Der Duft Der Wüstenrose
es wegen des besorgten Ausdrucks in seinen Augen war oder wegen dem, was er gesagt hatte, eine Frau wie du … Konnte es sein, dass er sie immer noch liebte, trotz allem?
Was die Worte seiner Mutter anging, irrte er sich vollkommen. Sie fand sie nicht abwegig, denn sie boten Fanny endlich eine Erklärung für das Merkwürdige in ihrem Leben, das sie nie verstanden hatte: Ihre Vorahnungen, ihre Träume, die Perlen oder damals ihr Singen in diesem Regensturm. Und sie spürte mit jeder Faser ihres Körpers, dass sie tun musste, wozu Zahaboo sie ausersehen hatte. »Ich werde mit deiner Mutter gehen.«
»Und Ludwigs Söldner?«, fragte jetzt John.
»Es kommt mir so vor, als wäre ich mein ganzes Leben lang vor etwas davongelaufen. Deshalb werde ich deiner Mutter folgen und mein Leben in die Hand nehmen.«
John legte den Kopf zur Seite, schob sein Kinn vor, presste die Lippen seines schön geschwungenen Mundes zu einer geraden Linie und seufzte dann tief. »Ich möchte dich warnen, ich habe es dir schon einmal gesagt: Wo immer meine Mutter auftaucht, gibt es Ärger, auch wenn sie die größte und mächtigste Zauberin im Süden Afrikas ist. Ihr beide geht allein. Ganz allein, du musst sogar deine Tochter hierlassen.«
»Meine Tochter muss hierbleiben? Sie braucht mich doch!«
»Meine Mutter hat einen Tee für sie, der sie so lange friedlich schlafen lässt, bis du wieder zurück bist.«
John legte seine Hand auf Lottchens Köpfchen und streichelte sie, dann glitt seine Hand auf Fannys Schulter, die er liebevoll drückte. »Und ich werde persönlich darüber wachen, dass ihr kein Leid geschehen wird, das verspreche ich. Denn Männer sind auch nicht willkommen.«
»Wie lange wird es dauern?«
»So lange die Ahnen brauchen, um mit dir zu sprechen.«
Fanny schwieg einen Moment, dann fügte sie sich ihrem Schicksal. Alles war besser, als so weiterzuleben. Und John konnte ihre Tochter unter Umständen besser schützen als sie selbst. Sie hatte keine Wahl. »Bitte sei vorsichtig mit Lottchen.« Sie hob ihre Tochter hoch und über gab sie ihm, sodass er zum ersten Mal ihr schwarzes Gesicht sehen konnte. Voller Spannung studierte Fanny seine Miene.
Er starrte Lottchen an, dann Fanny, dann wieder Lottchen.
»Das ist Ludwigs Tochter? Deine und Ludwigs Tochter?«
Sie nickte.
»Wie ist das möglich?«
Fanny zuckte die Schultern. »Auch das ist ein Grund, warum ich mit deiner Mutter meine Ahnen befragen muss.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich hatte keine Ahnung, warum Ludwig sein Kind töten lassen wollte, aber jetzt verstehe ich es.«
Fanny fühlte sich, als hätte John ihr ein Messer ins Herz gerammt. Er verstand Ludwig? Wünschte er Lottchen auch den Tod?
Sie griff nach ihrer Tochter, aber John gab sie nicht her. Er runzelte die Stirn. »Du täuschst dich, wenn du glaubst, dass ich seiner Meinung bin. Ich könnte dieser wunderschönen Wüstenblume kein Haar krümmen!« Er schaukelte Lottchen unbeholfen hin und her. »Niemals!«
Fanny schossen Tränen in die Augen, aber noch bevor sie etwas sagen konnte, stürmte Zahaboo auf sie zu. Sie trug nun neben all ihren Ketten noch ein großes Horn und einen prächtigen schwarzen Wedel mit sich. Sie bedeutete Fanny mit einer ungeduldigen Geste, endlich zu ihr zu kommen. Die Ketten auf ihrer Brust und die Federn an ihrer Mütze raschelten und klingelten leise.
Ihr Anblick war Ehrfurcht erregend, und Fanny wurde es nun doch ein wenig mulmig. Sie sah von John zu Lottchen und wieder zu Zahaboo. War es wirklich nötig, sich Zahaboo so auszuliefern und ihre Tochter zurückzulassen? Was wusste sie schon über die Heilerin und ihren Sohn? War es so wichtig, sich mit ihrer Vergangenheit zu befassen, sollte sie nicht einfach nur nach vorne schauen? Unsinn, ermahnte sie sich, vertraue deinem Gefühl.
»Was haben die Kleider, die deine Mutter trägt, zu bedeuten?«, fragte sie John, um die Trennung von Lottchen noch einen Moment hinauszuzögern.
»Ihr Umhang ist aus Fellen von Duckerantilopen und schwarzen Schafen hergestellt. Sie stammen von Tieren, die den Ahnen erfolgreich geopfert worden sind. Die Mütze auf ihrem Kopf wurde aus Ginsterkatzenfell genäht und verleiht ihr die Kräfte des Windes. Die lange weiße Feder stammt von einem Hornraben und ist das Symbol der Regenzauberer, die beiden kurzen Pfauenfedern links und rechts stehen für ihre Künste als Blitzzauberin. Der Halbmond aus Zebrafell, der an ihrem Gürtel baumelt, ist das Zunftabzeichen der Heilerin, der inyanga
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