Der Duft der Rose
einfach sein? Sie machte sich auf den Weg zu Jacques' Suite. Vielleicht gelang es ihm, sie aufzuheitern.
In Gedanken versunken nahm sie die Abkürzung durch eine leerstehende Zimmerflucht, nur um festzustellen, dass ein Kammerdiener und eines der Dienstmädchen die Abgeschiedenheit für ein Rendezvous nutzten. Unwillkürlich blieb sie stehen und verfolgte die Szene. Das Mädchen lag auf einem mit Tüchern abgedeckten Tisch mitten im Zimmer, der Mann stand zwischen ihren Schenkeln. Die beiden hatten sich nicht die Mühe gemacht, ihre Kleider abzulegen, sondern hatten sich nur so weit entblößt, wie es nötig war. Die Hose des Kammerdieners hing an den Bändern unter den Knien. Sein kleiner, fester Hintern stieß in einem beharrlichen Rhythmus immer wieder nach vorn und ließ dabei die Kontraktionen der Muskeln sehen. Jeder Stoß wurde von einem hohen, fordernden Schrei des Mädchens begleitet, der tief in Ghislaines Körper widerhallte.
»Sei nicht so laut, Marianne, wenn uns jemand hört, ist der Spaß zu Ende«, knurrte der Mann und drückte mit der Hand eine ihrer Brüste aus dem Ausschnitt, um die steil aufgerichtete Spitze mit dem Daumen zu reizen.
»Ich ... kann ... oh, oh, ja ... es ... oh, oh ... es ist so gut. Hööör nicht ... oh, oh, ja, jaaa ...« Sie bäumte sich auf. Nackte Beine schlangen sich um die Hüften des Mannes, als ob sie ihn zerquetschen wollten.
Ghislaine atmete tief durch. Es war Ewigkeiten her, dass sie mit einem Mann zusammen gewesen war. Ein Schauer rieselte über ihre Haut, und ihre Brüste spannten sich sehnsuchtsvoll. Nun auch das noch. Aber warum sollten die Bewohner des Schlosses der Lust entsagen - nur weil die Schlossherrin es tat. In letzter Zeit hatte sie sich nicht einmal mehr selbst gestreichelt, wenn sie in ihrem riesigen Bett lag. Zu sehr waren ihre Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt gewesen. Doch hier und jetzt wurde sie daran erinnert, dass ihr Körper noch andere Bedürfnisse kannte als Essen, Trinken und warme Kleidung.
Das wütende Aufeinanderschlagen der beiden Körper wurde von einem heißen Stöhnen unterbrochen, dem ein Stakkato an spitzen Schreien folgte. Ghislaine nutzte die Gelegenheit und hastete durch den Raum, um ins angrenzende Foyer zu kommen, ohne die beiden zu stören.
Dort blieb sie stehen und versuchte, ihren rasenden Herzschlag unter Kontrolle zu bringen. Vor Tris hatte sie nicht gewusst, wie empfänglich sie für die Freuden der körperlichen Liebe war. Sie war aus Langeweile mit Männern ins Bett gestiegen, um sich ihre Wirkung als Frau bestätigen zu lassen oder weil sie gerade während einer von Henris Orgien auf Belletoile weilte. Sie hatte nicht viele Gedanken daran verschwendet, es waren unbedeutende Affären gewesen, schneller vergessen als begangen. Erst Tristan de Rossac hatte diese Sehnsucht in ihr geweckt, die nur die Vereinigung mit einem Mann stillen konnte. Und seitdem brannte die Sehnsucht in ihrem Körper. Verborgen unter den Trümmern ihres zerstörten Lebens.
5
Henri saß im Kaminzimmer und hielt ein Glas Cognac in der Hand. Das Licht der Kerzen spiegelte sich in dem geschliffenen Kristallkelch und verwandelte den Inhalt in flüssigen Bernstein. Die Füße hatte er auf ein niedriges Tischchen gelegt, das eigentlich für andere Zwecke gedacht war.
Vincent ging vor ihm auf und ab. »Ich weiß nicht, wie du dir das vorstellst«, sagte er zum ungefähr hundertsten Mal.
Henri lümmelte sich tiefer in das Sofa und nahm einen Schluck Cognac, da er wusste, dass Vincent ohnehin keine Antwort erwartete.
»Lass uns doch deine Idee etwas konkretisieren.« Mit diesen Worten klappte Vincent die Schreibplatte des an der Wand stehenden Sekretärs herunter, um Papier und Feder bereitzulegen.
Henri sah ihm mit gerunzelter Stirn zu. »Was soll ich konkretisieren?«
»Nun, du willst heiraten. Wie soll die Frau beschaffen sein, die Madame la Duchesse werden wird?« Vincent hielt die Feder in der Hand und sah ihn erwartungsvoll an.
Er zuckte die Schultern. »Darüber habe ich nicht nachgedacht.« Das war keine Lüge. Er hatte den abstrakten Entschluss gefasst zu heiraten, um einen Erben zu zeugen, aber alles andere ...
Vincent wippte ungeduldig mit der Feder. »Eine Jungfrau?«
»Gott bewahre.« Henri unterdrückte ein Schaudern. »Zumindest einer in dieser Ehe sollte wissen, wie sie richtig vollzogen wird.«
»Also eine Witwe. Mit Kindern?«
Henri stellte das Glas weg und nahm die Füße vom Tisch. »Du machst tatsächlich eine
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