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Der Duft der Rose

Der Duft der Rose

Titel: Der Duft der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Küchentür, die zum Hof führte. Ghislaine trat näher und lehnte sich dann mit verschränkten Armen gegen den Rahmen, um das sich ihr bietende Schauspiel zu genießen.
    Ihr Verwalter stand am Brunnen, keine zwanzig Schritt von ihr entfernt und ohne einen Faden am Leib. Einem Leib, der sich als recht ansehnlich erwies.
    Sie folgte den Bewegungen seiner Hände, die den Seifenschaum in seinem Haar verteilten, mit wachsendem Interesse. Seine Gestalt war hager, das Spiel der sehnigen Muskeln unter der dunklen Haut, die von den Hüften bis zu den Knien eine helle Tönung aufwies, deutlich sichtbar. Sein Körper verriet, dass er an Arbeit gewöhnt war, an regelmäßige, schwere Arbeit unter freiem Himmel und nicht an das Tragen kostbarer Kleidung oder das süße Nichtstun.
    Mühelos hob er den Eimer vom Brunnenrand und schüttete sich das Wasser über den Kopf. Er schnappte nach Luft und strich das nasse Haar zurück, ehe er den Eimer wieder in den Brunnen ließ und die Prozedur wiederholte. Seine Bewegungen waren von einer natürlichen Geschmeidigkeit, spielerisch und ungezwungen. Wie bei einem Menschen, der sich unbeobachtet fühlte und mit sich im Reinen war. Nichts an ihm deutete mehr auf die grimmige, verbissene Entschlossenheit hin, die sonst an ihm zu haften schien.
    Die Sonne stand hinter dem Haus und ließ die Wassertropfen auf seiner Haut funkeln. Kleine Bäche liefen von seiner kaum behaarten Brust über den flachen Bauch und tropften von seinem entspannten Glied zu Boden. Er verströmte Männlichkeit in einem solchen Ausmaß, dass Ghislaines Mund trocken wurde.
    Das hier war kein kaum den Kinderschuhen entwachsener Knabe, kein weicher, vom Schmelz der Jugend umhüllter Körper. Vor ihr stand ein Mann, den das Leben geformt und gezeichnet hatte. Und dessen Anblick ihr die Knie weich werden und sie an Dinge denken ließ, die mit ihrem ursprünglichen Plan überhaupt nichts zu tun hatten.
    Nicholas trocknete sich ab und stieg in die bereitliegende Hose. Er fühlte sich erfrischt und unternehmungslustig. Während er das Hemd überstreifte, überlegte er, ob er sich noch zu den Männern gesellen sollte, die für gewöhnlich bis zum Einbruch der Dunkelheit im Gesindehaus beieinander hockten.
    Gutgelaunt nahm er die Seife und den gefüllten Wasserkrug, um zum Haus zurückzugehen. Nach dem ersten Schritt hielt er inne und kniff die Augen zusammen. Jemand lehnte am Rahmen der Küchentür. Eine Frau. Ihr Gesicht konnte er nicht erkennen, da sie im Schatten stand und ihn die Sonne blendete.
    Langsam setzte er sich wieder in Bewegung. Ein Fluch lag auf seinen Lippen, denn allzu viele Möglichkeiten, wer die Frau sein konnte, gab es nicht. Natürlich war ihm nicht entgangen, wie sie ihn angesehen hatte, als er ihr Arbeitszimmer verließ. Aber den restlichen Nachmittag über verschwendete er keinen weiteren Gedanken mehr daran. Darin hatte er über die Jahre hinweg Routine bekommen.
    Nachdem der Schmerz über Rosalies Tod seinen Stachel verloren hatte und er sich seiner körperlichen Bedürfnisse wieder bewusst wurde, ging er nach einigem Zögern in ein Bordell. Er hatte nicht angenommen, dass er dort Zuneigung oder Liebe finden würde, so naiv war er nicht gewesen. Allerdings hatte er damit gerechnet, dass die Frau, die er bezahlte, seine Lust teilte und nicht teilnahmslos ertrug. Diese Erkenntnis machte ihm zu schaffen, er versuchte es noch ein paar Mal mit anderen Dirnen, erlebte aber immer dasselbe. In schmierigen Zimmern schoben sie ihre Röcke hoch oder streiften abgetragene Morgenmäntel ab, um sich mit gespreizten Beinen auf das alles andere als sauber aussehende Bett zu legen. Sie erwarteten, dass er seine Lust stillte, schnell und mit so wenigen Stößen wie möglich. Ihre Gesichter unter der Schminke waren wächsern, und hinter ihren geschlossenen Augen verbargen sie ihre wahren Gefühle, während aus ihren rot gefärbten Mündern Laute drangen, die eine schlechte Parodie von Lust und Leidenschaft waren.
    Er fand sich schließlich damit ab, dass er das, was er suchte, dort nicht finden würde, und verschloss als Konsequenz seine Bedürfnisse tief in sich. So tief, dass er sich vormachen konnte, keine mehr zu besitzen. Und damit war er in den letzten Jahren überaus erfolgreich gewesen.
    Je näher er kam, desto unübersehbarer wurde die Absicht der Comtesse für ihn. Sie sah aus, wie eine Dame von Stand sich wohl eine Zigeunerin vorstellte. Die Stickerei der Bluse war zu fein, der glänzende Stoff des Rocks passte

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