Der Duft der Rose
unterstrichen.
Nachdem er ihr gegenüber Platz genommen hatte, justierte sie die Schreibgeräte, um die Stille und damit die Bedeutung der Situation zu betonen. Als sie schließlich das Wort an ihn richtete, bemerkte sie den spöttischen Ausdruck in seinen Augen.
»Nun, ich nehme an, Ihr habt die Zeit genutzt, um das Verwalterhaus herzurichten und Euch mit den Aufgaben vertraut zu machen.«
Er lehnte sich zurück und streckte die Beine von sich. »Das Verwalterhaus in seinem gegenwärtigen Zustand genügt meinen Ansprüchen. Ich werde nichts ändern, da ich in zwölf Monaten weiterziehen werde. Mein Nachfolger kann sich darum kümmern. Was die Arbeiten betrifft ...«
Ghislaine hörte ihm nicht länger zu. Sieben Worte rotierten in ihrem Kopf und löschten alles andere aus: da ich in zwölf Monaten weiterziehen werde. Warum war sie nicht schon früher darauf gekommen? Die Antwort auf ihre verzweifelte Suche saß direkt vor ihr. Ein Mann, der in absehbarer Zeit verschwinden und sich weder um ihr Leben noch um ihr Kind einen Deut scheren würde. Der ihr keine Vorschriften und keinen Ärger machen würde. Was wollte schließlich einer wie er, der herumzog und keinen festen Platz im Leben hatte, mit einem Kind? Er würde keinen Anspruch darauf erheben - sollte er es überhaupt jemals erfahren.
Die Müdigkeit, die begonnen hatte, sich in ihr auszubreiten, wich jäh einem unbändigen Tatendrang. Sie verschränkte die Finger, um das Zittern ihrer Hände zu verbergen.
Levec redete noch immer von Bewässerungsanlagen, die es auf den neuesten Stand zu bringen galt, aber Ghislaine widmete sich nur einem Gedanken - wie sie ihn dazu bringen konnte, mit ihr ins Bett zu steigen.
Ihr Blick hing an seinem Gesicht. Dichte schwarze Brauen dominierten seine kantigen Züge. Dazwischen stand eine deutliche senkrechte Kerbe. Auch von seiner Nase zum Mund liefen zwei tiefe Falten. Sie ließen ihn älter erscheinen, als er tatsächlich war. Die schmal geschnittenen Lippen erweckten nicht den Eindruck, als würde er oft lächeln. Oder als würde er überhaupt lächeln.
Sein sonnenverbrannter Teint zeugte davon, dass er im Freien arbeitete. Abwesend betrachtete sie das Stück Haut, das der Hemdausschnitt frei ließ, und merkte erst nach einer geraumen Weile, dass er aufgehört hatte, zu sprechen.
Sie sah hastig auf und traf einmal mehr auf den spöttischen Blick seiner ungewöhnlich hellen Augen. Sie waren nicht grau, wie sie anfangs gedacht hatte, sondern von einem klaren, durchscheinenden Grün, wie es ihr noch nie zuvor begegnet war.
»Was meint Ihr dazu, Madame la Comtesse?«
Sie hatte keine Ahnung, worum es ging. »Das wäre sicher eine Überlegung wert«, sagte sie in der Hoffnung, damit eine passende Antwort zu geben. »Wie konkret sind Eure Pläne?«
»Es bedarf noch der einen oder anderen Recherche, aber dann könnte ich Euch detaillierte Angaben unterbreiten.«
Sie nickte. »Gut. Dann verbleiben wir vorläufig so. Wenn Ihr alles zusammengetragen habt, sehen wir weiter.« Mit diesen Worten stand sie auf und ging zur Tür. Ihre Gefühle befanden sich noch immer in einem heftigen Aufruhr, deshalb war sie froh, dass ihre Hand nicht mehr zitterte, als sie sie Levec reichte. Er erwiderte ihren Händedruck fest und mit einer kleinen Verbeugung. »Wie Ihr wünscht, Madame la Comtesse.«
Mit heftig klopfendem Herzen lehnte sich Ghislaine gegen die geschlossene Tür. Was seine Pläne waren, wusste sie nicht. Aber was ihre Pläne betraf, nun, darüber hegte sie nicht den geringsten Zweifel.
7
Nachdem sie Jacques einen Besuch abgestattet und den Zuber, in dem die drei Fische herumschwammen, gebührend bewundert hatte, machte sie sich auf den Weg in ihre Gemächer. Mit Hilfe ihrer Zofe legte sie ihre Kleider ab und erfrischte sich am Waschtisch. Sobald sie sich in einen dünnen seidenen Morgenmantel gehüllt hatte, schickte sie das Mädchen weg und ließ sich aufs Bett fallen.
Ihre Gedanken kreisten um Nicholas Levec und wie sie ihn verführen sollte. Der Mann gehörte vermutlich nicht zu jenen, die flatternde Wimpern und das Spiel mit dem Fächer zu würdigen wussten. Subtilität versprach in diesem Fall wenig Erfolg, nur ein unverblümter Angriff erschien zielführend. Sollte er sie nackt in seinem Bett entdecken, würde er vielleicht begreifen, was sie von ihm wollte.
Sie unterdrückte ein Lächeln. Mit einem Mann wie ihm hatte sie sich noch nie eingelassen. Weder mit einem Bürgerlichen noch mit einem ihrer Untergebenen war
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