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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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von Imkeller dazu hätte befragen können.
    Sie war gleich am Morgen nach der Hochzeit aufgetaucht, um Fanny voll gierigen Mitleids zu fragen, wie fürchterlich der Schmerz denn gewesen sei. Und Maria war sehr enttäuscht, als Fanny nicht ausführlich werden wollte.
    Zu Fannys großer Erleichterung wurde Maria schon bald durch einen Boten nach Hause beordert, weil einer ihrer Zwillinge an Scharlach erkrankt war und man dringend ihre Hilfe brauchte.
    Aber wen konnte sie sonst nach dem angemessenen Verhalten in der Hochzeitsnacht aushorchen? Etwa den Richter? Immerhin war der ein Mann und sollte es auch wissen. Aber er war sowieso schon so misstrauisch. Nein. Sie musste selbst herausfinden, warum Ludwig ihre körperliche Nähe seitdem nicht mehr gesucht hatte. Vielleicht war das ganz normal in einer Ehe. Ihr Blick glitt immer wieder zu John, und sie fragte sich, ob er wohl verheiratet war.
    Immerhin war Ludwig nicht böse auf sie, sondern im Gegenteil sehr besorgt und vielleicht auch nur darüber irritiert, dass Fanny sich nicht über die Strapazen der Reise beklagte. Woher hätte er auch wissen sollen, wie sehr die Jahre im Kloster Fannys Körper abgehärtet hatten. Mit Schaudern erinnerte sich Fanny daran, dass man bis weit in den Sommer in den Schlafräumen die Atemluft hatte sehen können und wie klamm die Wolldecken sich sogar noch im Hochsommer angefühlt hatten. Ihr war immer kalt gewesen, und nun erschien ihr die brennende Hitze wie ein Segen.
    Je länger sie von Windhuk aus Richtung Süden unterwegs waren, desto flacher wurde das Land. Die Bergketten rutschten immer weiter ans Ende der Ebene, wurden eins mit dem unendlichen, enzianblauen Horizont. Die Vegetation änderte sich mit der Landschaft und wurde zunehmend karger.
    Rund um Windhuk hatte es viele Bäume und Sträucher gegeben, doch hier konnte Fanny nur noch struppige, dornige, ballgroße Büsche entdecken. Hin und wieder einen Kameldornbaum, aber die waren nicht mehr so prächtig und ausladend wie die im Swakoprivier. Es gab auch nicht mehr so viele skurrile Termitenbauten.
    Zu Anfang ihrer Reise waren ihnen noch Händler und Eingeborene begegnet, doch seit gestern hatten sie keine Menschenseele mehr getroffen. Es war noch heißer als an den letzten Tagen, und Fanny vermisste den Wind, der das Schwitzen sonst so erträglich gemacht hatte. Immer wieder kamen ihr merkwürdige Melodien in den Sinn, deren Ursprung sie sich nicht erklären konnte und die vollkommen anders waren als die Lieder, die sie im Kloster gelernt hatte. Erst als sie bemerkte, dass Hendrik sie von seinem Platz auf der Deichsel aus anstarrte, wurde ihr klar, dass sie wirklich Töne von sich gegeben hatte.
    »Hendrik«, begann sie und rutschte näher zu ihm hin, weil ihr wieder die Geschichte von dem Menschenfresser und den sprechenden Perlen eingefallen war. Doch da galoppierte Ludwig heran und warf ihr missbilligende Blicke zu.
    »Charlotte, ich hatte dich gebeten, dich von Hendrik fernzuhalten. Diese Schwarzen missverstehen deine Freund lichkeit nur und nutzen dich aus.«
    »Aber …«, begann Fanny.
    »Meine Liebe, darüber diskutiere ich nicht. Ich hätte gedacht, dass dir deine adlige Mutter den richtigen Umgang mit Dienstboten beigebracht hat.«
    Fanny suchte nach einer guten Erklärung. »Nun, weißt du, meine Eltern hatten eine freigeistige, aufgeklärte Haltung gegenüber dem Personal.«
    Ludwig schüttelte bekümmert den Kopf. »Es wundert mich nicht, dass genau die Söhne solcher Freigeister in Skandale verwickelt sind. Und dein Bruder hat es sogar mit dem Tod bezahlt, dieses Freigeistertum!«
    »Das stimmt so nicht! Es war nicht die Schuld meiner Eltern, dass er getötet wurde.« Fanny ärgerte sich stellvertretend für Charlotte über diese Verdrehung der Tatsachen.
    »Nun, aber es ist diese Art des Denkens, die zu solchen Skandalen führt, dieses Denken zersetzt das Land und die Moral in ihrem Innersten.« So aufgebracht hatte sie Ludwig noch nie gesehen, er zwirbelte seinen Schnurrbart, als wollte er ihn erwürgen.
    »Ludwig, bitte beruhige dich, meine Eltern waren ein Vorbild an Moral und Anstand, und sie verhielten sich zu allen Menschen so, wie man sich wünschen würde, selbst behandelt zu werden.«
    Ludwig schnaubte und ließ seinen Schnurrbart wieder frei. »Das ist in einem Land wie diesem der pure Hohn. Wie könnte man denn diese ungebildeten Kaffern und Bastarde jemals so behandeln wie sich selbst? Sag mir das, Charlotte! Du verhältst dich ja auch zu einem Hund

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