Der Duft der Rose
nötige Maß an Interesse und gleichzeitig genug Demut zeigte.
»Ich will eine Seifensiederei errichten lassen. Der Bedarf an Seife steigt ständig, und Platz genug gäbe es. Außerdem könnten wir später die nötigen Pflanzen anbauen.«
Die Idee überraschte ihn, da er mit allerlei Hirngespinsten einer verwöhnten Adeligen gerechnet hatte. Seife gehörte zu den immer häufiger nachgefragten Waren, der Plan konnte sich also als durchaus erfolgversprechend erweisen.
»Wenn die Angelegenheit genau geplant ist, sehe ich für eine solche Unternehmung gute Chancen.« Er gab sich Mühe, Zuversicht auszustrahlen. »Natürlich würde ich Euch unterstützen.«
Ihr Gesichtsausdruck blieb skeptisch, und er fluchte insgeheim.
»Wir werden sehen«, sagte sie vage. »Lasst mich Eure Empfehlungsschreiben sehen.«
Er zog ein mehrfach gefaltetes Schreiben aus der Innentasche seiner Jacke und reichte es ihr. Gleichzeitig spürte er, wie seine Handflächen feucht wurden.
Sie strich das Papier glatt und überflog es. »Das hier stammt von Eurer ersten Stelle als Verwalter. Sehr schön, aber ich würde gerne die Schreiben des Herzogs von Paillet oder des Grafen von Saint-Levin sehen.«
Ihre Augen hatten die Farbe von Bernstein. Irisierendem, glitzerndem Bernstein. Und ihr Blick die Härte von Diamanten.
»Es gibt keine anderen Empfehlungsschreiben, Madame la Comtesse«, sagte er so ruhig, wie es ihm möglich war. »Ihr müsst mir glauben, dass ich in der Lage bin, die mir übertragene Aufgabe zu erfüllen.«
Die Comtesse lehnte sich in ihrem Sessel zurück. »Das ist unmöglich, ein Mann in Eurem Alter ... wie alt seid Ihr überhaupt?«
»Sechsunddreißig.«
»Ein Mann von sechsunddreißig Jahren muss doch eine Reihe von Empfehlungsschreiben erhalten haben. Auf jeden Fall mehr als eins.«
»Es gibt nur dieses eine«, wiederholte er stoisch.
Sie las es noch einmal und warf es dann auf den Tisch. »Dieses Schreiben ist dreizehn Jahre alt. Was habt Ihr in der Zwischenzeit getan?«
»Für verschiedene Herren als Verwalter gearbeitet.«
»Wenn Ihr dafür keine Beweise habt, könnt Ihr die Zeit genauso gut hinter Gittern verbracht haben.«
»Oder auf einem Schiff. Oder in den Kolonien.« Er erwiderte ihren Blick direkt. »Ich könnte Euch allerhand schillernde Geschichten erzählen, Madame la Comtesse, dennoch entscheide ich mich für die Wahrheit. Auch wenn sie Euch unglaubwürdig erscheint.«
»Ich kann Erkundigungen über Euch einholen lassen. Beim Herzog oder bei Saint-Levin.«
»Tut es.« Er zögerte, aber einen Boten in die Bretagne zu senden, wäre aufwendig. Zu aufwendig, um sich über einen Verwalter zu erkundigen.
Sie blickte ihn prüfend an und schüttelte dann den Kopf. »Monsieur Levec, ich vergebe eine Vertrauensposition. Ich brauche mehr als ein Schreiben aus Euren Jugendtagen, um Euch diese Position zu übertragen. Das werdet Ihr sicher verstehen. Ich danke Euch für Euren Besuch. Lasst Euch in der Küche eine warme Mahlzeit geben. Meinetwegen könnt Ihr auch die Nacht hier verbringen. Lebt wohl.«
Zorn legte sich wie eine rote Wolke vor seine Augen. Das hatte er von seiner Ehrlichkeit. Er sollte lügen und betrügen wie alle anderen. Er sollte einfach ein Empfehlungsschreiben fälschen, wie viele in ähnlichen Situationen es taten. »Ihr werdet mir die Vertrauensposition des Verwalters von Plessis-Fertoc geben«, sagte er langsam.
»Ach ja? Warum?«, fragte sie hochmütig.
»Weil ich sonst dem Chevalier de Rossac erzählen werde, dass Ihr versucht habt, seinen Sohn in der Wiege zu ersticken.«
Das Ticken der Uhr auf dem Kaminsims dröhnte in der Stille. Aus dem Gesicht der Comtesse war jede Farbe gewichen. Die blassen Lippen öffneten sich, ohne einen Laut hervorzubringen. Ihr Blick war wie erstarrt.
Nicholas merkte nicht, wie sich seine Finger so fest ineinander verschlangen, dass sich die Nägel in seine Haut bohrten.
Die blassen Lippen schlossen sich wieder, und ihr Blick kehrte aus dem Nichts zurück. »Wer würde Euch schon glauben?«, fragte sie so leise, dass er Mühe hatte, sie zu verstehen. »Wenn mein Wort gegen das Eure steht?«
»Vielleicht glaubt man mir nicht. Aber die Saat des Zweifels wäre gesät und würde irgendwann die nachbarlichen Bande zerstören. Möglicherweise denkt Euer Liebhaber sogar länger über die Anschuldigung nach, als Ihr jetzt annehmt.«
Es war ein Schuss ins Blaue. Aber irgendetwas musste sie mit Rossac verbinden, sonst hätte sie nicht versucht, seinem Sohn
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