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Der Duft der Rose

Der Duft der Rose

Titel: Der Duft der Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daria Charon
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Augen auf. »Das ist fein. Wir reiten zu dem kleinen See. Die Schwäne haben Junge. Sie sind struppig und grau, als wären sie in einen Farbtopf gefallen, und die Eltern fauchen wie Drachen, wenn man ihnen zu nahe kommt. Fast hätte mich einer erwischt. Aber ich war schneller.« Er grinste triumphierend und fuhr fort, das Omelette in sich hineinzuschaufeln.
    »Ich war schon lange nicht mehr am See. Willst du deine Angel mitnehmen?«, erkundigte sie sich.
    Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund, machte sich aber nicht die Mühe, das Omelette hinunterzuschlucken, ehe er antwortete: »Das ist eine gute Idee. Mit Laurent lasse ich immer Steine übers Wasser hüpfen, aber wenn ich etwas fange, dann können wir zu Mittag frischen Fisch essen.«
    Ghislaine nickte. Sie würde ihren Skizzenblock mitnehmen. Beim Zeichnen hatte sie sich schon immer gut entspannen können. Vielleicht war so ein Tag mit faulem Nichtstun genau das, was sie brauchte, um wieder Kraft zu sammeln, damit sie die anstehenden Entscheidungen treffen konnte.
    Wenig später ritten sie zu dritt den Weg entlang, der zum See führte. Jacques hatte wie immer darauf bestanden, seinen rabenschwarzen Hengst zu satteln. Er kümmerte sich ganz allein um Diabolo, ließ niemanden an ihn heran und betonte immer wieder, dass er diese Aufgabe erfüllen müsse, denn wenn Tris - der ihm das Pferd als Fohlen geschenkt hatte - zurückkäme, würde er von ihm Rechenschaft darüber fordern. Ghislaine widersprach ihm nicht, obwohl Tris nicht zurückkommen würde. Seit er Frankreich verlassen hatte, hatte man nichts mehr von ihm gehört. Doch im Grunde hatte das für sie keine Wichtigkeit mehr. Er war für sie verloren, auf die eine oder die andere Weise.
    Jacques ritt mit Laurent vor ihr. Sie hörte sein aufgeregtes Geplapper und die stoischen Antworten seines Leibwächters. Laurent kümmerte sich seit mehr als zwei Jahren um ihren Mann und beschützte ihn vor sich selbst ebenso wie die Umwelt vor der Impulsivität und den Bärenkräften des Comtes, eine Kombination, die gelegentlich katastrophale Folgen nach sich zog.
    Oft hatten die Leibwächter schon nach sechs Wochen die Flinte ins Korn geworfen. Laurent besaß jedoch eine ausgezeichnete Art, mit Jacques umzugehen. Häufig konnte er einen Wutanfall bereits im Entstehen verhindern, indem er auf den Grafen einging und ihn ablenkte. Außerdem verfügte er über ein Ausmaß an Geduld, das einem Heiligen Ehre machen würde. Ein wahrer Glücksgriff. Sie kniff die Augen zusammen, um die breiten Schultern besser sehen zu können. Er war Ende zwanzig, ein Schrank von einem Mann mit einem ehrlichen, gutmütigen Gesicht. Vermutlich hatte er ein Liebchen unter den Zofen oder Küchenmädchen.
    Ghislaine seufzte und verwarf den Gedanken, der in ihrem Kopf aufgeblitzt war. Sich von diesem Mann schwängern zu lassen, würde zahlreiche Probleme mit sich bringen, und ihn als Leibwächter zu verlieren, konnte sie sich nicht leisten.
    Ebenso wenig wie sie einen der Männer aus der Nachbarschaft in Erwägung ziehen konnte. Mit einem verheirateten Mann ins Bett zu steigen, widerstrebte ihr, auch wenn sie keine Beziehung mit ihm eingehen wollte. Ein Witwer dagegen brachte unerwünschte Einmischung in ihr Leben mit sich, und einer der erwachsenen, unverheirateten Söhne aus befreundeten Adelsfamilien würde möglicherweise Anspruch auf das Kind erheben. Außerdem stand ihr der Sinn nicht nach dem Überschwang jungendlicher Gefühle. Das brachte nichts als Ärger.
    Es konnte doch nicht so schwer sein, einen Mann zu finden, der sie schwängerte und dann aus ihrem Leben verschwand, am besten noch bevor er überhaupt erfahren konnte, dass er ein Kind gezeugt hatte. Den Bastarden nach zu schließen, auf die man überall stieß, war es doch das, was Männer für gewöhnlich taten: ihren Spaß haben und dann auf Nimmerwiedersehen verschwinden.
    Seufzend stieg sie vom Pferd und suchte sich einen Platz unter einer schattigen Baumkrone, wo sie die mitgebrachte Decke ausbreitete und ihre Malutensilien bereitlegte.
    Laurent kümmerte sich um die Pferde und half Jacques mit der Angel und den Ködern. Friedliche Stille senkte sich über die Szenerie, und Ghislaine skizzierte zuerst die beiden Männer am Ufer und dann ein vorwitziges Eichhörnchen, das sich an dem mitgebrachten Korb mit Erfrischungen zu schaffen machte.
    Zeichnen und Malen hatten ihr schon immer Freude bereitet. In den letzten Monaten allerdings war es ihr nie gelungen, sich die Zeit

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