Der Duft der Rose
mehr als acht Wochen?« Die scharfen schwarzen Augen blickten sie durchdringend an.
»Ja.« Ghislaine schämte sich, dass sie keine genauere Auskunft geben konnte.
»Legt Euch auf das Bett.«
Ghislaine blickte auf die schmierigen Laken und unterdrückte ein Schaudern, ehe sie sich zögernd aufs Bett setzte.
»Hinlegen, habe ich gesagt.«
Ghislaine tat es und versuchte, den muffigen Gestank zu ignorieren, der ihr in die Nase stieg.
Jeanne schob Ghislaines Rock in die Höhe und steckte ohne Umstände die Finger in ihre Scheide. Mit der anderen Hand tastete sie ihren Unterleib ab. Es tat nicht weh, war aber doch unangenehm genug, dass sich Ghislaine auf die Lippen biss.
Schließlich zog die alte Frau den Rock wieder nach unten. Während sie sich die Hände an der Schürze abwischte, verzogen sich ihre dünnen Lippen und ließen die kümmerlichen Zahnstümpfe sehen. »Keine acht Wochen, Comtesse, das Kleine ist schon mindestens fünf Monate alt.«
Alles Blut wich aus Ghislaines Gesicht. »Fünf ... Monate?«, wiederholte sie fassungslos. »Das kann nicht sein.«
Dann dachte sie darüber nach, wann Nicholas als Verwalter angefangen hatte und wann sie ihn das erste Mal verführt hatte. Es war möglich, wenn sie schon bei den ersten Malen empfangen hatte. Jeanne sah sie nur schweigend an und ließ ihr Zeit zum Überlegen.
»Aber ... aber wenn es so ist ... warum habe ich nichts gespürt, keine Übelkeit und nichts? Und müsste ich nicht viel dicker sein?« Sie suchte nach Erklärungen, obwohl sie wusste, dass sie nichts ändern würden.
»Bei jeder Frau und bei jeder Schwangerschaft ist es anders. Beim ersten Kind ist euer Leib noch fest und hart, deshalb wölbt er sich erst spät.«
Ghislaine sah die alte Frau an. Sie fühlte sich wie erschlagen. »Was soll ich jetzt tun?«
Die dünnen Lippen verzogen sich. »Das, was Ihr bisher getan habt, Comtesse. Offensichtlich hat es dem Kleinen nicht geschadet.«
Ghislaine war zu sehr mit ihren Gedanken beschäftigt, um den sanften Spott zu bemerken. »Wann wird es zur Welt kommen?«
»Anfang nächsten Jahres, würde ich meinen, Comtesse.«
Schnell, so schnell, schoss es Ghislaine durch den Kopf. Und der zweite Gedanke war, dass Nicholas noch da sein würde. Sie schloss die Augen. In den letzten Wochen hatte sie nicht daran gedacht, dass er nach Ablauf des vereinbarten Jahres gehen wollte, weil sich alles so wunderbar gefügt hatte. Aber darüber gesprochen, wie es weitergehen sollte, hatten sie auch nicht. Und jetzt ... so wie sie ihn einschätzte, würde er es nicht gut aufnehmen, wenn sie ein Kind von ihm bekam. Er war stolz, ganz egal, was er behauptete.
Sie öffnete die Augen und sah Jeanne an. »Wirst du kommen und nach mir sehen in den nächsten Monaten?«
»Wenn Ihr es wünscht, dann komme ich alle zwei Wochen aufs Schloss, damit Ihr beruhigt seid. Bezahlt habt Ihr mich ja immer gut, daran wird sich doch nichts ändern?«
»Natürlich nicht.« Ghislaine reichte ihr den Beutel mit den Münzen, den sie mitgebracht hatte.
Jeanne legte ihn achtlos beiseite. »Gut, in zwei Wochen dann. Achtet auf ausreichend Schlaf, keine Anstrengungen, kein Reiten, keine Aufregungen.«
Ghislaine stand auf. »In zwei Wochen.«
Während sie zurück zum Schloss ging, versuchte sie, ihre Gedanken zu ordnen. Die zaghafte Freude, die in ihr aufstieg, schob sie beiseite. Zunächst musste sie überlegen, wie sie vorgehen sollte.
Da ihr Körper sie noch nicht verriet, hatte sie noch eine Galgenfrist, um zu entscheiden, inwieweit sie Nicholas von allem in Kenntnis setzen wollte. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass er glücklich darüber war, dass sie ein Kind von ihm erwartete. Trotz allem, was sie miteinander teilten, kratzten sie in stiller Übereinkunft nur selten an der Oberfläche ihrer Beziehung. Ihm zu gestehen, dass sie ihn vorsätzlich benutzt hatte, um ein Kind zu bekommen, wäre in seinen Augen sicher ein Grund, einfach zu gehen. Da sich dies mit ihren ursprünglichen Plänen decken würde, sollte sie froh sein, wenn es so kam.
Aber das war sie nicht. Zu sehr hatte sie sich daran gewöhnt, dass er da war. Dass sie jemanden hatte, mit dem sie reden konnte und der sie ernst nahm. Von allem anderen ganz zu schweigen.
Sie hatte begonnen zu glauben, dass es immer so weitergehen könnte. Aber natürlich war das nur ein schöner Traum, und egal, ob gleich oder erst in ein paar Monaten - Nicholas Levec würde nicht für immer auf Plessis-Fertoc bleiben.
Ghislaine nahm
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