegen den Strom, der sie schneller aufs Meer hinaustrug, als sie schwimmen konnte. Sie hielt nach PJ Ausschau, doch er hatte ihr den Rücken zugekehrt und stützte Lester auf dem Weg zurück zum Parkplatz.
Jetzt versuchte Catherine, die Sandbank und das Ufer direkt anzusteuern, aber sie kam nicht voran, und allmählich ging ihr die Puste aus. »Wasser treten und um Hilfe rufen«, sagte sie sich.
Doch PJ sah immer noch nicht in ihre Richtung, und sonst war niemand am Strand. Sie fühlte sich wie auf einem zu schnellen Laufband, das sie rasant den Kanal entlangbeförderte. Vor sich sah sie die tosende Brandung. Wenn sie sich zu den Wellen treiben ließ, konnte sie sich vielleicht von einer näher ans Ufer tragen lassen, wie Lester es vorhin getan hatte? Aber sie erkannte, dass ihre Situation nicht vergleichbar war, diese Wellen rollten nicht behäbig auf die Sandbank zu, sondern türmten sich bedrohlich auf, und die Strömung würde sie unausweichlich zum Riff ziehen.
PJ und Lester hatten sich eine ungefährliche Stelle ausgesucht, doch sie war inzwischen viel zu weit draußen, wo die Strömungen plötzlich einen ganz anderen Sog hatten. In ihrem Kampf geriet sie in Atemnot, tauchte unter und schluckte Wasser.
»O nein, lieber Gott, lass mich nicht ertrinken, nicht hier draußen, ganz allein …«
Das war ihre größte Angst. In ruhigem Wasser war sie eine gute Schwimmerin, aber auf offenem Meer hatte sie
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