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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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bekam. Während sie über die Haut rieb, war sie plötzlich ganz sicher, dass sie einen Mantel besessen hatte. Einen neuen, dunkelroten. Sie konnte sein Gewicht auf ihren Schultern und sein Schlagen gegen ihre Röcke buchstäblich fühlen. Doch als sie, in der Erwartung, ihn zu sehen, an sich herunterblickte, war da nur ihr dunkles, inzwischen mit Schlamm bespritztes Kleid. Ihre Füße waren nackt und schmutzig.
    Sie sah aus wie eine Bettlerin, und sie hätte auch durchaus eine sein können. Allerdings war sie der felsenfesten Überzeugung, dass sich das nicht so verhielt. Sie wusste, dass sie in Wohlstand gelebt hatte und geliebt worden war. Und obwohl sie die Zweifel wie grausame Kinder umtanzten und verhöhnten, klammerte sie sich an diese Gewissheit.
    Warum bin ich hier?, fragte sie sich und hielt sich den schmerzenden Kopf. Niemand antwortete, es herrschte nur ein gespenstisches Schweigen. Sie wurde von Angst und Einsamkeit überwältigt. Im nächsten Moment rutschte sie aus und klammerte sich panisch an den glatten Stamm des Schösslings. Hinter ihr kräuselte ein unvermittelter Windstoß die Oberfläche der Lagune, als haste jemand darüber und auf sie zu. Sie spürte, wie Todesangst in ihr aufstieg, und befürchtete einen Moment, sie könnte auch noch den letzten Rest Vernunft und Würde verlieren und sich lächerlich machen, indem sie einfach losschrie.
    Da hörte sie das Geräusch.
    Anfangs war es nur ein Raunen wie ein Vibrieren in der Luft. Kurz darauf war ein Rhythmus auszumachen: das Hufgetrappel eines galoppierenden Pferdes. Rufend kämpfte sie sich durch das stachelige Gebüsch am Abhang nach oben. Offenbar gab es dort einen Pfad, auf dem sich jemand näherte. Jemand, der ihr vielleicht helfen konnte!
    Das dumpfe Poltern der Hufe wurde lauter. Als sie im Laufschritt aus dem Gebüsch brach, stürmte das Tier auf sie zu.
    Es war braun, ein hässliches Pferd, wie sie dachte, selbst während sie einen Schrei ausstieß. Der Reiter wich zur Seite aus und verfehlte sie nur um Haaresbreite. Wie ein Kind schlug sie die Hände vors Gesicht.
    »Hoppla«, sagte der Reiter und zerrte an den Zügeln, worauf das Pferd wieherte und sich halbherzig auf stämmigen Hinterläufen aufbäumte. Allerdings schien es zu müde zu sein, um sich wild zu gebärden, warf nur ein paarmal missbilligend den Kopf hin und her und blieb dann stehen.
    Langsam spreizte sie die Finger und spähte dazwischen hindurch. Der Reiter starrte sie an, als traue er seinen Augen nicht. Er war so mager, dass ihm die Kleider am Leibe schlotterten, und trug einen staubigen Filzhut auf dem zerzausten schwarzen Haarschopf. Sein ebenfalls schwarzer Bart war von grauen Strähnen durchzogen. Die dunklen Augen lagen tief in einem ausgemergelten Gesicht. Er gab einige ihr unbekannte Wörter von sich. War er vielleicht ein Ausländer? Offenbar hatte er geflucht. »Sind Sie verletzt?«, fügte er mit rauer Stimme hinzu.
    War sie verletzt? Sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Doch nachdem sie den Abhang hinaufgeeilt war, war ihr wieder schwindelig und sehr sonderbar zumute. »Ich habe mir den Kopf gestoßen«, antwortete sie mühsam. Ihr Tonfall war melodisch, klar und ihre Sprache gebildet und stand in krassem Gegensatz zu ihrem Äußeren.
    Er musterte sie neugierig. Wäre sie eine afrikanische Löwin gewesen, hätte er vermutlich nicht minder überrascht gewirkt.
    Sie schwankte und wäre beinahe gestürzt. Das sorgte dafür, dass er abstieg. Jedoch schaute er sich dabei in alle Richtungen um, als rechne er damit, jemand könne aus dem Gebüsch gesprungen kommen. Als seine Hand zu seiner Taille wanderte, bemerkte sie, dass er eine Pistole im Gürtel stecken hatte. Immer noch argwöhnisch, näherte er sich.
    »Wer sind Sie?«, erkundigte er sich.
    Plötzlich war sie sehr müde, und ihre Lippen zitterten. »Ich habe vergessen, wer ich bin. Ich weiß überhaupt nichts mehr. Gerade eben bin ich unten am Wasser aufgewacht, und alles ist weg.«
    Er sah sie aus großen Augen an. »Unten an Seaton’s Lagune?«
    Sie nickte.
    Stirnrunzelnd machte er noch einen Schritt vorwärts. »Blond, blaue Augen«, murmelte er. »Und hübsch unter all dem Schmutz. He«, rief er plötzlich aus, und seine Augen weiteten sich. »Ich habe vorhin mitten auf dem Weg ein Paar Schuhe gefunden und in meine Satteltasche gesteckt. Könnte sein, dass sie Ihnen gehören.« Seine Miene wurde besorgt, und er streckte die Hand nach ihrer Schläfe aus. Als er sie zurückzog, klebte Blut

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