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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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dass sie angesichts ihres Säug lings zumindest kurz aufschluchzen würde, aber nichts der gleichen geschah. Ihre Mutter packte die Tochter wieder gut ein und legte sie zurück auf die vereiste Erde vor der Klosterpforte. Dann rannte sie zur Kutsche, wo sie den Befehl zum Losfahren gab.
    Fannys Mundwinkel zitterten, aber sie wollte nicht weinen. Kaum waren die Pferde losgetrabt, verlangte Luise wieder, stehen zu bleiben. Der Kutscher brummelte unwil lig etwas über die Launenhaftigkeit der Weiber in seinen Bart und hielt die Pferde an. Luise sprang aus der Kutsche und lief zurück zu ihrem Kind.
    Unwillkürlich begann Fannys Herz stärker zu klopfen, jetzt würde ihre Mutter sie ein letztes Mal streicheln, sie küssen, ihr sagen, sie wüsste keinen anderen Ausweg. Würde ihr ein Geheimnis anvertrauen oder sie um Verzeihung bitten, etwas, irgendetwas von Bedeutung.
    Doch ihre Mutter berührte sie nicht, schenkte ihr nicht einmal einen letzten Blick, nein, sie zog nur heftig an der Glocke der Pforte, die laut durch die Nacht hallte, dann stürmte sie zur Kutsche und verlangte, im Eiltempo nach Hause gebracht zu werden.
    Fassungslos krümmte sich Fanny zusammen, als hätte sie einen Tritt in den Bauch bekommen. Wie war das möglich, wie war das nur möglich? Sie schwor sich abermals, Lott chen niemals im Stich zu lassen, nicht für einen Mann, nicht wegen ihrer Hautfarbe, aus keinem Grund der Welt, niemals.
    Die Tür der Pforte öffnete sich, und heraus kam Schwester Lioba. Sie sah sich verwundert um, bemerkte das Kind jedoch erst, als es anfing zu weinen. Sie nahm das Bündel hoch, schüttelte den Kopf und drückte den Säugling an sich, als wäre er ein Geschenk Gottes.
    Fanny unterdrückte ein Schluchzen. Sie wollte zurück zu ihrer Tochter, sie wollte das alles nicht länger sehen, sie musste rennen, sie musste etwas tun, um diesem Schmerz in ihrer Brust davonzulaufen, um wieder klar denken zu können.
    In ihren Ohren hallten die Gebete, die sie im Kloster tagtäglich gesprochen hatte, immer und immer wieder. Und dazwischen hörte sie die scharfe Stimme Seraphinas, die laut und vernehmlich Amen sagte, Amen, Amen.
    Es begann zu schneien, doch das störte Fanny nicht, sie rannte wie um ihr Leben, weg hier, nur weg. Aber sie spürte, egal wie lang sie auch rennen würde: Ihre Reise war noch nicht zu Ende.

31
    Z ahaboo erlaubte ihr noch nicht, zurückzukehren. Fanny lief durch endlose Hafenviertel, wo sich eine schmierige Spelunke an die andere reihte, und immer wieder entdeckte sie durch die Fensterlöcher in den Mauern ihre Mutter, die sich als Schankmädchen verdingte, um Geld zu verdienen.
    Die dreihundert Rinder, es war ihr wirklich ernst, dachte Fanny und sah wieder das Bündel vor dem Kloster liegen.
    Sie folgte ihrer Mutter in unzählige Absteigen, wo sie das hart verdiente Geld in einer Reisetruhe unter ihrem Bett versteckte, und begleitete sie dann bei der Suche nach einem Gönner, der ihr die Überfahrt nach Deutsch-Südwest bezahlen würde.
    Luise trug immer noch die Perlen aus dem zerstörten Rosenkranz, zusammen mit einer der Bodomperlen, die ihr Saherero gegeben hatte und die sie jeden Abend küsste wie ein Heiligtum.
    Wirf all die anderen Perlen weg!, wollte ihr Fanny zurufen, wirf sie weg, aber dann war ihre Mutter schon in Deutsch-Südwest.
    Hier musste Luise erfahren, dass ihr Geld für dreihundert Rinder noch nicht ausreichte, deshalb ließ sie sich als Haushälterin bei Pete Random in Keetmanshoop anheuern, dessen Frau gerade an Malaria gestorben war. Luise überragte den kleinen Mann mit dem langen Vollbart um eine Haupteslänge, weshalb sie keine Angst davor hatte, von ihm belästigt zu werden. Wegen des großen Hauses hielt sie ihn für einen ehrbaren und reichen Viehhändler und vertraute ihm an, dass sie, sobald sie genug Geld zusammenhätte, Rinder für die Mission ihres Vaters kaufen und dann dorthin treiben wollte. Er drängte ihr seine Hilfe geradezu auf und versicherte ihr, dass er genau der richtige Mann sei, um sie vor all den Halunken dort draußen zu beschützen. Und Luise glaubte ihm.
    Alles war so rasend schnell gegangen, dass Fanny gar nicht aufgefallen war, wie vertraut ihr das Gebäude war, in dem ihre Mutter nun lebte. Diese große überdachteVeranda mit den Säulen, die beiden blühenden Kameldornbäume rechts und links, die angebaute Praxis, der Lämmerstall, das Hühnerhaus – dort hatte sie noch bis vor wenigen Tagen mit Ludwig gelebt. Plötzlich erinnerte sie sich wieder,

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