Der Duft der Rose
genommen. Sophie hörte die beiden im angrenzenden Raum eine Weile reden und lachen, ehe sie sich entfernten.
Auf dem Tisch brannten noch immer die Kerzen, aber es fehlte ihr die Kraft, aufzustehen und sie zu löschen. Stattdessen rollte sie sich zusammen und zog die Decke bis zum Kinn, da sie anstelle von Erleichterung plötzlich eine unerklärliche Kälte überfiel. Sie hatte es überstanden - zumindest für dieses Mal.
18
Ghislaine summte vor sich hin und betrachtete konzentriert das Bild, an dem sie gerade arbeitete. Es sollte das Kistchen schmücken, in dem die fertigen Seifen später zum Verkauf angeboten wurden. In der Druckerei hatte man ihr gesagt, dass der Entwurf nicht zu kompliziert sein sollte, und deshalb beschränkte sie sich auf eine Rose, die von den markanten Umrissen des Schlosses umrahmt wurde. »Savons gemmes du Plessis-Fertoc« stand in einer Banderole darunter. Je nach Duftnote würde die Blüte wechseln, alles andere aber unverändert bleiben.
Sobald sie drei verschiedene Vorlagen fertig hatte, wollte sie damit zu Nicholas gehen. Alles lief vorzüglich. Der Sommer neigte sich dem Ende zu, die Manufaktur wuchs täglich ein Stück, und auch die Beziehung zu Nicholas entwickelte sich prächtig. Sie trafen sich fast jeden Abend, meist im Verwalterhaus, aber er lehnte es nicht mehr völlig ab, zu ihr ins Schloss zu kommen. Gelegentlich aß er mit ihr und Jacques zu Abend, ohne dass dabei peinliche Situationen entstanden. Alles verlief so wunderbar, so einfach, jeder Tag brachte einen neuen Erfolg, sodass Ghislaine langsam daran zu glauben begann, dass das Glück sie endlich doch gefunden hatte.
Sie legte die Feder beiseite und blickte zum Fenster. Das Wetter war viel zu schön, um noch länger im Haus zu bleiben. Nicholas verbrachte die Nachmittage immer bei der Seifenmanufaktur, um die Fortschritte zu überwachen. Sie würde sich auf den Weg zu ihm machen, mit den ersten Entwürfen für die Seifenverpackung. Dann konnten sie immer noch entscheiden, was sie weiter tun wollten. Sie lächelte in stiller Vorfreude und stand auf, um zur Tür zu gehen.
Doch nach den ersten Schritten, überkam sie ein heftiger Schwindel, und die Umgebung verschwamm vor ihren Augen. Sie hielt sich an einer Sessellehne fest und sank dann auf den Stuhl.
Das war ihr auch schon am Tag zuvor passiert, wie sie sich mit einem Stirnrunzeln erinnerte. Da sie über eine robuste Gesundheit verfügte, erstaunte sie diese Schwäche. Sie wartete eine Weile, und versuchte es dann ein zweites Mal. Der Schwindel war vorbei, aber ein flaues Gefühl blieb, und sie legte die Hand auf den Magen. Auf der Anrichte standen ein Wasserkrug und Gläser. Sie bediente sich und blickte dabei in den Spiegel. Ihr Gesicht erschien ihr ungewöhnlich blass. Sie strich mit der Hand nach unten über ihren Bauch. Täuschte sie sich, oder wölbte er sich tatsächlich stärker?
Ganz langsam ließ sie das Glas sinken. Konnte es möglich sein? Ohne nachzudenken, raffte sie den Rock samt der Unterröcke hoch und betrachtete sich im Spiegel. Die Rundung erschien ihr größer als ... als ... sie versuchte, sich zu erinnern, wann sie sich zum letzten Mal bewusst angeschaut hatte, und das war eine Weile her. Sie gehörte nicht zu jenen Frauen, die täglich Stunden vor dem Spiegel verbrachten, um ihre Erscheinung zu kontrollieren. Und wenn sie es mit Nicholas vor einem Spiegel trieb, dann achtete sie nicht auf ihren Bauch.
Das flaue Gefühl verstärkte sich, und sie sank wieder auf den Sessel. Wann hatte sie ihre Blutung gehabt? Es war lange her, viel zu lange, um noch als normal zu gelten. Bisher hatte sie diesen Vorgängen keine große Bedeutung zugemessen, zumindest keine, die sie veranlasst hätte, darüber Aufzeichnungen zu führen.
Konnte es möglich sein, dass sie ein Kind in sich trug? Sie erinnerte sich, dass die Frauen, die sie kannte, immer von Übelkeit am Morgen als erstem Anzeichen sprachen. Dass die Brüste größer und empfindlicher wurden.
Ghislaine schluckte. Übel war ihr nie gewesen. Und sie hatte gedacht, das Nicholas' ausgiebige Zärtlichkeiten daran schuld waren, wenn ihre Brustwarzen schmerzten. Sie legte die Hand auf den Mund, konnte es noch immer nicht glauben und wagte nicht, Freude zu empfinden. Wenn sie sich nun täuschte ... Jeanne. Die alte Jeanne musste es wissen. Nur sie konnte ihr Gewissheit geben.
Keine Stunde später saß Ghislaine in der Hütte der alten Frau.
»Ihr sagt also, dass Eure Blutung schon lange zurückliegt,
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